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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs
Autoren: John Boyne
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Es fanden sich weder Scharen alter Familienfreunde ein, noch wurden zahllose Kränze und Karten abgeliefert, und keiner der wenigen Trauergäste wurde zu einer anschließenden Gedenkfeier mit Getränken und Sandwiches eingeladen.
    Die Trauernden, die sich eingefunden hatten, hörten die gemessene Rede von Owen Montignac, stellten jedoch fest, dass sie an die gefühlvollen Worte, die er beim Begräbnis seines Onkel gesprochen hatte, nicht heranreichte. Allerdings fanden sie es einleuchtend; man konnte von niemandem erwarten, dass er sich bei jedem Begräbnis überbot, zumal zwischen den beiden traurigen Anlässen nur wenige Monate verstrichen waren und es seit dem vergangenen Jahr in dieser Familie so viel Unglück gegeben hatte, dass man es ihm nicht vorwerfen konnte, wenn er seine Rede kurz hielt und auf einem kleinen Gästekreis bestanden hatte.
    Ungefähr eine Woche später saß Sir Denis Tandy mit Montignac im Arbeitszimmer von Leyville zusammen. »Ich hatte mit ihrer Cousine über ihr Testament gesprochen«, begann Sir Denis. »Unter anderem ging es um ihren Wunsch, das Haus dem National Trust zu überlassen. Dagegen war auch nichts einzuwenden, aber die notwendigen Dokumente wurden noch nicht vollständig erstellt und das Haus infolgedessen auch noch nicht übergeben.«
    Â»Haben Sie mit den Zuständigen dort gesprochen und ihnen das gesagt, was ich Ihnen aufgetragen hatte?«
    Â»Ja. Ich war gestern dort. Ihre Entscheidung hat bittere Enttäuschung ausgelöst.«
    Â»Daran habe ich keinen Zweifel.«
    Â»Es war der Wunsch Ihrer Cousine, Mr Montignac. In dem Punkt hatte sie sich sehr deutlich geäußert.«
    Montignac machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, ich glaube, letzten Endes hätte sie es doch nicht getan. Leyville ist der Familiensitz der Montignacs. Er steht für Tradition. Sein Besitz ist ein Geburtsrecht, das gibt man nicht so einfach her.«
    Â»Gewiss, aber sie hatte mir eindeutig zu verstehen –«
    Â»Schon gut, lassen Sie uns jetzt weitermachen. In etwa einer Stunde kommen die Geschäftsführer aus London. Sie wollten über das Testament meiner Cousine sprechen.«
    Â»Richtig. Also, sie hatte vor, ein Testament zu verfassen, doch leider ist es dazu nicht mehr gekommen. Das bedeutet, dass sie ohne Testament gestorben ist, und der Besitz naturgemäß an ihren nächsten Verwandten geht.«
    Â»An mich«
    Â»Richtig. Da Ihre Cousine keine Kinder hatte, sind Sie ihr nächster Verwandter und Erbe.«
    Â»Und wenn Sie Besitz sagen, meinen Sie – was?«
    Â»Das Haus, das Land, die Liegenschaften in London, die Bankkonten, die Investitionen und Beteiligungen. In den nächsten Tagen werde ich für Sie eine detaillierte Aufstellung anfertigen lassen.«
    Â»Sehr schön, die würde ich gern sehen. Wie steht es mit den Bedingungen, die mein Onkel testamentarisch festgelegt hatte?«
    Â»Die betreffen Sie nicht. Die Regelung hinsichtlich des Verkaufs bezog sich lediglich auf Stella. Ich nehme an, Peter Montignac hoffte, dass sie eines Tages einen Sohn hätte, der das Erbe –«
    Â»Sie hatte aber keinen Sohn«, unterbrach Montignac mit verächtlich gekräuselten Lippen. »Das ist dann also der Stand der Dinge. Ich danke Ihnen, Sir Denis, und hoffe, ich kann Ihre Übersicht in Kürze erwarten.«
    Tandy stand auf, sammelte seine Unterlagen ein und steckte sie in seine Aktentasche.
    Â»Sie haben doch nicht vor, Leyville zu verkaufen, oder?«, erkundigte er sich.
    Montignac lachte auf. »Nie im Leben. Leyville wurde von meinen Vorfahren errichtet und jeweils an die nächste Generation weitergegeben. Es gehörte meinem Vater, müssen Sie wissen, obwohl es ihm nie möglich war, seine Familie hierherzubringen. Doch von Rechts wegen war Leyville sein Eigentum. Nein, ich würde Leyville nie verkaufen. Es bleibt in der Familie.«
    Sir Denis nickte ihm anerkennend zu. »Wir sprechen uns in der nächsten Woche«, verabschiedete er sich und verließ den Raum.
    Er hatte noch nie in dem großen Schlafzimmer des Hauses geschlafen. Das tat er erstmals in dieser Nacht. Er fand den Raum zu kalt und notierte sich in Gedanken, Margaret am nächsten Morgen aufzutragen, Feuer im Kamin zu machen, ehe sie die ersten Vorstellungsgespräche führte; denn für Leyville brauchte er einen Koch, einen Butler, mehrere Dienstmädchen und einen
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