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Das Teufelslabyrinth

Das Teufelslabyrinth

Titel: Das Teufelslabyrinth
Autoren: John Saul
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wartete.
    Wartete auf den Morgen.
    Wartete darauf, dass sich sein Schicksal erfüllte.

63
    Von dem Moment an, als er in den dunklen Stunden vor Tagesanbruch erwacht war, bis zum Eintreffen seiner Limousine vor der St. Isaac’s Preparatory Academy hatte Papst Innozenz XIV. beobachten können, wie seine Aufregung ständig gewachsen war. Die Wiederentdeckung der uralten Anrufungsriten - die schon so lange verloren waren, dass nur ganz wenige Gelehrte überhaupt an ihre Existenz glaubten und diese nicht als Mythos belächelten - würde die Krönung seines Pontifikats darstellen. Seitdem er den ersten Textband zu Gesicht bekommen hatte, waren ihm die Konsequenzen dieser Wiederentdeckung stets gegenwärtig gewesen, und je länger er darüber nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass die Bedeutsamkeit dieses Ritus nicht hoch genug eingeschätzt werden konnte.
    In der Lage zu sein, Dämonen auszutreiben, die so leicht zu lokalisieren waren, dass jeder Dorfpfarrer ihrer Herr wurde, war eine Sache; doch das am tiefsten verborgene und ganz fest verwurzelte Böse anzurufen, das
jede menschliche Seele beschmutzte, und diese Seele anschließend von dem Bösen rein zu waschen, war etwas entschieden anderes.
    Die Beherrschung dieses Ritus würde den Lauf menschlicher Bestrebungen grundsätzlich ändern.
    Würde Kriege ausmerzen.
    Und würde den Beginn wahren Friedens auf Erden einläuten, so wie der Erlöser es versprochen hatte. Und heute würde er, Innozenz XIV. - ein einfacher Mann, der schlussendlich begriff, warum Gott ausgerechnet ihn ausgewählt hatte, um den Ring des Fischers zu tragen - bestätigen können, dass der uralte, für immer verloren geglaubte Ritus tatsächlich eine Wiederentdeckung erfahren hatte.
    Er spürte eine sanfte Berührung an seinem Ellbogen und hörte gleich darauf Kardinal Moriscos leise Stimme: »Heiliger Vater?«
    Aus seinen Träumereien aufgeschreckt, hob der Papst den Kopf, schaute aus dem Seitenfenster seines gepanzerten Wagens und sah die Menschenmenge, die trotz seiner Anordnung, dass die Fahrtroute vom Flughafen zu dem Schulgebäude nicht veröffentlicht werden sollte, die Straße säumte. Nun ja, die Gläubigen fanden ihn immer, dachte er lächelnd und winkte.
    Als seine Limousine anhielt, sprangen seine Sicherheitsleute aus dem vorderen Wagen, warfen prüfende Blicke auf die Menschenmenge, die sich vor dem Haupteingang der Schule eingefunden hatte und von der örtlichen Polizei zurückgehalten wurde, und postierten sich dann um seinen Wagen. Er stieg aus, schritt die Stufen zum Eingang hinauf und war im nächsten Moment durch die Tür verschwunden.
    Und da standen sie. Er erkannte sie sofort, nicht nur, weil er ihre Gesichter in den Videoclips gesehen hatte,
oder an ihren dunkelroten Ministrantengewändern, sondern in erster Linie an ihrer Ausstrahlung.
    Sie lächelten ihn an, alle drei. Ihre Mienen spiegelten nichts als Verehrung, ihre Augen waren weit geöffnet und blickten klar. Ja, das waren Seelen, die frei waren von jeder Unreinheit und von einem einzigen Geist beseelt.
    Pater Sebastian Sloane hatte in der Tat das Wunder vollbracht.
    Der Papst versuchte die gleiche Gelassenheit zu zeigen wie diese Kinder, die nacheinander vortraten.
    Zuerst dieses hübsche, dunkelhaarige Mädchen. »Sofia Capelli, Eure Heiligkeit«, flüsterte sie ehrfürchtig, fiel auf die Knie und küsste seinen Ring, worauf er ihr sanft die Hand auf den Hinterkopf legte und seinem Herzen lauschte.
    Nein, er spürte nichts Böses in diesem Kind. Er ergriff Sofias Hand und zog sie auf die Füße; beim Erheben sah sie ihn mit ihren dunkelbraunen Augen direkt an und lächelte. Das, spürte er, ist ein Kind, das weiß, dass es vor den Augen Gottes vollkommene Gnade fand. Er berührte ihre Wange. Sofia war eine Wiedergeborene.
    Das Gleiche galt auch für das Mädchen mit dem engelsgleichen Haar, Melody Hunt, deren reine Haut und saphirblaue Augen ein unangefochtener Beweis für die Gnade Gottes waren.
    Und schließlich der junge Mann, Ryan McIntyre, der sich ebenso demütig vorstellte wie die beiden Mädchen. Als der Junge ihm in die Augen blickte, sah der Pontifex in seinen Augen dieselbe Klarheit wie in denen der Mädchen und spürte die vollkommene Reinheit seines Geistes. Auch hier stand ein Kind vor ihm, das nicht mehr wollte, als die Vollkommenheit seines Schöpfers zu preisen.

    Es war wahr. Das alles war wahr, und Papst Innozenz XIV. ging vor Freude das Herz auf.
    Zuletzt wandte er sich Pater Sebastian Sloane zu,
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