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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars
Autoren: Gregory Benford
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keine Rückmeldung von der Haut kam. Dennoch gefiel es ihr, ihn zu umarmen; selbst auf diese Art. Seit sie vor einem Jahr aus dem Erdorbit ausgeschert waren, hatten sie auf engem Raum zusammengelebt.
    »Ich habe da ein tolles Zeug im Rover, bei dem du dich wie ein neuer Mensch fühlen wirst.«
    »Will mich wieder wie der Mensch fühlen, der ich war.«
    »Komm schon, steh auf!«
    »Wieso ziehst du mich nicht am Seil hoch? Ich bleibe liegen …«
    »Ich glaube nicht, daß ich das könnte.«
    »Zieh mit dem Rover.«
    »He, ich hab hier das Sagen.«
    »Auuuu!«
    Mit ihrer Hilfe hievte er sich auf das rechte Bein und stützte sich schwer auf sie. Gemeinsam versuchten sie die Balance zu halten.
    Fast wären sie ins Loch gestürzt, doch dann bekamen sie einen festen Stand. Sie hatte längst den Überblick verloren, wie oft die 0,38 Ge des Mars ihnen schon aus der Patsche geholfen hatten. Das war aber auch das einzig Gute an dem Planeten.
    »Super. Du hast es geschafft, Liebling.« Behalte diese Linie bei und versetze ihn nicht in Panik. »Fertig? Ich werde gehen, und du hüpfst neben mir her.«
    Wie ein betrunkenes dreibeiniges Sackhüpf-Team quälten sie sich von der Winde gezogen die Kraterwand hinauf. Ihr werdet als ein Team arbeiten , hatte der Ausbildungsleiter ihnen eingehämmert, doch daß es darauf hinauslaufen würde, hätte sie sich nicht träumen lassen. Aus dem Lautsprecher drang sein Schnaufen und Keuchen.
    Der geringen Schwerkraft zum Trotz raubte das Hüpfen über körnige Staubverwehungen Victor die Kraft. Zum Glück war der Rover nur ein Dutzend Meter entfernt.
    Langsam, aber stetig näherten sie sich ihrem Ziel. Er lehnte sich gegen den Rover, während sie zuerst ihre Gurte löste und dann seine. Sie rollte ihn in die Schleuse und aktivierte die Durchlaufsequenz. Keine Zeit, den Staub abzubürsten, doch streifte sie ihm wenigstens den Overall ab, den sie über dem Anzug trugen, um die Staubbelastung so gering wie möglich zu halten. Sie hängte ihn zusammen mit ihrem Anzug an die Haken neben der Schleuse. Auf die übliche Dusche am Eingang verzichteten sie ebenfalls. Sie stieg mit ihm in die Schleuse und verriegelte sie. Dann betätigte sie den Schalter für die Pumpe, und aus einem halben Dutzend Düsen strömte mit einem Pfeifen Sauerstoff in die Schleuse.
    Schnaufend schaltete die Durchlaufsteuerung sich ab. Sie steckte in der Schleuse fest und vermochte sich nicht zu ihm umzudrehen.
    Sie spürte, wie der Aufbau des Rovers wankte. Gut; er hatte sich aus der Schleuse gerollt und lag auf dem Boden.
    Das Klingelzeichen ertönte: maximaler Druck, der neunzig Prozent des irdischen Werts entsprach. Sie unterbrach die Sauerstoffzufuhr zum Anzug, löste die Helmverschlüsse und schälte sich hastig aus dem Parka, den Überschuhen und aus dem Anzug. Sie fröstelte, als sie die kühle Kabine betrat: sie hatte doch tatsächlich auf dem Mars geschwitzt – eine ganz neue Erfahrung.
    Plötzlich spürte sie ein Kribbeln und Jucken im Gesicht und am Hals und wünschte sich, sie hätte sich abgestaubt. Die übliche Prozedur bestand darin, die Anzüge draußen mit einer weichen Bürste abzubürsten. Ein Genie von der Missions-Planung, das anscheinend über Camping-Erfahrung verfügte, hatte mitgedacht und den Rover mit einer Bürste ausgestattet, die alsbald zu ihrem wertvollsten Besitz zählte. Die Marsoberfläche war nämlich dick mit feinem, rostrotem Staub überzogen, der wiederum mit hautreizenden Peroxiden gesättigt war. Ihre Haut hatte sich angefühlt, als ob sie während der ganzen Monate in der Basis mit feinkörnigem Sandpapier abgeschmirgelt worden wäre – vor allem, wenn sie so müde war wie jetzt.
    Sie schüttelte den Kopf, um den Staub aus den Haaren zu entfernen, setzte sich eine Fliegerkappe auf und ging in die Kabine, um Viktor zu helfen. Sie erhöhte den Druck im Rover, um die Sauerstoffversorgung zu verbessern, und dann schälte er sich mit ihrer Hilfe aus dem Thermo-Überzug und dem Raumanzug. Ein Blick auf sein Bein bestätigte ihre Vermutung: der Knöchel war verstaucht und schwoll schnell an.
    Von nun an mußte sie nur noch dem Sicherheits-Handbuch folgen: verbinden, Medikamente verabreichen, hoffen, daß er durchhielt.
    »Ich liebe dich, selbst wenn du mit Schmerzmitteln vollgedröhnt bist«, murmelte sie dem schlafenden Kameraden ins Ohr, nachdem sie alles fünfmal kontrolliert hatte.
    Er war beunruhigend schnell weggetreten. Bisher hatte er eine Fassade unerschütterlicher Härte
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