Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
David Roth und andere Mysterien

David Roth und andere Mysterien

Titel: David Roth und andere Mysterien
Autoren: Zoi Karampatzaki
Vom Netzwerk:
Haus dermaßen abrupt und hart auf die Bremse, dass er „Entschuldigung“ murmelte, zärtlich das Lenkrad seines Wagens tätschelte und eilig heraussprang. Dabei wäre er beinahe auf die Nase gefallen. Trotz der Situation und der sich in ihm ausbreitenden Gewissheit, gleich schreckliche Dinge zu hören zu bekommen, errötete er verlegen und warf gehetzte Blicke um sich. Niemand befand sich auf den Straßen. Er war allein. Völlig allein. Die Kette, die um seinen Hals lag, spendete ihm Trost mit dem ungewohnten Gewicht ihres Anhängers und ihrer wortlosen Botschaft.
    Als David endlich in Bobbys Wohnzimmer stürmte, schockierten ihn die angstvollen, schmerzverzerrten Gesichter seiner Freunde. Ihre Trauer um seinetwillen und ihr liebevolles Mitleid berührten ihn derart tief, dass er einige Sekunden brauchte, um sich zu sammeln.
    Neben einem gähnend leeren Sessel stand ein Fremder. Billy Walker wirkte beherrscht, auf eine oberflächliche Weise, durch die jederzeit seine eigene Trauer brechen konnte. In David flammte ein vorübergehendes Feuer der Eifersucht auf. Dieser Mann kannte Lauri viel besser und viel länger als David. Er wünschte sich, in Walkers Kopf hineinschauen und seine Erinnerungen an Lauri teilen zu können. Sie waren kostbar.
    Walkers Blick wurde weich, als David ihn direkt anschaute. Er klang bewegt. „Mr Roth. Es ist mir eine Ehre, den Menschen kennenlernen zu dürfen, der Lauris Herz berührt hat.“
    Mit offenem Mund starrte David ihn an. Der Kummer in seinem Inneren ließ nach. Dass seine Gefühle von Lauri erwidert wurden, hätte er nicht gedacht. Dafür wuchs inzwischen die Sorge ins Unerträgliche.
    „Was ist mit Lauri?“, sagte David heiser. „Keine Lügen. Schonen Sie mich nicht. Geht es ihm gut? Wo ist er?“
    „Ich muss ausholen, wenn Sie alles wissen wollen. Ich warne Sie zum letzten Mal, es wird schwer zu verstehen und nahezu unmöglich zu ertragen sein.“
    David nickte ungeduldig.
    „In Ordnung. Lauri hat Ihnen sicher gesagt, wer ich bin, oder? Gut, dann möchte ich Ihnen zuerst etwas über Männer wie Lauri und die Organisation erzählen, zu der wir gehören.
    Viele unserer Kämpfer haben selbst eine Dämonenattacke erlebt und sinnen auf Rache. Sie erkundigen sich an den richtigen Orten und stehen schließlich vor Menschen wie mir. Wir verwalten ein dichtes internationales Netz, in das der spätere Dämonenjäger aufgenommen wird, sollte er die notwendigen psychologischen und sportlichen Tests bestehen. Lauri war so ein Kämpfer. Er kam mit Anfang zwanzig auf die Idee, dieses Leben zu leben. Er kannte mich bereits vorher – seine Schwester und ich sind seit unserer Schulzeit ein Paar. Er wusste, wer ich war und was ich tun konnte. Wie hätte ich ihm seinen Wunsch abschlagen können? Woher dieser stammt, weiß ich bis heute nicht. Das Ereignis, auf das ich hinaus will, fand danach statt.
    Lauri war bis vor drei Jahren mit einer jungen Frau namens Elin liiert. Seine erste große Liebe, könnte man sagen. Sie hatten ein paar schöne Monate miteinander. Bis der Reißer kam. Ein grausames und seltenes Dämonenwesen. Sie wählen sich ihre Opfer zufällig aus, heften sich gierig an ihre Fersen. Einzig und allein mit dem Ziel, all jene Menschen umzubringen, in die sich ihre Opfer im Laufe ihres Lebens verlieben. Der Reißer hat von uns unter anderem diesen Namen erhalten, weil er die Geliebten fürchterlich leiden lässt und bis zur Unkenntlichkeit auf entsetzliche Weise zurichtet. Der Hauptgrund für den Namen ist jedoch der Schmerz in der Brust des Zurückgebliebenen: sein brechendes Herz. Reißer können ausschließlich im Moment einer Berührung töten. Allerdings wittern sie jede Gefühlsregung beider Liebender, sodass bereits eine gewisse Nähe der beiden für den Angriff genügt. Je näher die Liebenden sich körperlich sind, desto mehr Kraft kann er daraus ziehen. Der bis heute extremste Fall fand in den USA statt. Ein junger Student und Dämonenjäger verliebte sich in Los Angeles und flüchtete nach der Erkenntnis, dass ihn ein Reißer erwählt hatte, ohne zu zögern gen Osten. Als er sich in New York City befand, um Hilfe bei unserer internationalen Vereinigung zu erbitten, konnte der Reißer mühelos in Kalifornien zuschlagen. Offenbar hatte der Student viel zu spät begriffen, was geschah, sodass der Reißer erschreckende Mengen an Gier und somit Kraft ansammeln konnte. Das ist kein versteckter Vorwurf an diesen Mann. Die Ausbildung zum Dämonenjäger ist nichts für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher