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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer
Autoren: Guy Gavriel Kay
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er das dritte aussprach, schoss ein silberner Lichtstrahl aus dem Stab hervor und blendete sie alle.
    Die Steine Cader Sedats erzitterten. Paul machte die Augen wieder auf. Er nahm wahr, dass Metran sich mühsam aufrichtete. Er spürte, dass die Burg nach wie vor bebte. Er sah den riesigen Kessel von Khath Meigol an seinem Platz über dem Feuer hin und her schwanken und schaukeln.
    Dann beobachtete er, dass er wieder zur Ruhe kam wie zuvor.
    Der Schutzschirm hatte standgehalten. Er drehte sich um und richtete seinen Blick auf Matt, der sich langsam vom Boden erhob. Selbst aus dieser Entfernung konnte er erkennen, dass der Zwerg zitterte, so hatte ihn dieser Kraftausstoß erschöpft. Und mit einem Mal entsann er sich, dass Matt am gleichen Tag als Quelle für einen Schutzschild gegen den Seelenverkäufer gedient hatte und obendrein dazu, sämtliche Winde dieser Welt von ihnen fernzuhalten, während sie zu der Insel gesegelt waren. Er schaffte es nicht einmal annähernd, sich vorzustellen, was der Zwerg erleiden musste. Was gab es für Worte, was für Gedanken im Angesicht eines solchen Unterfangens? Und wie sollte man mit der Tatsache fertig werden, dass es nicht genug war?
    Mitgenommen, wenn auch unverletzt, trat Metran wiederum vor. »Du hast dir nun den Tod eingehandelt, um dessentwillen du gekommen bist«, sagte er, nun ohne eine Spur unnützer Belustigung. »Wenn du erst tot bist, kann ich wieder neu beginnen, den tödlichen Regen zu erzeugen, am Ende macht das nichts aus. Ich werde deine Knochen zu Pulver zermahlen und deinen Schädel neben mein Bett legen, Loren Silbermantel, Diener des Ailell.« Und er schloss das Buch auf dem Tisch und führte mit den Armen eine Bewegung aus, wie um etwas einzusammeln.
    Er nahm seine ganze Kraft zusammen, wurde Paul klar. Er würde sie insgesamt gegen Loren und Matt einsetzen. Demnach war dies das Ende. Und wenn es so war – Paul stürzte sich durch den Zugang, die Stufen hinab und rannte über den Boden des Gewölbes an Matts Seite. Dort ließ er sich auf die Knie fallen.
    »Eine Schulter könnte etwas nützen«, sagte er. »Stütze dich auf mich.«
    Wortlos folgte Matt seiner Aufforderung, und Paul fühlte, wie Loren ihn kurz von oben berührte, eine abschiednehmende Geste. Dann nahm er wahr, wie der Weißast noch einmal erhoben und geradewegs auf Metran gerichtet wurde, der nun zwischen ihnen und dem Kessel stand. Er sah, dass Metran einen seiner langen Finger hob und damit direkt auf Loren, Matt und ihn zeigte.
    Dann ließen beide Magier zugleich ihre Stimmen ertönen, und der Große Saal wurde in seinen Grundfesten erschüttert, als zwei Energiestöße aufeinander zuschossen. Der eine war silbrig, wie der Mond, wie der Umhang, den Loren trug, und der andere war unheilvoll grün wie das Licht an diesem Ort, und sie trafen auf halbem Wege zwischen den Magiern aufeinander, und wo sie sich begegneten, begann mitten in der Luft ein Feuer zu lodern.
    Paul hörte, wie Matt Sören sich abmühte, seine Atmung unter Kontrolle zu bringen. Über sich erspähte er die Anspannung von Lorens erstarrtem Arm, der den Stab hielt und darum kämpfte, die Kraft dort hineinzuleiten, welche der Zwerg ihm zuführte.
    Und droben auf der Plattform sah er Metran, dem so viele Svart Alfar als Quelle dienten, jene Macht auf sie herablenken, die mitten im Sommer den Winter hervorgerufen hatte. Leicht, mühelos.
    Er fühlte, dass Matt zu zittern begann. Immer stärker lehnte der Zwerg sich auf seinen Arm. Er hatte ihnen nichts anzubieten. Nur seine Schulter. Nur sein Mitleid. Nur seine Liebe.
    Heftig knisternd griffen die beiden Energiestrahlen ineinander, während die Burg weiterhin unter dem Einfluss ihrer entfesselten Kraft bebte. Sie verharrten endlos, der Silberne und der Grüne, verharrten gegeneinander flammend in der Luft, während um sie herum die Welten in der Schwebe hingen. Das setzte sich so lange fort, dass Paul der Vorstellung erlag, die Zeit stehe still. Er hielt den Zwerg aufrecht – hatte ihn nun mit beiden Armen umklammert – und betete aus ganzem Herzen zu dem, was er wusste vom Licht.
    Dann wurde ihm klar, dass dies alles nicht genügte. Nicht der Mut, nicht die Weisheit, nicht das Gebet, nicht die Notwendigkeit. Nicht, solange einer gegen so viele stand. Langsam und mit brutaler Offensichtlichkeit wurde der silberne Kraftstoß zu ihnen zurückgedrängt. Zentimeter um Zentimeter kämpfte Loren erbittert dagegen an, doch Paul sah, dass er gezwungen war nachzugeben. Jetzt hörte
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