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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars
Autoren: Gregory Benford
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trug. Vor ein paar Monaten war Marc abgestürzt, als ein Felsvorsprung unter ihm weggebrochen war. Er hatte danach wochenlang gehinkt. Beim Blick nach unten sah sie schlierenartige Verfärbungen des felsigen Schlunds, der sich hinab in die Dunkelheit erstreckte.
    Viktor kniete neben einem Auswuchs. »Eis.«
    »Was? Hier?«
    Wasser auf der Marsoberfläche war unwahrscheinlich. Es würde sofort verdunsten. Doch auf den Felsbrocken nahe des Lochs glitzerte eine hellorangefarbene Schicht. »Fumarole«, sagte Viktor.
    »Denk an die Götter«, sagte sie geistesabwesend.
    »Ich gehe rein«, sagte er und straffte entschlossen das Seil.
    »He, ich bin hier die Biologin. Ich werde erst eine Probe von dieser Schicht nehmen …«
    »Ich habe nichts dagegen. Und weil ich der Kommandant bin, gehe ich.«
    Er seilte sich ab. Er hatte sogar Platz genug, um mit den Füßen Halt zu finden und den Steilhang hinabzusteigen. Sie kniete nieder, kratzte mit einer sterilen Spachtel die Schicht ab und deponierte sie in einem Probenbeutel. Die Probenbeutel gingen ihr allmählich aus, doch nun hatte sie wenigstens …
    »Au!«
    Sie drehte sich um und sah ihn mit einer gravitätischen Langsamkeit abstürzen, die sie niemals vergessen würde.
    »Viktor!« Mit dem Schrei versuchte sie seinen Sturz zu bremsen.
    Knapp unterhalb der Kante hatte Viktor sich während eines angetriebenen Abstiegs mit dem linken Fuß verhakt. Beim Versuch, die Stiefelspitze zu befreien, nutzte er die Körpermasse als Gegengewicht. Es gelang ihm auch, den Fuß zu drehen. »Ah!« Sein zweiter Schrei gellte in Julias Helmlautsprecher, als er durch den Rückstoß gegen die Wand des Lochs prallte. Der rechte Arm schlug gegen die Wand, und eine rote Staubwolke quoll aus dem Loch.
    »Was ist los?«
    Er versuchte, den linken Fuß zu belasten. »Verdammt, tut das weh.«
    Der Staub senkte sich schon wieder herab, als sie sich über Viktors Seil beugte. Die Oberseite des Helms wurde noch immer vom Licht beschienen. »Wie schlimm ist es denn?«
    »Glaube nicht, daß etwas gebrochen ist.«
    »Hoffentlich ist es nur eine Verstauchung.«
    »Ich hatte keinen Halt mit dem Stiefel gefunden. Der Fels ist sehr glatt.«
    »Sieht so aus, als ob das Gestein vereist wäre. Ist wohl aus der Wolke kondensiert.« Sie würde der Sache später auf den Grund gehen.
    Per Fernbedienung betätigte er die Winde und stieg zu ihr empor.
    Sie zog ihn auf den schmalen Sims des Lochs und sagte ihm, er solle liegenbleiben. Sie öffnete den Reißverschluß am Beinabschluß der Thermo-Gamasche und tastete mit beiden Händen vorsichtig den Beinabschluß des darunterliegenden Druckanzugs ab. »Der Anzug scheint aber nicht beschädigt zu sein. Keine Risse. Was ist mit der Selbstheilung?«
    Weil der verdammte Staub sich auf dem Helmvisier niedergeschlagen hatte, sah sie ihn nicht; doch sie wußte, daß er die Anzeigen an der Innenseite des Helms ablesen würde. »Normal.« Seine Stimme klang dünn und angespannt.
    »Gut. Wie fühlst du dich?«
    Er regte sich. »Wie durchgekaut und ausgespuckt«, sagte er stöhnend. »Ich bin fix und fertig. Der Fuß schmerzt wie die Hölle.«
    Beschäftige ihn. Du darfst keinen Schock riskieren. Sie war zwar keine Ärztin, doch rief sie nun das Wissen ab, das sie sich während der einjährigen Sanitätsausbildung angeeignet hatte. »Nun hast du die Quittung für deine Kapriolen bekommen«, sagte sie.
    »Ächz. Ich kann ihn nicht bewegen.«
    Sie runzelte die Stirn und fragte sich, wie schwierig es wäre, ihn zurück zum Rover zu schaffen. Hilfe war über vierzig Kilometer entfernt, und sie fuhr das einzige Fahrzeug mit Druckkabine auf diesem Planeten. Die Missions-Bestimmungen beschränkten den offenen Rover auf einen Aktionsradius von maximal fünfundzwanzig Kilometern, so daß die beiden es aus eigener Kraft schaffen mußten.
    Sie zog in Erwägung, Marc auf der Notfrequenz anzurufen; und sei es nur aus dem Grund, um moralischen Beistand zu erhalten. Nein, konzentriere dich auf Viktor. Im Rover hätte sie noch genug Zeit für die Analyse. Falls es ihr gelang, ihn dorthin zu bringen.
    »Genug gefaulenzt. Hoch mit dir!«
    »Au … in Ordnung.« Seine leicht nuschelnde Stimme beunruhigte sie. Sie waren beide erschöpft, und es bestand die akute Gefahr eines Schocks.
    Umständlich legte sie ihm den linken Arm um die Hüfte, wobei sie sich vorkam wie ein Kind in einem Skianzug. Erfolgte zwischen Personen, die einen Raumanzug trugen, Körperkontakt, mutete das irgendwie irreal an, weil
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