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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs
Autoren: John Boyne
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musst du mich immer so erschrecken?«
    Â»Es tut mir leid«, antwortete er lächelnd. »Ich dachte, es wäre niemand im Haus.«
    Â»Außer mir ist auch niemand hier. Margaret ist hinunter in den Ort gegangen und kommt nicht so bald zurück. Also bist du doch zu Weihnachten gekommen?« Er war sich nicht sicher, glaubte aber, dass in ihrer Stimme ein glücklicher Unterton mitschwang.
    Â»Ich hoffe, ich bin willkommen.«
    Â»Ja, natürlich bist du das. Du weißt, dass hier auch dein Zuhause ist, ich habe es dir oft genug gesagt.«
    Er trat zu ihr an die Brüstung. »Ein schöner Dezembertag, nicht wahr? Der Himmel ist so klar, dass man die Ländereien sehen kann. Kein Wunder, dass unsere Vorfahren Leyville so sehr geliebt haben.«
    Â»Ja«, sagte Stella, »es ist etwas Besonderes. Gerade habe ich gedacht, dass dies mein letztes Weihnachtsfest hier ist.«
    Â»Warum soll das so sein?«
    Sie wandte sich zu ihm um. »Ich wollte es dir nächste Woche in London sagen. Ich habe die Überfahrt gebucht. Am dritten Januar geht es mit der Queen Mary nach Amerika.«
    Montignac seufzte. »Dann steht es also fest.«
    Â»Ja.«
    Er schaute in die Ferne und suchte nach den richtigen Worten. Sie hatten ihre Gefühle seit so langer Zeit unterdrückt, einer hatte dem anderen gegrollt und ihn verletzt – doch all das beruhte nur auf dem nicht Greifbaren der Liebe.
    Â»Glaubst du«, begann er, verstummte und begann noch einmal. »Glaubst du, wir wären hier glücklich geworden, wenn alles anders gekommen wäre?«
    Sie sah ihn an, mit dem Gesichtsausdruck, den er kannte und der besagte, dass sie darüber nicht sprechen durften. Doch diesmal ließ er sich davon nicht beirren, denn jetzt musste er ihr etwas sagen.
    Â»Außer uns ist niemand hier, Stella«, sagte er sanft, »nur du und ich. Und bald bist auch du nicht mehr hier. Deshalb sag mir einfach, was du denkst.«
    Plötzlich war auch für Stella die Zeit ihres Schweigens beendet, und sie atmete tief durch. »Es wäre nicht anders gekommen, Owen«, erklärte sie schweren Herzens. »Und es ist auch schon so lange her, dass ich mich kaum noch daran erinnern kann.«
    Â»Ich erinnere mich an alles«, entgegnete er. »An jedes Wort und jede Geste. An jeden Augenblick, an dem wir zusammen waren.«
    Â»Das ist unmöglich«, sagte Stella und lachte.
    Â»Nein, das ist es nicht.«
    Sie sah ihn fragend an. »Owen, was soll das?«
    Er schaute über die winterliche Landschaft und sagte sich, dass es im Leben Momente gab, in denen man sich erklären musste, weil es keine andere Gelegenheit mehr geben würde, und dass jetzt einer dieser Momente gekommen war.
    Â»Du darfst nicht fortgehen«, sagte er, ohne sie anzusehen, »du musst in Leyville bleiben. Wir sollten hier zusammen sein.«
    Stella schwieg. Schließlich fragte sie: »Wie meinst du das?«
    Â»Wir sollten das tun, was wir uns vor Jahren versprochen haben, und für immer zusammenbleiben.«
    Â»Owen, damals waren wir noch Kinder.«
    Â»Ja, aber jetzt sind wir es nicht mehr. Wir können es tun. Du hast es von jeher gewollt, das weiß ich.«
    Stella lachte unsicher und schaute zu Boden. »Hast du getrunken?«, fragte sie in einem kläglichen Versuch, die Stimmung aufzulockern.
    Â»Nein«, erwiderte er gereizt, »ich bin nicht Gareth Bentley.«
    Â»Diesen Namen will ich nicht hören.«
    Â»Aber in gewisser Weise gehört er doch dazu, oder? Du hattest einmal vor, in Leyville zu bleiben, das kannst du nicht bestreiten. Und jetzt kannst du es. Mit dem Mann, den du liebst.« Er wandte sich ihr zu.
    Sie starrte ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
    Â»Owen«, sagte sie langsam, »das ist nicht dein Ernst.«
    Â»Doch.«
    Â»Aber –« Sie wandte den Blick ab und zögerte einen Moment, ehe sie hinzufügte: »Ich liebe dich nicht, Owen.«
    Â»Natürlich tust du das«, entgegnete er im Brustton der Überzeugung. »Du hast es mir selbst gesagt.«
    Â»Ja, Owen, aber das war vor zehn Jahren. Damals habe ich dich geliebt. Aber jetzt nicht mehr. Die Zeiten haben sich geändert.«
    Â»Aber manche Dinge ändern sich nie«, betonte er und klammerte sich an den Gedanken, dass sie ihn immer noch liebte. Sein ganzes Leben hatte er auf dieser Vorstellung errichtet. »Du hast es nur vergessen. Du hast vergessen, was wir
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