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Das Testament des Gunfighters

Das Testament des Gunfighters

Titel: Das Testament des Gunfighters
Autoren: Jack Slade
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des Burschen.
    Timmy starrte ihn an. »Palmer Zero«, quoll es zwischen den blutigen Lippen hervor.
    »Palmer Zero«, wiederholte Lassiter langsam.
    ***
    Nur ein paar hundert Yards entfernt war John Macon dabei, ein paar unverzichtbare Utensilien in einen imprägnierten Sack aus Rohleder zu stopfen.
    Er hatte über eine Stunde lang meditiert, und die schrecklichsten Visionen waren vor seinem geistigen Auge vorübergezogen. Ein ums andere Mal war das Gesicht von Lassiter darin aufgetaucht. Macon redete sich ein, dass dieser Mann ihn vernichten wollte.
    Er wollte nicht so lange warten, bis der Kerl wieder vor seiner Haustür auftauchte und ihn in die Mangel nahm. Warum er Lassiter nicht traute, konnte Macon gar nicht so genau sagen. Bisher hatte ihm der große Mann ja nur ein paar Fragen gestellt. Doch die innere Stimme, die ihn immer wieder vor dem Schnüffler warnte, war immer lauter und eindringlicher geworden.
    Jedenfalls wollte Macon sich aus Tombstone verabschieden, natürlich nur vorläufig. Später, wenn Lassiter die Stadt verlassen hatte, würde er wiederkommen und sein beschauliches Dasein fortsetzen.
    Zum Glück verfügte er über ein Ausweichquartier.
    Das war eine kleine Berghütte nördlich des San Pedro-Tals. Früher, als es in der Gegend noch keine Silbergruben gab, hatte einmal ein Trapper hier gelebt, für ein paar Jahre, dann war der Mann nach Phoenix gegangen.
    Macon war sicher: In der Trapperhütte in den Bergen würde Lassiter ihn nie finden.
    Er warf sich den Sack über die Schulter und tappte zur Tür. Als er sie öffnete, prallte er erschrocken zurück.
    Im Dunkeln wuchs die hochgewachsene Gestalt einer Frau vor ihm auf. Macon verkniff sich einen Fluch, als er sie erkannte: Mrs. Fuller, Lassiters Anhängsel.
    »Das trifft sich ja gut«, sagte sie. »Schön, dass Sie noch wach sind, Mr. Macon. Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, weil es nicht gerade die günstigste Zeit für einen Besuch ist.«
    »Fast Mitternacht.« Er überlegte, wie er sich ihrer Gesellschaft entziehen konnte. »Was wollen Sie?«
    Zu seinem Erstaunen blickte sie ihn freundlich an. »Ich suche nach Lassiter. Können Sie mir sagen, wo er steckt? Soviel ich weiß, wollte er zu Ihnen.«
    »Er ist aber nicht angekommen«, versetzte Macon. »Tut mir leid, ich kann Ihnen nicht helfen, meine Teuerste.«
    Sie betrachtete den Sack, den er sich über die Schulter übergeworfen hatte. »Nanu? Wo wollen Sie denn hin, mitten in der Nacht?«
    »Ein Stück spazieren gehen.«
    »Mit diesem unhandlichen Sack?«, fragte sie ungläubig.
    Macon ging über die Bemerkung hinweg. Das Biest fing schon wieder an, ihn auszuhorchen. Im Grunde ging es sie einen feuchten Kehricht an, was er mit seiner Zeit anstellte.
    Er trat über die Schwelle und verriegelte die Haustür. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen, Gnädigste.«
    Sie trat beiseite. »Was haben Sie eigentlich gegen mich?«, fragte sie ohne Umschweife.
    Macon strich über seinen Bart. Er war drauf und dran, dieser aufdringlichen Person die Wahrheit ins Gesicht zu schleudern. Dass er sie und Lassiter nicht ausstehen konnte. Dass er sie am liebsten in Alaska oder der Wüste Gobi gesehen hätte. Doch er schaffte es noch einmal, sich zu beruhigen.
    »Müssen Sie gar nicht zu Bett?«, fragte er giftig.
    »Hab mich mittags ’ne Weile hingelegt. Jetzt bin ich putzmunter.« Sie strich über ihr Haar. »Wissen Sie was? Ich begleite Sie ein Stück. Ein Spaziergang durch Tombstone in der Nacht ist sicher sehr aufschlussreich.«
    Macon ahnte Böses. Das Luder wich nicht von seiner Seite. Sie wollte ihn beschatten, das stand fest. Vermutlich hatte ihr Lassiter den Floh ins Ohr gesetzt.
    »Das geht nicht«, knurrte er. »Sie können nicht mitkommen.«
    »Auch nicht, wenn wir den gleichen Weg haben?«
    Er wies auf den Stall. »Ich reite auf meinem Maultier. Sie werden nicht Schritt halten können, Ma’am.«
    »Oh, da täuschen Sie sich aber! Ich bin ziemlich fix, auch ohne Reittier.«
    Das Katz- und Mausspiel ging ihm auf die Nerven. Wie es aussah, war dieses Frauenzimmer fest entschlossen, ihn in den Wahnsinn zu treiben. Für einen Moment war Macon heilfroh, dass er nie geheiratet hatte. Eine gute Entscheidung, die ihm wohl ein böses Erwachen erspart hatte.
    Er ging zum Stall, schob die knarrende Brettertür auf und begann, sein Maultier aufzuzäumen.
    Mrs. Fuller stellte sich an die Tür. »Erstaunlich, dass Sie da drinnen noch etwas erkennen können. Es ist doch dunkel wie in einem
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