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Dem Feuer zu nah

Dem Feuer zu nah

Titel: Dem Feuer zu nah
Autoren: Nora Roberts
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meine, dann hättest du Gesellschaft, wenn ich in der Schule bin.” Er strahlte sie an. „Damit du nicht mehr so einsam bist.”
    Savannah lächelte. „Sehr geschickt, Bry. Wirklich raffiniert.”
    „Also kriege ich eins?”, fragte er hoffnungsvoll.
    Sie hätte ihm alles gegeben, nicht nur ein kleines Haustier. „Natürlich.” Sie lachte glücklich, als er sich ihr in die Arme warf und sie drückte.
    Nachdem sie gegessen, abgewaschen, auch die gefürchteten Hausaufgaben erledigt hatten und das Kind, das Savannahs Ein und Alles war, im Bett lag, setzte sie sich in die Hollywoodschaukel auf der vorderen Veranda und sah zum Wald hinüber.
    Sie fand es schön, wie die Dunkelheit dort stets zuerst hereinbrach, als hätte der Wald das Recht, früher als der Rest der Natur schlafen zu gehen. Später hörte sie dann den Ruf einer Eule oder das leise Muhen von Shane MacKades Kühen. Manchmal, wenn der Abend sehr still war oder es geregnet hatte, drang das Plätschern des Bachs herüber.
    Der Frühling war noch zu jung für das Aufflackern der Leuchtkäfer. Savannah freute sich auf sie und hoffte, dass Bryan nicht zu alt war, um ihnen nachzujagen. Sie wollte sehen, wie ihr Sohn durch seinen eigenen Garten rannte. In einer warmen Sommernacht, unter dem Sternenhimmel, wenn die Blumen blühten, die Luft nach ihnen duftete und der Wald sie wie ein dichter Vorhang von allem und jedem trennte.
    Sie wollte, dass Bryan ein Kätzchen zum Spielen, gute Freunde und eine Kindheit voller schöner Erinnerungen hatte. Eine Kindheit, die all das war, was ihre nie gewesen war.
    Sie stieß sich mit den Füßen ab, schaukelte sacht und lehnte sich zurück, um die vollkommene Stille des Abends zu genießen.
    Sie hatte zehn lange, harte Jahre gebraucht, um hierher zu gelangen, auf diese Schaukel, auf diese Veranda, in dieses Haus. Sie bereute keinen Moment dieser zehn Jahre, nicht die Opfer und Schmerzen, nicht die Sorgen und Wagnisse. Denn würde sie eins davon bereuen, so würde sie alles bereuen. Eins davon zu bereuen hieße zu bereuen, dass sie Bryan bekommen hatte. Und das war undenkbar.
    Sie hatte genau das erreicht, wonach sie gestrebt hatte, und sie hatte es sich verdient, gegen alle Widerstände. Sie befand sich genau dort, wo sie hatte sein wollen. Sie war die Frau, die sie sein wollte, und kein Gespenst aus der Vergangenheit würde ihr Glück trüben.
    Wie konnte er es wagen, ihr sein Geld anzubieten, wenn sie doch nie etwas anderes als seine Liebe gewollt hatte?
    Jim Morningstar war also tot. Ihr Vater hatte sein letztes Wildpferd geritten und seinen letzten Stier mit dem Lasso gefangen. Jetzt müsste sie eigentlich um ihn trauern und dankbar dafür sein, dass er am Ende seines Lebens an sie gedacht hatte. Und an das Enkelkind, das er nie gewollt und nicht einmal gesehen hatte.
    Er hatte sich für seinen Stolz entschieden, gegen seine Tochter und das neue Leben, das in ihr heranwuchs. Und dann, nach all der Zeit, hatte er geglaubt, es mit siebentausend Dollar wieder gutmachen zu können.
    Zur Hölle mit ihm, dachte Savannah müde und schloss die Augen. Selbst sieben Millionen hätten sie nicht vergessen lassen, und ihre Vergebung konnte er damit erst recht nicht erkaufen. Und kein noch so redegewandter Anwalt in einem eleganten Anzug würde sie jemals dazu bringen, ihre Meinung zu ändern. Jared MacKade konnte gemeinsam mit Jim Morningstar zur Hölle fahren.
    Er hatte kein Recht, ihr Land zu betreten, als wäre er darauf zu Hause, in ihrer Küche Limonade zu trinken, von Bryans College-Studium zu reden und ihren Jungen anzulächeln, als wäre er sein Freund. Vor allem hatte er kein Recht, sie so anzusehen, wie er es getan hatte, und damit all die Empfindungen zu wecken, die sie bewusst verdrängt hatte.
    Also ist mein Verlangen doch noch nicht abgestorben, dachte sie wehmütig. Manche Männer schienen förmlich dazu geschaffen zu sein, es in einer Frau hervorzurufen.
    Sie wollte nicht an diesem schönen Frühlingsabend auf ihrer Veranda sitzen und daran denken, wie lange es her war, dass sie in den Armen eines Mannes gelegen hatte. Eigentlich wollte sie gar nicht mehr denken, aber er war einfach über den Rasen geschlendert und hatte ihre so mühsam errichtete Welt in den Grundfesten erschüttert.
    Ihr Vater war tot, und sie selbst war sehr lebendig. An diesen beiden Tatsachen hatte der Rechtsanwalt MacKade bei seinem kurzen Besuch keinen Zweifel gelassen.
    So gern sie auch die Augen davor verschlossen hätte, beides war nicht
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