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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars
Autoren: Gregory Benford
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und faßte Viktor bei der Hand. Sie würde es mit dem Moment der Anspannung und so weiter begründen – falls überhaupt jemand es bemerkte. (Oder hatte man es schon vor langer Zeit bemerkt, bevor sie und Viktor sich noch gefunden hatten – und beide für die zweite Besatzung eingeteilt?) »Zündung«, sagte die monotone, nüchterne Stimme, die nun schon seit über einem halben Jahrhundert am Cape ertönte.
    Der riesige weiße Booster, noch größer als die Saturn V, stieg majestätisch auf – und ein gelber Feuerball blähte sich am Triebwerkskranz auf. Die Explosion zerriß die Zuleitungen über den Düsen.
    Das gleißende Gelb stieg an den Seiten empor und hüllte in einem Lidschlag die Nutzlast ein. Der Booster hatte bereits deutlich Schräglage.
    * * *
    Es war ein GAU, der größte anzunehmende Unfall.
    Die Raumfahrt lebte in ständiger Angst davor, zumal es unmöglich war, das Risiko ganz auszuschließen. Es genügte ein defekter Wandpuffer am Hochdruckpunkt. Ein Brennstoff-Rückstau. Eine druckinduzierte chemische Reaktion.
    Die gewaltige, konzentrisch sich ausbreitende Explosion zerstörte den Startturm, Stützgerüste – letztlich den gesamten Startkomplex.
    Die aus sechs Personen bestehende Besatzung versuchte, mit dem Schleudersitz auszusteigen, doch lief der ganze Vorgang selbst für Astronautenreflexe viel zu schnell ab. Sie alle starben einen schnellen, gnädigen Tod.
    Wie auch ein Elektriker, der noch in einer Entfernung von achthundert Metern von einem Metallsplitter tödlich getroffen wurde.
    Julia durchlebte die darauffolgenden Tage der öffentlichen Empörung wie in Trance. Trauerte um Freunde. Ging Fernsehreportern aus dem Weg. Sah, wie das Debakel den Rückhalt der NASA im Kongreß unterminierte. Sie lebte in den Tag hinein, während das graue Leichentuch über ihrem Leben langsam gelüftet wurde.
    Bald forderten die Vollstrecker des Repräsentantenhauses ein noch größeres Opfer als den Booster. Die gesamte Mars-Mission wurde
    ›für die gesamte Dauer suspendiert‹, wie ein altgedienter Politiker sich ausdrückte. Die gesamte Dauer wovon? Anscheinend bis zum Minimalenergie-Fenster, das 2016 sich öffnen würde. Und das nächste Startfenster würde sich dann 2018 auftun. Doch würde das Mars-Programm jemals wieder in Angriff genommen werden, wenn es erst einmal auf Eis gelegt worden war?
    Langsam versank Julia in Depression. Die Aussicht auf eine Teilnahme hatte sie für lange Zeit mit Energie erfüllt. Als diese Hoffnung nun wie eine Seifenblase zerplatzte, stürzte sie in ein tiefes Loch.
    Für sie hatte das ›Prinzip Hoffnung‹ gegolten, seit die USA vor sechs Jahren das Mars-Abkommen geschlossen hatten. Seinerzeit schien es ein brillanter Schachzug zu sein. Die entscheidende Frage mit Blick auf den Mars lautete, wie man dort hinkam, ohne daß das gesamte Bruttosozialprodukt dafür verschleudert wurde. Als Präsident George Bush im Jahr 1989 für den fünfzigsten Jahrestag der Mondlandung eine bemannte Mission zum Mars forderte, erstellte die NASA sogleich einen Kostenvoranschlag: vierhundertfünfzig Milliarden Dollar. Angesichts dieser Preisvorstellung war Bushs Initiative im Kongreß gestorben. Der Preis war aus dem Grund so hoch, weil die NASA und die Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie die Mission mit allen nur erdenklichen Extras ausstatten wollten. Eine erweiterte Raumstation. Eine Mondbasis. Redundanz.
    Multiple Reservesysteme sind ein Garant für Sicherheit – doch je tiefer die Systeme gestaffelt sind, desto höher sind auch die Kosten.
    Die Vierhundertfünfzig-Milliarden-Dollar-Rechnung der NASA hätte die Regierung an den Rand des Ruins gebracht.
    Also wurden innovative Lösungswege beschritten: den wohlhabenden Industrienationen bot sich die Gelegenheit, billig in dieses Abenteuer einzusteigen, indem man ein Preisgeld von dreißig Milliarden Dollar für die erste erfolgreiche bemannte Mars-Expedition auslobte.
    Diese Strategie, welche die europäischen Regierungen für riskante Forschungsreisen schon seit langem nutzten, war im fünfzehnten Jahrhundert erstmals von den Portugiesen angewandt worden. Im Jahre 1911 setzte William Randolph Hearst(Randolph Hearst: Berühmter amerikanischer Zeitungsverleger. – Anm. d. Übers ) ein Preisgeld von fünfzigtausend Dollar für denjenigen aus, der Amerika als Erster in weniger als dreißig Tagen überflog. Fliegen mit Muskelkraft erfuhr einen Popularitätsschub durch den Zweihunderttausend-Dollar-Preis, der im Jahre 1978
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