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David Roth und andere Mysterien

David Roth und andere Mysterien

Titel: David Roth und andere Mysterien
Autoren: Zoi Karampatzaki
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Jetzt schaute er direkt in Davids aufgerissene Augen, voller eigenem Leid und Mitgefühl. „Oder auf ein Wunder. Ich will ehrlich zu Ihnen sein: Lauri wird niemals wieder zu Ihnen zurückkehren.“
     
    ***
     
    David blieb nichts anderes übrig, als an dieses Wunder zu glauben. Alles andere wäre Verrat an Lauri und sich selbst gewesen. An jedem Moment, den sie geteilt hatten. Wenige Monate hatten gereicht, um den Reißer ihre aufwallenden Gefühle wittern und David wahrhaft glücklich werden zu lassen.
    Umso heftiger war Lauris Abwesenheit. Sein Fehlen glich einer klaffenden Wunde. David verweigerte sich der Annahme, dass Lauri längst gestorben war. Anfangs rechneten er und seine Freunde mit Karten oder Briefen, obgleich sie es besser wussten, und wurden jedes Mal von Neuem enttäuscht.
    Das Jahr, das Walker Lauri gegeben hatte, ging vorbei. Ohne Neuigkeiten. Das Warten wurde zum Dauerzustand, ebenso die kummervolle Anspannung in David. Die Erinnerungen, die er an Lauri hatte, waren alles, was ihm blieb, denn die Hoffnung machte bald keinen Sinn mehr. Seine Liebe wurde unerträglich, schmerzender noch als zu Anfang, weil die Hoffnung als berechtigter Schutzschild nicht mehr half. Dieses Schild wurde löchrig und löste sich nach und nach völlig auf.
    Drei Jahre nach Lauris Verschwinden schrieb Billy Walker: Ich gestehe: Ich habe in den letzten zweieinhalb Jahren nichts von Lauri gehört. Ich kann nichts mit Sicherheit sagen und will es auch nicht. Es schmerzt mich zu sehr. Ich werde von ihm Abschied nehmen, und ich hoffe, du wirst es auch tun. Lauri kommt nie wieder zu uns zurück. Zu neunundneunzig Prozent ist er gestorben, als er aufhörte, mir zu schreiben. Da der Reißer bei dir nicht aufgetaucht ist, gelang es Lauri vermutlich, ihn mit sich in den Tod zu nehmen. Wir sollten beginnen, uns damit abzufinden. Er wurde dermaßen inbrünstig geliebt, dass ein Reißer vor Gier nahezu durchdrehte. Ich werde dir von heute an nicht mehr schreiben. Ich wünsche dir und allen Aussies, die dir am Herzen liegen, Frieden und Lebensglück. Und vor allem wünsche ich dir Liebe, David.
    Dies war die Zeit, in der David seinen Frieden fand. Obwohl weder Kummer noch Liebe jemals an Intensität und Bedeutsamkeit einbüßten, kam er innerlich zur Ruhe.
    Immerzu hegte er in den besonders schönen Augenblicken mit seinen Freunden und ihren stetig wachsenden Familien den Wunsch, Lauri sei ebenfalls da. Er tat es auch in traurigen Momenten. Manchmal, wenn er auf seinem Brett das Meer zähmte, konnte er einige Minuten abwesend sein, sich vorstellen, er sei eins mit dem Wasser. Fernab von seinem Körper, von Sehnsucht und Kummer, dem Zweigespann, das nie verschwand.
    Ab und zu ertappte er sich dabei, dass es ihm gut ging. Es hörte jedoch nie auf, wehzutun. Es wurde nicht weniger schwer, es zu ertragen. Er vergaß Lauri nie. Dass es keinen Grund gab, an Walkers Worten zu zweifeln, wusste er. Ebenso wenig konnte David sich vorstellen, warum Lauri vor langer Zeit aufgehört haben sollte, Walker ein Lebenszeichen zu schicken. Das Buch mit dem Titel Lauri schien zu Ende, aber die letzte Seite fehlte und nirgends fand David das Wort Ende . Lauri hatte sein Herz mit sich genommen. Es war Davids schweres Schicksal, unvollständig und nie von Herzen glücklich zu sein. Er weigerte sich tapfer, das gefürchtete Ende selbst auf die mysteriöse letzte Seite zu setzen, und lebte weiter, immer ganz er selbst, für Lauri, um ihn stolz zu machen.
    Der Verlust quälte ihn täglich. Aber das Leid brachte ihn nicht um.
    Es fühlte sich nur so an.

Epilog
     
    Z ehn Jahre nach Lauris Verschwinden
     
    „Na, David, was sind deine Vorsätze für das neue Jahr?“ Linda biss kichernd in einen Muffin und wackelte vielsagend mit den Brauen. Bobby rechts neben ihr verdrehte die Augen, was sie nicht sehen konnte. Das parkähnliche Gelände des Balls Head Reserve quoll über und in den Hafen hinein, dermaßen viele Menschen hatten sich bereits versammelt. Sie drängten sich ans Geländer, um den besten Blick auf die Sydney Harbour Bridge zu erhaschen. Es war bereits nach elf und um Mitternacht wollten die Australier das neue Jahr begrüßen, als eine der ersten überhaupt auf dem gesamten Planeten mit den zahlreichen Zeitzonen. Das Feuerwerk über Brücke und Opernhaus, das den Hafen taghell und farbenfroh erstrahlen lassen konnte, war international legendär. Vom ersten Feuerwerk an hatte David mit seiner Clique im Balls Head Reserve das Jahr empfangen.
    Wie
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