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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer
Autoren: Guy Gavriel Kay
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zu stören. Und dann spürte er Diarmuids Hand auf seinem Arm, und er bemerkte, dass Arthur vor einer der Nischen stehen geblieben war und dass seine Hände sein Gesicht bedeckten.
    »Es ist genug!« rief Paul aus und trat mit dem Prinzen an Arthurs Seite.
    Vor ihnen lag, wie wenn er schliefe, bis auf die Tatsache, dass er nicht atmete, ein Mann von mehr als durchschnittlicher Körpergröße. Sein Haar war schwarz, seine Wangen waren glattrasiert. Seine Augen waren geschlossen, aber es war zu erkennen, dass sie weit auseinander standen unter einer hohen Stirn. Sein Mund und das Kinn waren fest, und seine Hände, sah Paul, umklammerten das Heft eines Schwertes und waren wunderschön. Er erweckte den Eindruck, als wäre er ein Fürst unter den Menschen gewesen, und da er an diesem Ort lag, wusste Paul, dass er einer gewesen war.
    Obendrein wusste er, wer er war.
    »Fürst Arthur«, brachte Diarmuid gequält hervor, »du musst dies nicht tun. Es steht nicht geschrieben, du bist nicht dazu gezwungen.«
    Arthur ließ die Hände sinken. Er wandte den Blick nicht ab vom Gesicht des Mannes, der dort auf den Steinen lag.
    »Er wird gebraucht werden«, sagte er. »Es kann nicht anders sein, als dass er gebraucht wird. Ich hätte wissen müssen, dass es für mich zu früh ist, um zu sterben.«
    »Du führst willentlich deinen eigenen Kummer herbei«, flüsterte Paul.
    Arthur wandte sich ihm zu, und seine Augen blickten mitleidig. »So wurde es vor langer Zeit bestimmt, und nicht von mir.«
    Als er in jenem Moment in Arthurs Gesicht sah, erblickte Paul darin reineren Adel als je zuvor in seinem Leben. Mehr noch, als er in Liranan oder in Cernan vom Walde wahrgenommen hatte. Dies war der Inbegriff des Adels, und alles in ihm wehrte sich gegen das elende Schicksal, das sich hinter dieser ungeheuerlichen Entscheidung verbarg.
    Diarmuid hatte sich abgewandt.
    » Lancelot !« sprach Arthur die Gestalt auf ihrem Bett aus Steinen an.
     
    Seine Augen waren braun. Er war noch größer, als Paul angenommen hatte. Seine Stimme war sanft und tief und unerwartet liebevoll. Die zweite Überraschung war der Hund. Paul hatte geglaubt, Cavalls Treue werde ihn veranlassen, sich feindlich zu verhalten, doch statt dessen war er mit dem freudigen Winseln eines Welpen auf den dunkelhaarigen Mann zugekommen. Lancelot war in die Knie gegangen, um ihm das zerfetzte graue Fell zu streicheln. Dann war er schweigend zwischen Paul und Diarmuid emporgestiegen in die Welt der Lebenden.
    Nur einmal hatte er gesprochen, ganz zu Anfang. Nachdem er dem Befehl des Kriegers Folge geleistet und sich erhoben hatte. Sich erhoben, so als hätte er in Wahrheit bloß geschlafen und wäre nicht etwa lange, lange tot gewesen.
    Arthur hatte ihn begrüßt: »Sei mir willkommen. Wir befinden uns in Fionavar, der ersten aller Welten, im Krieg gegen die Finsternis. Ich bin gerufen worden, und nun bist du es auch.«
    Und Lancelot hatte freundlich und zugleich sorgenvoll gefragt: »Warum hast du, mein Fürst, uns dreien dies angetan?«
    Da hatte Arthur die Augen geschlossen. Und hatte sie wieder geöffnet, um zu erklären: »Weil mehr auf dem Spiel steht als nur wir drei. Ich werde sehen, ob es möglich ist, dass wir in verschiedenen Aufgeboten kämpfen.«
    Und Lancelot hatte nachsichtig geantwortet: »Arthur, du weißt doch, dass ich nicht kämpfen werde, es sei denn unter deinem Befehl und an deiner Seite.«
    Worauf Arthur sich zum Gehen gewandt hatte, während Diarmuid und Paul sich Lancelot vorstellten und mit ihm zusammen hinausgingen, um den Hund zu suchen und dem Krieger zu folgen, fort vom Ort der Toten inmitten des hämmernden Meeres.
     
    Loren war aufgestanden. Sein Umhang lag auf dem Boden und bedeckte den Leichnam Matt Sörens. Der Magier hörte mit vor Erschöpfung und Erschütterung ausdruckslosem Gesicht zu, während Diarmuid und Arthur Pläne bezüglich ihrer Abreise schmiedeten. Er bemerkte kaum Lancelots Gegenwart, doch die Männer von der Südfeste reagierten darauf mit ehrfürchtigem Raunen.
    Es war, folgerte Paul, draußen immer noch helllichter Tag. Und zwar früher Nachmittag. Es kam ihm so vor, als wären sie eine Ewigkeit auf der Insel gewesen. In gewisser Weise, nahm er an, würde ein Teil von ihm für immer auf dieser Insel zurückbleiben. Zuviel hatte sich hier zugetragen. Sie würden beinahe unverzüglich in See stechen, wie es schien. Niemand gedachte die Nacht an diesem Ort zu verbringen.
    Loren wandte sich ab. Paul sah ihn zu einer der Fackeln
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