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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott
Autoren: Heinz G. Konsalik
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werden«, sagte Collor de Mello. »Alles anders. Das ist nicht ein Versprechen, das ist ein Schwur.«
    Bei der Landung in Santo Antônio war die Piste mit Fahnen geschmückt. Die Einheiten der Polizei und der Militärpolizei standen in Galauniform auf dem großen Vorplatz, auf dem das Flugzeug ausrollen würde. Ein Kinderchor, geleitet von Schwester Lucia und geschmückt mit Blumen, sollte brasilianische Volkslieder singen, und alle Mitglieder der Mission hatten sich unter einem Festzelt versammelt, das zwischen Hauptgebäude und Hospital aufgebaut worden war.
    Viel hatte sich in Santo Antônio verändert.
    Pater Vincence hatte noch zwei Patres aus Italien als Verstärkung bekommen. Im Hospital arbeiteten drei Ärzte und zusammen mit Schwester Lucia und Schwester Margarida fünf Krankenschwestern. Luigi hatte einen brasilianischen Kollegen als Pfleger bekommen, die Zahl der Handwerker war auf zehn gewachsen, für Luise hatte man ein besonderes Haus gebaut, in dem sie ihr Labor wieder aufgebaut hatte und einen Kollegen beherbergte, einen Anthropologen, der die Kultur der Yanomami erforschte.
    Und das war das Schönste, was Pater Vincence in seinem schweren Leben bisher erlebt hatte: Die von Bilac zerstörte und verbrannte Yanomami-Siedlung war wiederaufgebaut worden. Es gab wieder das große Shabono, es gab wieder die runden oder offenen Malocas; es gab wieder die Maniokfelder und die Bananenplantagen. Im Rio Parima fischten die Indianer, wie es sie Pater Vincence gelehrt hatte. Sie jagten wieder im Regenwald, und aus den Kindern hatte Schwester Lucia einen Chor gebildet, der nun Präsident Collor de Mello empfangen sollte. Aber es war ein anderer Yanomami-Stamm als früher.
    Eine heile Welt? Endlich eine heile Welt inmitten von Habgier und Gewalt?
    Die Polizeitruppen präsentierten, als der Präsident und hinter ihm Dr. Lutzenberger aus dem Flugzeug stiegen, der Kinderchor begann zu singen, und ein Yanomami-Mädchen überreichte Collor einen großen Strauß leuchtender Orchideen, gepflückt gegenüber im Wald. Pater Vincence, in langer, weißer Soutane, begrüßte die Gäste mit beiden Händen. Auf dem Dach der Mission bimmelte die alte Glocke.
    »Ich bin glücklich, Santo Antônio betreten zu können«, sagte der Präsident. »Das ist ein Ort, von dem so viele Impulse ausgingen. Eine Stimme in der Wüste, aber sie wurde trotzdem gehört.«
    »Wir haben viel Leid, aber auch viel Freude erfahren«, antwortete Pater Vincence. »Wir hatten die Kraft dazu durch Gottes Gnade.«
    Collor de Mello blickte hinüber zu den Malocas der Yanomami. Frauen, Kinder und Greise standen vor dem Dorf. Sie hatten gehört, daß der mächtigste Mann Brasiliens kommen sollte, der höchste aller Häuptlinge. Die Männer kümmerten sich nicht darum. Sie waren auf der Jagd, fischten im Fluß oder stellten unter den Palmblätterdächern neue Pfeile und Speere her.
    »Sie sind zurückgekommen?« fragte Collor. Er hatte durch Lutzenberger von der Flucht des Stammes vor Bilacs Mordkommando gehört.
    »Nein. Es ist ein neuer Stamm. Der andere ist im Regenwald verschwunden. – Wir haben nie wieder etwas von ihm gehört.«
    »Und Pater Ernesto?«
    »Verschwunden.«
    »Sofia Lobos?«
    »Verschwunden.«
    »Marco Minho?«
    »Verschwunden.« Pater Vincence faltete die Hände über der Soutane. »Wir werden sie nie wiedersehen, es sei denn, es geschieht ein neues Wunder. Der Regenwald hat sie aufgenommen, sie sind ein Teil von ihm geworden.«
    Allein mit Luise, nicht einmal Lutzenberger war dabei, ging Collor de Mello um das Hospital herum zum Grab von Thomas Binder. Eigenhändig trug er den großen Kranz, den er aus Surucucu mitgebracht hatte. Die Schleife hatte die brasilianischen Farben, und in Gold war darauf gedruckt: Dem stillen Helden – der Präsident.
    Luise und Collor legten gemeinsam den Kranz auf das Grab und ordneten die Schleife. Dann standen sie mit gefalteten Händen und senkten die Köpfe.
    »Ich verspreche Ihnen«, sagte Collor de Mello plötzlich leise und sah auf das Grab, »in vierzehn Tagen werden alle einhundertzehn geheimen Landepisten in den Reservaten der Yanomami gesprengt. Wir werden den Garimpeiros ihre Lebensadern abschneiden. Sie werden ihr Gold nicht mehr abtransportieren können und bekommen keinen Nachschub mehr an Lebensmitteln und Werkzeugen. Wir werden sie aushungern. Das sind keine leeren Worte: Dreißig Tonnen Dynamit liegen bereit, die Pisten zu sprengen. Es wird alles anders werden. Alles! Morgen werde ich es in
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