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Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge

Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge

Titel: Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge
Autoren: S Milpauer
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Vorwort: Wie dieser Ratgeber entstand
    »Du warst im Musical? Schon wieder?«
    D ER Tonfall meiner Kollegin ist gedehnt und vermittelt neben dem leisen Hauch von Ironie eine gewisse Ungläubigkeit. Ihr Blick liegt so lange und prüfend auf mir, dass ich mir unwillkürlich überlege, ob mir wohl zwischenzeitlich drei Köpfe gewachsen sind. Gerade als ich sie fragen will, wo denn eigentlich ihr Problem liegt, fügt sie hinzu: »Warst du nicht erst letzte Woche?«
    Okay, die Frage kann nur rhetorisch gemeint sein, denn immerhin weiß sie ganz genau, dass ich das letzte Wochenende bei »Tarzan« in Hamburg verbracht habe, musste ich ihr doch einen langen Bericht darüber abliefern. Dafür ist sogar unsere spärlich bemessene Mittagspause drauf gegangen. »Ja«, sage ich und bemühe mich, meine Antwort unbeschwert klingen zu lassen, obwohl mich die Fragerei langsam nervt, da ich das Gefühl nicht loswerde, mich für meine Freizeitgestaltung rechtfertigen zu müssen. Mal wieder. »Und?«, hake ich nach, in der Hoffnung, ihr Problem damit ergründen zu können. Noch immer starrt sie mich an, dann zuckt sie mit den Schultern. »Nichts. Musst du ja wissen, ist ja schließlich dein Leben.« Damit dreht sie sich wieder zu ihrem Rechner, um sich ihrem Projektentwurf zu widmen, der bis zum Feierabend auf dem Tisch unseres Chefs liegen muss.
    Ihre nun sorgsam vorgetäuschte Betriebsamkeit erinnert mich bedauerlicherweise daran, dass auch ich noch zu arbeiten habe. Wer ich eigentlich bin, wollt ihr wissen? Gestatten, mein Name ist Cassy, ich bin knapp über 30 und gehöre damit zu der Generation, die ihre Alltagserlebnisse und Gemützustände per Statusmeldung auf sozialen Netzwerken teilt. Ich habe einen guten, wenn auch nicht wirklich spannenden Job bei einer kleinen PR-Agentur, eine nette Wohnung, ein mich erfüllendes Hobby und einen kleinen, aber feinen Kreis von Freunden, die mit mir auf einer Wellenlänge liegen. Ich schätze, dass ich damit mehr habe als die meisten Menschen – auch wenn ich neuerdings wieder Single bin. Aber selbst damit liege ich wohl voll im Trend der Zeit, wie ich neulich im Internet erfahren habe. Ohne Anhang zu sein sei keinerlei Grund zur Sorge, erklärte mir Tante Google beruhigend. Schließlich bedeute 30 in einem Zeitalter, in dem 40 als das neue 20 und 60 als das neue 40 gelte, dass ich praktisch gerade erst den Kinderschuhen entwachsen sei. Na, das habe ich insgeheim doch schon immer geahnt!
    Ein wesentlicher Bestandteil meiner Freizeit ist das gesellige Zusammensein mit meinen Freunden. Mein Leben wäre nur halb so schön wenn ich sie nicht hätte! Genau dieser Gedanke geht mir auch wieder durch den Kopf als ich am Wochenende nach einer anstrengenden Woche mein Glas Bananenweizen (ja, das trinken tatsächlich einige Leute und ja, das schmeckt wirklich) anhebe und den Leuten an meinen Tisch zuproste. Es herrscht wie so oft ausgelassene Stimmung in unserer bunt gemischten Runde und die Stimmen überschlagen sich nahezu vor Begeisterung, denn wir lassen das eben gesehene Konzert unseres gemeinsamen Lieblingskünstlers Revue passieren. Natürlich ist auch ein bisschen Wehmut dabei: Lange haben wir auf dieses Highlight hin gefiebert und jetzt, viel zu schnell, ist es vorbei. Morgen wird es nur noch eine schöne Erinnerung sein, aber auch ein weiteres Erlebnis, was uns künftig noch mehr miteinander verbinden wird.
    Forschend schweift mein Blick vom Einem zum Anderen. Trotz offensichtlicher Unterschiede was Alter, Aussehen und Geschlecht angeht, eint uns alle unser gemeinsames Hobby: Das Musical. Dadurch haben wir uns kennen- und schätzen gelernt. Rasch stellten wir im Verlauf der Zeit fest, dass wir gut zueinander passen, auch über das Hobby hinaus. Das Beste an unserer Freundschaft ist jedoch, dass man beim gemeinsamen Zusammensein immer sofort das Gefühl hat, verstanden zu werden! Stößt das Geständnis, oft in Sachen Musical unterwegs zu sein, doch im Familien-, Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis meistens auf Unverständnis (»Wieso gehst du denn schon wieder in ›Elisabeth‹? Das hast du doch schon einmal gesehen! «), trifft man hier auf Menschen, die einen voll und ganz verstehen.
    Schon oft ist mir durch den Kopf gegangen, dass es sich mit dem Musical irgendwie merkwürdig verhält. Gibt man an, man gehe gerne in die Oper oder ins Theater, so gilt man als kulturell gebildet. Sagt man jedoch, dass man Musicals mag, so erntet man häufig mitleidige Blicke oder aber ein gewisses
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