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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman
Autoren: Greg Bear
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Dieser Stern explodierte zu einer Supernova, überschwemmte das Schiff mit tödlicher Strahlung und zerstörte große Teile der Schiffskörper und des Schiffsspeichers.
    Da der Schiffsspeicher kaum noch funktionstüchtig war, mussten Notmaßnahmen eingeleitet werden: Biologische Komponenten sollten die Speicherfunktionen und Lenkung des Schiffes übernehmen und auch die wesentlichen Aufgaben an Bord erledigen, einschließlich der Konservierung und Wiederbelebung der Genpools. Bald darauf geriet das Schiff in die äußeren Staubwolken des von der Supernova ausgelösten Nebels.
    Da das ursprüngliche Reiseziel nicht mehr in Reichweite lag, wurde eine neue Reiseleitung ins Leben gerufen – unter den schlimmsten Bedingungen, die überhaupt vorstellbar sind. Die Kontrollinstrumente des Schiffskörpers funktionierten nur zeitweise, die Schiffskörper füllten sich mit Monstern, die Geburtsräume wurden entweder gemäß der Anweisungen von Mutter zweckentfremdet oder, wenn die Experimente scheiterten, stillgelegt.
    Die alte Frau und ihre Kollegen – damals noch blutjunge Erwachsene – rangen sich irgendwie zu der Entscheidung durch, dass es mit dem Schiff so nicht weitergehen dürfe. Die Reiseleitung infiltrierte die Kommunikationssysteme
des Schiffes und übernahm die Kontrolle über einige Geburtszimmer, schuf eine von ihr geprägte neue Schiffsbesatzung und funktionierte die von Mutter konzipierten Killer um, indem sie ihnen biologische Komponenten und ein Gedächtnis mitgab.
    Sie bekämpften Mutter in all ihren Inkarnationen.
    Und so begann der Krieg.

    KURZ VOR IHREM TOD traf sich die alte Frau mit mir allein in einem kleinen Raum, den die Affen für sie bereitgestellt hatten.
    Mit ihrem federleichten Fingern greift sie nach meiner Hand und sagt: »Du hast es doch mit eigenen Augen gesehen, nicht wahr?«
    Ich bin nicht willens zuzugeben, dass ich irgendetwas gesehen habe.
    »In unserem Schiff spukt es. Und es sind nicht nur die Toten längst vergangener Kriege. Nein, uns verfolgt noch etwas, das nicht vom Schiff stammt. Etwas, das uns meiner Meinung nach eine große Prüfung auferlegt hat. Als ich Selchek und Grimmel erzählte, was ich gesehen hatte, glaubten sie mir nicht. Sie machten sich lustig darüber und bezeichneten die Erscheinung als meinen Racheengel . Puroy nannte sie die Richterin . Aber auch sie hielt die Erscheinung nicht für real. Aber sie war real, das weiß ich. Sie ist schon viele Hundert Jahre bei uns.«

    Die alte Frau betrachtet mich mit einem Blick, der nach und nach an Festigkeit und Intensität gewinnt. In diesem Blick liegt Selbstsicherheit, aber auch Angst . Mir läuft ein Schauer durch den Körper, so dass ich den Blick kaum erwidern kann.
    »Im Laufe der Zeit haben auch andere von uns diese Erscheinung gesehen. Diejenigen, die sie sahen, hatten das Gefühl, dass sie uns tatsächlich Prüfungen unterzog, über uns richtete. Wir waren der Meinung, dass sie es war, die das Schiff Richtung Supernova gelenkt hatte. Irgendwie war uns – denjenigen, die diese Erscheinung wahrnahmen und ihr Urteil fürchteten – auch klar, dass das Schiff restlos zerstört werden würde, wenn wir uns nicht endlich am Riemen reißen und die Vernichtung fremder, unschuldiger Welten verhindern würden.«
    »Woher stammt diese Erscheinung?«
    Sie lächelt und tätschelt mein Handgelenk. »Das weiß ich nicht. Sie hat es mir niemals verraten. Und auch keinem anderen. Sie will nicht mehr eingreifen als unbedingt nötig.« Die nächsten Sätze flüstert die Alte. »Forsche in deinem Gedächtnis … Und erzähl mir, für was du diese Erscheinung hältst. Blick in den Spiegel, streng deine Fantasie an. Ich weiß, dass du Fantasie besitzt!«
    Das sind die letzten Worte, die sie an mich richtet.

    WENN ICH IN DIESEN SPIEGEL BLICKE, stoße ich auf eine möglicherweise fiktive Geschichte. Es wird keine
Erinnerung wach – nichts, was mit meinem vorgetäuschten oder realen Hintergrund zu tun hat.
    Was ich hier niederschreibe, ähnelt eher einem Märchen, das ich mir selbst zusammengereimt habe und das schwer in Worte zu fassen ist.
    So viel ist klar: Das Schiff kann niemals nach Hause zurückkehren. Die Konstrukteure, die es ursprünglich ausstatteten, wussten, dass es dazu allzu leistungsfähig ist und somit eine Gefahr darstellt. Das Schiff ist eine Kapsel, die tödlichen Samen an Bord hat.
    Wenn intelligente Lebewesen in anderen Raumregionen merken, dass eine solche Bedrohung auf sie zukommt, ist anzunehmen, dass sie
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