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Das Teufelslabyrinth

Das Teufelslabyrinth

Titel: Das Teufelslabyrinth
Autoren: John Saul
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Eucharistie zu feiern. »Gepriesen bist du, Gott, Schöpfer der Frucht der Erde. Die Erde gehört dem Herrn, und alles, was auf ihr ist«, sprach er, nahm das kleine Silberkännchen und goss ein paar Tropfen Wasser in den Weinkelch.
    »Herr, wasche meine Schuld von mir und reinige mich von meinen Sünden.« Symbolisch tauchte der Papst seine Hände in das flache Becken, das zu diesem Zweck auf dem Altar stand, und trocknete sie anschließend an einem weißen Leinentuch ab.

    »Lasst uns beten.«
    Mit gesenktem Kopf spähte Ryan über den Tribünenrand hinaus.
    Wieder lächelte sein Vater ihm zu, und wieder verspürte er dieses Brennen in der Brust. Unsinn - das konnte nicht sein Vater sein! - und doch war er es, und er sah Ryan direkt in die Augen und fasste sich mit der Hand an die Brust, als spürte er die gleiche Hitze, die in diesem Augenblick Ryans Herz versengte.
    Ohne nachzudenken, hob Ryan seine rechte Hand, schob sie unter den Überwurf und zwischen die Knöpfe des Ministrantenrocks.
    Seine Finger schlossen sich um das silberne Kruzifix.
    Das Kruzifix, das, wie sein Vater ihm versprochen hatte, ihn immer beschützen würde.
    Das Kruzifix, das er eigentlich hinter der Wandverkleidung hatte versteckt halten wollen.
    Und während sein Vater ihn mit seinem Blick fixierte, ihn dabei aber anlächelte und er das Geschenk seines Vaters fest in der Hand hielt, durchflutete ihn auf einmal eine neue Energie, die seinem Herzen und seiner Seele entsprang und sich rasch in seinem Körper ausbreitete.
    Und in dem Augenblick realisierte er auch, was er und Melody und Sofia zu tun beabsichtigten.
    Ryan starrte seinen Vater an, der jetzt am äußersten Tribünenrand stand und den Arm ausstreckte, als wollte er durch das Sicherheitsglas hindurch nach seiner Hand greifen.
    Ryans Blick huschte zu Sofia. Ihre Finger zuckten, dann sah er sie in dem Ärmel ihres Gewands verschwinden.
    Dem Ärmel, in dem der Auslöser versteckt war.
    Rasch drehte er den Kopf zur anderen Seite; auch Melodys Finger verschwanden unter ihrem Ärmel.

    Der Papst begann mit der Lobpreisung. Die letzten vier Zeilen des Gebets hatten begonnen.
    »Ich will dich loben, o Gott, mit der ganzen Kraft meines Herzens.«
    Ryans Blick huschte noch einmal zurück zu seinem Vater, und plötzlich änderte sich alles in ihm. Während er mit der rechten Hand noch immer seines Vaters Kruzifix umklammert hielt, griff er mit der linken nach Melodys Hand und spürte ganz deutlich, wie diese neue Energie durch seinen Arm und seine Hand auf sie überging. Melody starrte ihn an, das blanke Entsetzen in den weit aufgerissenen Augen, denn in diesem Augenblick begriff auch sie.
    »Und ich werde deinen Namen lobpreisen, in alle Ewigkeit.«
    Wie auf ein stummes Kommando hin machten Ryan und Melody einen Satz auf den Papst zu. Und gerade als dessen Lippen das entscheidende »Amen« formten, warfen sie sich beide auf den Heiligen Vater, rissen ihn um und stürzten alle drei zu Boden, genau in dem Augenblick, als Sofia die Instruktionen von Pater Sebastian befolgte und auf den Auslöseknopf in ihrem Ärmel drückte.
    Die Druckwelle des explodierenden Sprengstoffs raubte Ryan den Atem, und ein paar Sekunden lang lag er wie gelähmt auf dem Boden und glaubte, tot zu sein. Doch dann spürte er wieder das Kruzifix in seiner Hand; merkte, dass Melody sich neben ihm bewegte. Auch der Heilige Vater, der unter ihnen lag, begann sich zu regen. Melody versuchte, zur Seite zu rutschen, versuchte sich aus Ryans festem Griff zu befreien, damit der Papst aufstehen konnte. Aber wenn er jetzt ihre Hand losließe …
    Während er Melody weiterhin mit der linken Hand festhielt, ließ er das Kruzifix los und riss ihr mit der rechten
Hand das Ministrantengewand vom Leib. In hohem Bogen warf er es ans Ende der Tribüne, riss dann seine eigenen Kleider herunter und schleuderte sie hinterher, hinter den Altar, der wie ein Schutzwall zwischen dem Kleiderhaufen und dem Papst und ihnen stand.
    »Bomben«, wisperte Ryan, dem beinahe die Stimme versagte. Er griff wieder nach dem silbernen Kruzifix, und abermals verlieh es ihm die Kraft, die er so dringend benötigte. »Wir hatten den Auftrag, Euch zu töten«, flüsterte er dem Papst zu, der sich inzwischen auf die Knie gehievt hatte, sich mit der rechten Hand am Altar aufstützte und mit der linken Melody aufhelfen wollte. »Pater Sebastian …«
    Nun versagte seine Stimme endgültig, und plötzlich wollte Ryan nur noch seinen Vater sehen. Er drehte sich von dem
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