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Das Phantom im Opernhaus

Das Phantom im Opernhaus

Titel: Das Phantom im Opernhaus
Autoren: Jan Beinßen
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entwickelt hatte. Eine Nachlässigkeit, die auch Katinka unterlaufen war und die um ein Haar ein drittes Menschenleben gekostet hätte. Paul fröstelte bei dieser Vorstellung.
    Der Wissensdurst des Kochs war indes noch immer nicht gestillt: »Was mir partout nicht in den Kopf will: Wieso haben Baumann und Klinger zugelassen, dass die Glossner als Psychologin an der Oper arbeiten durfte? Angesichts des mehr als belasteten Verhältnisses ist das kaum vorstellbar.«
    »Wenn es nach den beiden gegangen wäre, hätte Evelyn Glossner sicherlich nie wieder einen Fuß über die Schwelle des Opernhauses setzten dürfen«, stimmte Katinka zu. »Aber was sollten sie denn dagegen tun? Eine offizielle Beschwerde beim Geschäftsführer einreichen? Wohl kaum, denn sie waren es ja selbst, die etwas zu verbergen und um ihren Job zu bangen hatten, wenn die Sache mit der Vergewaltigung doch noch aufgeflogen wäre. Sie konnten nichts machen, außer der Glossner nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen. Denn für die beiden Männer muss sie die Personifizierung ihres schlechten Gewissens gewesen sein – wenn die zwei so etwas überhaupt hatten.«
    Der Koch nickte nachdenklich, um gleich darauf eine weitere Frage anzubringen: »Wie hat es das mörderische Paar denn geschafft, die beiden Opfer tatsächlich punktgenau in den passenden Kulissen umkommen zu lassen?«
    Katinka teilte ihm ihre Einsichten mit: »Bei Baumann wissen wir inzwischen, dass ihm eine ordentliche Portion Zyankali in einen Becher Kaffee gemischt wurde, den er in der Kulisse der Lucrezia Borgia trank. Dort hatte sich Britta anscheinend mit ihm verabredet, wahrscheinlich unter dem Vorwand, dass sie in der Abgeschiedenheit des Kulissenlagers ungestört seien. Nach allem, was man über Baumann weiß, hat er sich wohl ein abermaliges Techtelmechtel mit Britta erhofft und ist daher gern auf die Verabredung eingegangen. Jedenfalls nippte er an seinem Getränk und war damit verloren. Denn dieses Gift wirkt binnen einer Minute. Britta muss dem sterbenden Baumann den Kaffeebecher noch abgenommen haben, bevor sie den Tatort verließ und sich wieder unters Ensemble mischte. Ähnlich lief es bei Klinger ab: Auch er wurde wahrscheinlich unter einem Vorwand in die Kulissen gelockt. Dort wurde er mit einem Kantholz erschlagen – analog dem Beilmord aus Elektra. Die Holzsplitter, die wir aus seiner Kopfwunde extrahiert haben, führten uns zu der Tatwaffe. Sie lag nur wenige Meter entfernt unter einer Abdeckplane. Das Labor hat nun die Aufgabe, Gewebespuren zu isolieren, die zu Brittas DNA passen. Wir sind da sehr zuversichtlich und werden wahrscheinlich keine Überraschungen mehr erleben.«
    »Das ist ja der Hammer!«, kommentierte Jan-Patrick beeindruckt. »Dramatischer als jede Oper!«
    »Das kann man wohl sagen«, meinte auch Katinka und lachte, als wäre sie soeben eine große Last losgeworden. »Ich bin mehr als froh, dass damit die Spielzeit des Phantoms im Opernhaus beendet ist.«
    Paul ließ sich von ihrem befreiten Lachen anstecken. Doch dann wurde er noch einmal ernst, als er andeutete: »Trotzdem bleiben viele Fragen offen …«
    »Zum Beispiel?« Katinka sah ihn mit einer Spur Misstrauen an. Ihre Augen schienen zu sagen: Hast du denn immer noch nicht genug?
    »Zum Beispiel die Sache mit Irenas Halstuch. Wie ist es an den zweiten Tatort gelangt? Wollte ihr die Glossner damit gezielt etwas anhängen, um von sich und Britta abzulenken?«
    Katinka schenkte ihm ein gnädiges Lächeln. »Das wissen wir nicht. Noch nicht. Doch ich kann mir gut vorstellen, dass es ein Ablenkungsmanöver war, ausgeführt entweder von der Glossner selbst oder eben auch von Britta. Insofern liegst du mit deiner Vermutung wohl richtig.«
    »Und dann die Bezichtigungen von Chefbeleuchter Glück«, schloss Paul die nächste Frage an. »Was ist mit seinen Beobachtungen und dem Verdacht gegen Paula Dorfner? Alles nur Einbildung?«
    Katinka wirkte etwas verkniffen, als sie antwortete: »Da sprichst du zwei Namen an, die mir nicht behagen. Diesen Glück halte ich für einen Wichtigtuer und gebe nicht viel auf seine Worte. Die Maskenbildnerin wiederum ist schwer einzuordnen. Sie ist scharfzüngig und wirkt auf mich sehr verbittert. Sie hat eine zweifelhafte, frömmlerische Art und ist offenbar hin- und hergerissen in ihrem Verlangen, anderen Menschen zu helfen oder ihnen zu schaden. Insgesamt gesehen ist sie für diesen Fall nicht wichtig, und ich möchte meinen Kontakt mit ihr auf das Nötigste beschränken.
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