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Das Teufelslabyrinth

Das Teufelslabyrinth

Titel: Das Teufelslabyrinth
Autoren: John Saul
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dass wie auf ein stummes Kommando hin alle Anwesenden das Kreuz vor der Brust schlugen, gleichzeitig mit ihm selbst und Melody und Sofia. Doch die Menschen draußen vor dem Plexiglasschild folgten dem Geleit ihres Papstes, wohingegen die drei jungen Leute
dahinter die Anweisungen von Pater Sebastian Sloane befolgten.
    »Du musst bis ins Detail perfekt sein«, hatte er der dunklen Macht eingeschärft, die er in jedem von ihnen kontrollierte. »Bis zu dem besagten Augenblick musst du dieses Ritual der Ungläubigen vollziehen, aber denk dabei nur an Allah. An Allah und an mich.«
    »Amen«, sprach die Menge der Gläubigen wie mit einer Stimme.
    »Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen«, rezitierte der Papst.
    »Und auch mit deinem Geiste«, antworteten die Gläubigen.
    Die Anordnungen der dunklen Macht in ihm befolgend, drehte Ryan sich um, um die Kerzen auf dem Altar anzuzünden; Melody und Sofia standen rechts und links von ihm, der Papst war immer noch den Gläubigen zugewandt. Während sie gemeinsam zum Altar schritten, lächelten sie in Erwartung des kommenden Moments einander kurz an. Dann hielten sie gleichzeitig ein Zündholz an die Kerzendochte. Ryan spürte in den Mädchen dieselbe Gelassenheit, die sich auch in seiner Seele ausbreitete. Sie waren - wie er auch - bereit.
    »Lasset uns zu Gott beten.«
    Wie ein riesiges Gemeinschaftswesen senkten die Gläubigen die Köpfe. Es herrschte eine solche Stille im Park, dass Ryan, als unvermittelt ein Schwarm Tauben aufflog, das Schlagen ihrer Flügel hören konnte. Und während sie hinter den Baumwipfeln verschwanden, begann der Papst mit kräftiger, voller Stimme zu beten.
    Ehe er selbst den Kopf senkte, warf Ryan einen Blick zur ersten Stuhlreihe, wo Pater Sebastian mit den übrigen
Schülern sitzen sollte. Doch der Stuhl des Priesters war leer. Pater Laughlin war da und Schwester Mary David und Bruder Francis und all die anderen Priester und Nonnen, die Ryan in den vergangenen zwei Wochen kennengelernt hatte, aber Pater Sebastian war nirgendwo zu sehen.
    Nein, das war doch nicht möglich - er musste hier irgendwo sein.
    Ryan spähte hinüber zu den seitlichen Sitzreihen, hielt nach dem Priester Ausschau, und am Ende der zweiten Reihe entdeckte er schließlich einen einzelnen Mann, der den Kopf nicht gesenkt hielt. Das war er! Das war Pater …
    Nein, war er nicht! Das war nicht Pater Sebastian!
    Im gleichen Moment merkte Ryan, dass er in das Gesicht seines Vaters starrte. Das war sein Vater, in seiner Uniform, mit dem Schiffchen auf dem Kopf!
    Nein! Das konnte nur eine Lichtspiegelung oder eine optische Täuschung sein!
    Ryan wandte den Blick ab, doch beinahe gleichzeitig sah er etwas Metallenes in der Sonne aufblitzen, und als er genauer hinsah, bemerkte er einen weiteren Mann, der den Kopf nicht senkte, diesmal auf der anderen Seite, im hinteren Drittel der Sitzreihen.
    Und wieder hätte Ryan geschworen, dass er seinen Vater gesehen hatte.
    Der Mann mit den Orden an der Brust, die in der Sonne glitzerten, lächelte Ryan zu und nickte unauffällig.
    Was war da los? Was passierte da? Er sollte doch nicht seinen Vater sehen, sondern Pater Sebastian!
    Plötzlich verspürte er ein Brennen in der Brust.
    Der Papst beendete gerade sein Gebet und drehte sich zu der prachtvollen Bibel auf dem Altar um, während der
Bostoner Kinderchor in seinen blauen Anzügen mit den goldenen Schultertressen das Ave-Maria anstimmte.
    Der entscheidende Moment rückte näher.
    Ryans Herz schlug schneller, als er Pater Sebastians Stimme die Anweisungen ein ums andere Mal wiederholen hörte.
    Das Timing musste perfekt sein. Ein winziger Fehler, und alles konnte schiefgehen.
    Unauffällig schob er sich ein wenig dichter an Melody heran, fühlte sich von ihr so angezogen wie seit dem ersten Moment ihrer Begegnung.
    Jetzt war es jeden Augenblick so weit; das »Amen« der Menge, das das Ende des nächsten Gebets anzeigte, war zudem das Signal für Ryan, Melody und Sofia, die Knöpfe zu drücken, die in den Ärmeln ihrer roten Gewänder eingenäht waren.
    Es war der Moment, in dem sie Allah begrüßen und ihre Geschenke entgegennehmen würden.
    Der Chor verstummte, die Menge stand ganz still da, andächtig beinahe, nicht nur von der Schönheit dieses Lieds ergriffen, sondern auch von den Stimmen, die es gesungen hatten.
    Der Papst stand jetzt mit dem Rücken zur Menge der Gläubigen vor dem Altar, um die
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