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Dem Feuer zu nah

Dem Feuer zu nah

Titel: Dem Feuer zu nah
Autoren: Nora Roberts
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mich betraf. Er hat mich nie so geliebt, wie ich es mir von ihm wünschte. Er konnte es gar nicht. Selbst wenn er es versucht hätte, er konnte es nicht. Ich war ein wohlerzogenes kleines Mädchen. Ich hatte eine harte Kindheit, und es gefiel mir so. Verstehst du, was ich meine?”
    „Savannah, bitte, setz dich endlich. Du brauchst mir das nicht zu erzählen.”
    Zornig baute sie sich vor ihm auf. „Ich habe noch gar nicht richtig angefangen, also halt den Mund, und hör mir zu. Wir hatten nicht viel Geld. Aber das geht vielen Menschen so, und sie schaffen es irgendwie. Wir schafften es auch. Mein Vater ging gern Risiken ein und brach sich viele Knochen. Auf der Rodeo-Tour gibt es mehr als Pferdeäpfel und Schweiß. Es gibt auch jede Menge Verzweiflung. Aber, wie gesagt, wir kamen zurecht. Mein Leben wurde ein wenig interessanter, als ich einen Busen bekam. Die Männer starrten mich an, einige konnten ihre Hände nicht bei sich behalten. Aber die meisten kannten mich, seit ich klein war, also blieb mir viel erspart. Ich wusste, wann ich lächeln und wann ich die Ellbogen einsetzen musste. Unschuldig und naiv bin ich nie gewesen. Das darf man auch nicht sein, wenn man so aufwächst wie ich.”
    Jared unterbrach Savannah nicht mehr, sondern saß still und sah sie an.
    „Ich war sechzehn, als ich das erste Mal mit einem Mann schlief. Ich wusste, was passieren würde, aber ich ließ es geschehen, weil … weil er gut aussah, aufregend und charmant war, und natürlich versprach er mir, sich um alles zu kümmern. Niemand hatte …”
    „Niemand hatte sich je zuvor um dich gekümmert”, flüsterte Jared.
    „Richtig. Und ich war jung und dumm genug, ihm zu glauben. Aber ich wusste, was ich tat, wusste, welches Risiko ich einging. Also wurde ich schwanger. Er wollte weder mich noch das Baby. Mein Vater auch nicht. Für ihn war ich wie meine Mutter, billig, leicht zu haben. Er warf mich hinaus. Er war jähzornig. Vielleicht hätte er am Tag darauf schon anders gedacht. Aber ich war nicht billig, und ich war nicht leicht zu haben, und ich wollte das Baby. Niemand sollte mir das Baby wegnehmen. Niemand sollte mir einreden, dass ich mich zu schämen hätte. Sie haben es versucht. Die Leute von der Fürsorge, die Sheriffs, die Staatspolizisten. Sie wollten mich in ihr System zwängen, damit sie mir sagen konnten, was ich tun sollte, wie ich mein Kind aufziehen sollte, oder, noch besser für alle, dass ich es weggeben sollte. Aber das wäre nicht besser für mich gewesen und auch nicht für Bryan.”
    „Nein. Das System hat Fehler, Savannah. Es ist überlastet. Aber es gibt sich Mühe.”
    „Ich brauchte das System nicht”, entgegnete sie scharf. „Ich habe mir einen Job besorgt und hart gearbeitet. Ich habe die Tische bedient, die Drinks serviert, den Fußboden gewischt. Was für Arbeit es war, war mir egal, Hauptsache, sie wurde ganz gut bezahlt. Bryan musste niemals hungern. Mein Sohn hatte immer etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf. Er hatte immer mich. Er wusste, dass ich ihn liebe und dass er an erster Stelle steht.”
    „So wie du es bei deinen Eltern niemals tatest”, sagte Jared leise.
    „Ja, so wie ich es bei meinen Eltern niemals tat. Egal was es mich kostete, ich wollte ihm ein anständiges Leben bieten. Und wenn das bedeutete, dass ich mich ausziehen und vor einem Haufen grölender Idioten tanzen musste, dann habe ich es eben getan. Ich war nicht lange genug zur Schule gegangen und hatte auch keinen Beruf gelernt. Hätte ich Kunst studieren können …” Savannah verstummte und schüttelte heftig den Kopf.
    „Wolltest du das?”, fragte Jared ganz sachlich und ruhig, wie bei einer nervösen Zeugin vor Gericht. „Kunst studieren?”
    „Es spielt doch keine Rolle.”
    „Doch, es spielt eine Rolle, Savannah”, widersprach er ernst.
    „Ich wollte Bryan bekommen, und ich wollte ihn behalten. Alles andere war zweitrangig. Du wolltest etwas über Männer wissen. Okay. Es gab einige. Wesentlich weniger, als du anzunehmen scheinst. Ich war nicht tot, nur in Not. Ich habe niemals Geld von ihnen genommen. Ich habe ein paarmal Essen genommen, und vielleicht ist das kein großer Unterschied. Und, verdammt noch mal, ich schäme mich nicht dafür. Der einzige Grund, warum ich nie gestohlen habe, war, dass sie mir dann vielleicht Bryan weggenommen hätten. Aber ich hätte gestohlen, wenn ich gewusst hätte, dass ich damit durchkomme. Ich hatte keine Ahnung, dass sich meine Bilder verkaufen lassen, bis mich
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