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Dem Feuer zu nah

Dem Feuer zu nah

Titel: Dem Feuer zu nah
Autoren: Nora Roberts
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auf seinen Felsbrocken.
    Er konnte sie diesmal nicht spüren, die Geister, die diesen Ort mit ihren Sorgen, Hoffnungen und Ängsten heimsuchten. Vielleicht lag es daran, dass er zum ersten Mal seit langer Zeit mit genug eigenen Problemen belastet war.
    Jared wusste, was es hieß, jemanden zu verlieren. Der Tod seiner Eltern hatte ihn hart getroffen und tief erschüttert, aber er hatte ihn überlebt, weil ihm keine andere Wahl geblieben war. Und weil es so viele gute, klare und wichtige Erinnerungen gab, mit denen er sich trösten konnte. Und natürlich hatte er immer seine Brüder gehabt.
    Er kannte die Trauer. Er hatte sie erlebt, als er sich schließlich eingestehen musste, dass seine Ehe ein Fehler gewesen war. Keine Katastrophe. Irgendwie wäre das besser gewesen, einfacher zu verkraften als ein Fehler, den er selbst begangen hatte … den er hätte vermeiden können.
    Und Hoffnung. Auch die kannte er. Sein Leben war voll davon gewesen. Seine Eltern und seine Herkunft hatten sie ihm geschenkt. Aber wo immer es Hoffnung gab, gab es auch Angst. Sie war der Preis, der für das Glück gezahlt werden musste.
    Er kannte all diese Gefühle, hatte sie ertragen oder genossen. Aber vor Savannah hatte er nichts so Tiefes, so Schmerzhaftes erlebt. Nichts so Erschreckendes.
    Der Wind wurde stärker, während Jared im Wald saß. Bäume schwankten, Blätter rauschten, die das Sonnenlicht dämpften. Und es wurde kälter.
    Hierher waren sie gekommen. Reglos saß Jared da und dachte daran. Die beiden Jungs, die verschiedene Uniformen trugen, waren hergekommen. Jeder von ihnen war auf der Suche nach seinem Zuhause gewesen. Auf der Flucht vor dem Wahnsinn des Krieges, voller Sehnsucht nach dem Vertrauten. Nach dem verlorenen Sinn des Lebens. Nach ihrer Familie, nach den Menschen, die sie kannten und liebten.
    Vielleicht war es das, worum sie gekämpft hatten. Um ihr Zuhause.
    Jared wurde bewusst, wie dumm er gewesen war. Er schloss die Augen, als der Wind das Laub um ihn herum aufwirbelte. Die beiden jungen Soldaten hatten ihren Lebensweg nie frei wählen können. Doch das Schicksal, das die beiden zum Tode verurteilt hatte, hatte ihm Savannah und Bryan Morningstar geschickt. Und anstatt die beiden anzunehmen, hatte er alles infrage gestellt. Anstatt sich zu freuen, hatte er gezweifelt.
    Denn am meisten erschreckte ihn seine Liebe. Eine Liebe, die von ihm verlangte, die Frau, der sie galt, zu beschützen und in Ehren zu halten. Aber das Mädchen, das sie einmal gewesen war, konnte er nicht mehr beschützen. Gegen die grausamen und sinnlosen Schicksalsschläge, damals, als niemand ihr geholfen hatte. Sie hatte sie allein ertragen müssen, ohne ihn. Und wenn nötig, das wusste er, würde sie es wieder tun. Das gab ihm ein Gefühl der Ohnmacht und verletzte seinen Stolz. Na schön, er war also dumm. Aber so einfach würde sie ihn nicht loswerden.
    Jared hörte ein Rascheln, öffnete die Augen und hätte sich nicht gewundert, wenn er einen jungen Südstaaten-Soldaten vor sich gesehen hätte, das Bajonett bereit, mit Angst in den Augen. Doch er sah Bryan, der mit gesenktem Kopf durch das Laub stapfte. Von dem Jungen ging eine tiefe Traurigkeit aus.
    „Hallo, Kumpel, wie geht es dir?”
    Bryan sah hoch. Ein Lächeln erhellte sein Gesicht. „Hi, Jared. Ich gehe spazieren. Mom hat schlechte Laune.”
    „Ich weiß.” Jared klopfte neben sich auf den großen Stein. „Sie ist ganz schön sauer auf mich.”
    „Sie hat gesagt, dass du auch sauer bist.”
    „Ja, das war ich.” Der Junge setzte sich zu ihm, und Jared legte den Arm um seine Schultern. „Aber das habe ich hinter mir.”
    „Sie nicht.” Bryan verdrehte die Augen. „Sie hat mich hinausgeworfen.”
    „Im Ernst? Mich auch.”
    Bryan musste schmunzeln. Bestimmt hatte seine Mutter Jared nicht befohlen, draußen weiterzuspielen. „Wir könnten auf der Farm bleiben, bis sie sich beruhigt.”
    „Das könnten wir”, erwiderte Jared nachdenklich. „Oder ich könnte zu ihr gehen und versuchen, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.”
    „Könntest du das?”, fragte Bryan hoffnungsvoll.
    Jared sah den Jungen an und bemerkte erst jetzt, wie besorgt er dreinblickte. „Auf dich ist sie eigentlich gar nicht sauer, Bryan. Sie ist auf mich sauer, du bekommst nur etwas davon ab.”
    „Ja, das habe ich mir auch schon gedacht. Könntest du sie denn dazu bringen, dass sie nicht mehr sauer auf dich ist?”
    „Das hoffe ich sehr. Wenn du etwas anstellst und sie mit dir schimpft,
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