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Dem Feuer zu nah

Dem Feuer zu nah

Titel: Dem Feuer zu nah
Autoren: Nora Roberts
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Aktenkoffer vom Sitz, stieg aus und ging über den frisch gemähten Rasen. Als Savannah Morningstar sich aufrichtete, war er froh, dass er eine dunkle Brille trug.
    Sie hatte inmitten der Pflanzen und Gartengeräte gekniet, und als sie aufstand, sah Jared nicht nur, wie groß sie war, sondern auch, auf welch atemberaubende Weise sie das verblichene gelbe T-Shirt und die zerschlissenen Jeans ausfüllte. Ihre Beine waren endlos.
    Sie war barfuß, die Hände waren schmutzig. Die Sonne ließ das schwarze Haar schimmern. Sie trug es zu einem langen, lockeren Zopf geflochten. Auch ihre Augen waren hinter einer Sonnenbrille verborgen. Aber was er von ihrem Gesicht erkennen konnte, war faszinierend. Wenn ein Mann es erst einmal schafft, diesen wahrhaft tollen Körper zu ignorieren, kann er sich ausgiebig dem Gesicht widmen, dachte Jared.
    Die leicht gebräunte Gesichtshaut straffte sich über den hohen Wangenknochen. Der Mund war voll, die Nase gerade und anmutig, das Kinn ein wenig spitz.
    „Savannah Morningstar?”
    „Ja, die bin ich.”
    Er erkannte die Stimme wieder. Noch nie hatte er es erlebt, dass eine Stimme so perfekt zu einem Körper passte. „Ich bin Jared MacKade.”
    Sie legte den Kopf schief, und ihre Brillengläser glänzten in der Sonne. „Nun ja, Sie sehen aus wie ein Anwalt. Ich habe nichts verbrochen und brauche keinen Anwalt.”
    „Ich werbe keine Mandanten an der Haustür. Ich habe Ihnen bereits mehrere Nachrichten auf Band gesprochen.”
    „Ich weiß.” Sie kniete sich wieder hin, um den Rest des dunkelroten Phlox einzupflanzen. „Das Praktische an solchen Geräten ist, dass man nicht mit Leuten reden muss, mit denen man nicht reden will.” Vorsichtig drückte sie Erde um die zarten Wurzeln fest. „Und mit Ihnen wollte ich nicht reden, Mr. MacKade.”
    „Sie sind also nicht dumm, sondern einfach nur unhöflich.”
    Belustigt hob sie den Kopf. „Stimmt, das bin ich. Aber nun, da Sie schon einmal hier sind, können Sie mir sagen, was Sie von mir wollen.”
    „Ein Kollege aus Oklahoma hat mich angerufen, nachdem er Ihre Adresse herausgefunden hatte.”
    Das mulmige Gefühl in Savannahs Bauch kam und verschwand sofort wieder. Ohne Hast nahm sie ein weiteres Büschel Phlox und grub mit der Hand ein Loch. „Ich bin seit fast zehn Jahren nicht mehr in Oklahoma gewesen. Und ich kann mich nicht erinnern, dort gegen irgendein Gesetz verstoßen zu haben.”
    „Ihr Vater hat meinen Kollegen beauftragt, Sie aufzuspüren.”
    „Pa interessiert mich nicht.” Sie hatte plötzlich keine Lust mehr, Blumen zu pflanzen. Weil sie die unschuldigen Gewächse nicht mit dem Gift infizieren wollte, das sie in sich spürte, erhob sie sich und wischte die Hände an der Jeans ab. „Sagen Sie Ihrem Kollegen, er soll meinem Vater ausrichten, dass ich nicht interessiert sei.”
    „Ihr Vater ist tot.”
    Jared hatte nicht geplant, es ihr auf diese Weise mitzuteilen. Bisher hatte er weder ihren Vater noch dessen Tod erwähnt, weil er es herzlos fand, solche Nachrichten einem Anrufbeantworter anzuvertrauen. Jared konnte sich gut an den Schmerz erinnern, den der Tod seines Vaters in ihm ausgelöst hatte. Und der seiner Mutter.
    Sie schwankte nicht, schrie nicht auf und begann auch nicht zu schluchzen. Savannah stand aufrecht da, während sie den Schock verarbeitete und sich gegen die Trauer wehrte. Einst hatte sie Liebe empfunden. Das Bedürfnis nach Nähe. Jetzt, dachte sie, fühle ich gar nichts mehr. „Wann?”
    „Vor sieben Monaten. Sie zu finden dauerte eine Weile. Es tut mir leid…”
    „Wie ist er gestorben?”, unterbrach sie ihn.
    „Ein Sturz. Soweit ich weiß, arbeitete er beim Rodeo, stürzte vom Pferd und prallte mit dem Kopf auf. Er blieb nicht lange bewusstlos und weigerte sich, sich röntgen zu lassen. Aber er rief meinen Kollegen an und erteilte ihm einen Auftrag. Eine Woche später brach Ihr Vater zusammen. Eine Embolie.”
    Stumm hörte sie zu und sah den Mann, den sie einst geliebt hatte, vor ihrem geistigen Auge … auf dem Rücken eines wild ausschlagenden Mustangs, mit einer Hand nach den Sternen greifend.
    Sie sah ihn vor sich, lachend, betrunken. Sie hörte, wie er einer alten Stute Koseworte ins Ohr flüsterte und wie er vor Zorn und Scham rot anlief, als er seine Tochter, sein einziges Kind, verstieß.
    Nur tot konnte sie ihn sich nicht vorstellen.
    „Nun, jetzt haben Sie es mir erzählt”, sagte sie und ging zum Haus.
    „Miss Morningstar.” Hätte er Trauer in ihrer Stimme gehört,
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