Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs
Autoren: John Boyne
Vom Netzwerk:
erklangen die Stimmen ihrer Freunde, die tranken, lachten und die Heimkehr ihres Sohnes feierten. Vor ihr stand ihr Ehemann, der erklärte, all das sei ohne Bedeutung, dass sie feiern konnten, wie sie wollten, da das Leben, das sie gekannt hatten, nur noch eine Erinnerung war.
    Sie sah ihren Mann am Fenster stehen, schaute sich um und wusste nicht, in welche Richtung sie gehen sollte.

9
    Leyville war wie ausgestorben und strahlte etwas Kaltes aus. Montignac erinnerte sich an die Weihnachten in früheren Zeiten, an den festlichen Charakter, den seine Tante dem Haus verliehen hatte. In der Eingangshalle hatte ein Weihnachtsbaum gestanden, dessen Spitze bis hoch in den ersten Stock ragte. Jeder Kaminsims war mit Stechpalmenzweigen und den eingetroffenen Weihnachtskarten geschmückt, an der Seite des großen Kamins hingen Socken, gefüllt mit kleinen Gaben, und überall traf man auf die in Weihnachtspapier eingewickelten Geschenke. Jetzt dagegen gab es nur noch dunkle Leere und das geisterhafte Echo der Menschen, die in diesem Haus gelebt hatten und gestorben waren.
    Montignac wanderte von einem Zimmer zum anderen. Niemand war da. Selbst die Stube, die Margaret Richmond früher als privater Rückzugsort gedient hatte, in der sie gesessen und gelesen hatte, wenn ihr die Kinder zu wild wurden, lag verlassen da. Er betrat die Küche und schaute in den Kühlschrank, in dem die Lebensmittel für einen Tag ausreichten, der jedoch nichts Besonderes enthielt; es gab weder einen Truthahn noch einen Weihnachtspudding, nur ein gefülltes Hühnchen und einen kleinen gekochten Schinken. Er nahm an, dass Stella nach London gefahren war, nachdem er ihre Einladung, Weihnachten in Leyville zu verbringen, ausgeschlagen hatte. Erst an diesem Morgen hatte er es sich wieder anders überlegt und den Mittagszug nach Leyville genommen.
    Am Morgen hatte er die beiden letzten losen Fäden verknüpft, sich hochzufrieden zu den Unicorn Ballrooms begeben und Nicholas Delfy die vierzigtausend Pfund überreicht.
    Â»Sie wissen, dass dazu noch die Zinsen der letzten Monate kommen«, sagte Delfy.
    Montignac starrte ihn an und wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte.
    Â»Aber aufgrund Ihrer großartigen Leistung, das Geld rechtzeitig bei mir abzuliefern, will ich mal nicht so sein und sage, wir sind quitt.«
    Â»Sehr großzügig, Nicholas«, antwortete Montignac erleichtert. »An das Geld zu gelangen war nämlich kein Spaziergang. Aber jetzt ist es ja geschafft.«
    Â»Ich habe keine Sekunde lang an Ihnen gezweifelt. Bitte, verzeihen Sie mir, falls ich angedeutet habe, im Fall Ihres Versagens könnten Sie Schaden nehmen. Dergleichen sage ich nur, um mein Geschäftsinteresse zu betonen.«
    Â»Natürlich«, entgegnete Montignac amüsiert.
    Â»Ich habe auch noch ein kleines Geschenk für Sie«, fuhr Delfy fort. »Schließlich haben wir Weihnachten.«
    Â»Was ist es denn?«
    Â»Ich habe Ihnen einen neuen Kreditrahmen eingerichtet und lade Sie ein, wieder hier zu spielen. Wie wäre es mit einem anfänglichen Limit von zehntausend Pfund? Nur zum Eingewöhnen.«
    Montignac lachte. »Nein, danke. Ich weiß Ihr Angebot zu schätzen, aber die Zeit der Glücksspiele liegt hinter mir. In Zukunft möchte ich das, was ich habe, lieber behalten.«
    Â»Na schön«, erwiderte Delfy. »Sollten Sie Ihre Meinung jemals ändern, wissen Sie, wohin Sie gehen können. Andererseits glaube ich – und das sage ich nur, weil ich Sie seltsamerweise mag –, dass Sie das Richtige beschlossen haben. Man sollte das Geld, das man in der Tasche hat, nicht verspielen.«
    Â»In meiner Tasche ist kaum Geld. Alles, was ich hatte, habe ich Ihnen gerade gegeben. Aber vielleicht gibt es für die pünktliche Zahlung ja ein Skonto.«
    Â»Niemals«, sagte Delfy lachend. »Aber zu fragen schadet ja nicht. Haben Sie schon Pläne für das neue Jahr?«
    Montignac zuckte mit den Schultern. »Ich hoffe, es wird besser als das alte. Aber sonst? Ich bin bankrott, habe keine Aussichten, wenig Einkommen, und die Möglichkeit eines anständigen Erbes gibt es auch nicht mehr. Dann wiederum sage ich mir, wenn ich für Sie in weniger als sechs Monaten fünfzigtausend Pfund auftreiben konnte, wie viel könnte ich dann erst für mich in zwölf Monaten zusammenbekommen?«
    Â»Ein interessanter Gedanke.« Delfy beugte sich über den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher