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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman
Autoren: Greg Bear
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Abwehrkräfte mobilisieren, um ihre Heimat zu schützen. Aber vermutlich werden sie dabei kein Risiko eingehen und möglichst wenig Zeit und Kosten auf die Verteidigung verwenden. Mit anderen Worten: Wahrscheinlich werden sie alles daransetzen, uns schlicht und einfach von der Platte zu putzen.
    Wer auf irgendeiner Welt da draußen sollte sich auch für eine derart monströse, schwerfällige, todbringende technologische Spinnerei wie dieses Schiff interessieren? Wer würde sich überhaupt die Mühe machen, sich mit einem solchen Ungetüm herumzustreiten? Eher ist davon auszugehen, dass diese intelligenten Lebewesen es sicherheitshalber sofort zerstören würden, um sich die lästigen Besucher ein für alle Mal vom Hals zu schaffen.
    Unsere von der Erde stammenden Nachfolger haben in den vergangenen Jahrhunderten sicher schnellere
Schiffe konstruiert – oder in der Raumfahrt sogar gänzlich auf Schiffstechnologie verzichtet. Haben sich in einer weiten Galaxie ausgebreitet, sind dabei vielleicht auch ihrerseits durch die Hölle gegangen und haben aus Katastrophen gelernt. Falls sie dabei auf unser Schiff oder auch andere dieses Typs gestoßen sind – riesige, eingekapselte Proben aus der Welt ihrer Ahnen –, haben sie vermutlich gestaunt, diese Ungetüme eingehend studiert und danach ihr Urteil darüber abgegeben. Vielleicht haben sie auch Mitgefühl für ihre primitiven Vorfahren empfunden und ihnen alles Gute gewünscht, so wie ein Jetpilot Mitgefühl für eine im Planwagen ins Ungewisse ziehende Familie empfinden mag.
    Doch auf keinen Fall konnten sie zulassen, dass ein solches uraltes Schiff wie in früheren, unzivilisierten Zeiten Chaos und Zerstörung anrichtet.
    Deshalb, so meine Hypothese, haben sie eine Aufsichtsperson, einen »Vormund« benannt, der unser Schiff für seine Sünden bestrafte und zugleich beschützte, uns darüber hinaus aber auch eine unterschwellige Warnung zukommen ließ und eine Chance zur Besinnung gab – eine Chance, den uns bestimmten Platz in Raum und Zeit zu finden.

    DIE ALTE FRAU war meine wahre Mutter. Und meine wahre Gefährtin. Sie hat mich erschaffen. Sie hat mich gerettet. Nach ihrem Tod trug ich sie mit Tsinoys Hilfe
in den Dschungel und übergab sie den Affen, die sie dorthin brachten, wo auch die letzte der Mumien ihre Ruhestätte fand. Wir kennen diesen Ort nicht und möchten ihn auch nicht kennenlernen.
    Irgendwann habe ich die ganze Geschichte den anderen erzählt. Nell und Tomchin erlauben sich kein Urteil darüber. Zu meiner Verblüffung wehren sich Tsinoy und Kim am meisten dagegen, die Geschichte der alten Frau – mein »Märchen« – zu glauben. Genauso wenig vertrauen sie irgendeiner meiner Beobachtungen, soweit es die Erscheinung betrifft. Doch ich halte sie für real. Selbst als ich Tsinoy und Kim an das Strahlengewehr aus dem Nirgendwo erinnere, das mir das Leben rettete, zucken sie nur mit den Achseln, können aber keine eigene Erklärung anbieten.
    So viel scheint jetzt klar: Das Schiff muss sich das Recht zu überleben erst verdienen. Und die einzige Möglichkeit, diesen Test zu bestehen, liegt darin, die ursprüngliche Ausstattung des Schiffs zu zerstören.
    Falls das Schiff nicht so etwas wie ein Gewissen entwickelt, hat unser »Vormund« es immer noch in der Hand, es völlig zu vernichten.

    SEIT UNSEREM AUFBRUCH von der Erde sind viele Jahrhunderte vergangen. Und ich habe eine halbe Ewigkeit dazu gebraucht, diese Geschichte festzuhalten. Jetzt sind die Notizbücher fast vollgeschrieben. Dieses hier ist das Letzte.

    Wir haben die Kinder in der Kapsel der alten Frau untergebracht. Tsinoy ist untröstlich, die Kleinen fehlen ihr sehr. Aber wir werden ihr eine andere Aufgabe zuweisen. Die Affen sind mittlerweile im Dschungel untergetaucht und harren der kommenden Dinge. Vor uns Übrigen liegt noch viel Arbeit.
    Aber man wird uns nicht erlauben, miteinander alt zu werden.

Sühne und Neuorientierung
    N ell hat innerhalb des geringen Radius, den das ohne Antrieb dahingleitende Schiff bewältigen kann, einen Stern für uns gefunden. Offenbar war diese Sonne früher hinter einem Nebelausläufer verborgen, so dass diejenigen, die für die erste verzweifelte Entscheidung verantwortlich waren, sie nicht sehen konnten. Die Sonne ist erst vor wenigen Monaten wie aus dem Nichts aufgetaucht.
    Doch vielleicht wusste irgendetwas – irgendjemand – schon die ganze Zeit von dieser Sonne.
    Unsere Berechnungen scheinen zu stimmen. In hundert Jahren wird die
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