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Das Phantom im Opernhaus

Das Phantom im Opernhaus

Titel: Das Phantom im Opernhaus
Autoren: Jan Beinßen
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später am Abend dran, richtig, im zweiten Programmblock?«, fragte Paul wenig interessiert.
    »Ja. Deswegen habe ich sie noch in ihrer Garderobe vermutet. Aber dort war sie nicht.«
    »Mag ja sein«, meinte Paul kurz angebunden. »Aber das muss nichts heißen. Vielleicht ist sie nur mal aufs Klo gegangen. Lass mich bitte weiter arbeiten.«
    Hannah hielt ihm ein Tablettenröhrchen unter die Nase. Es war zur Hälfte geleert.
    »Hast du das aus ihrer Garderobe?«, fragte er entgeistert.
    »Ja«, bestätigte Hannah.
    Paul mahlte unruhig mit den Zähnen, war jedoch noch nicht bereit, in Hannahs Besorgnis einzustimmen. Beschwichtigend meinte er: »Das haben Pillenfläschchen nun mal so an sich, dass sie irgendwann halb leer sind. Daraus folgt nicht, dass Britta all diese Pillen heute Abend genommen hat. Warum sollte sie auch? Sie hat doch beim Opernball noch ihren großen Auftritt, eine tolle Sache für eine junge Sängerin.«
    Hannah sah ihn missmutig an »Ich kenne mich mit dem Zeug nicht besonders aus, aber der Beipackzettel verheißt nichts Gutes. Wenn Britta die aber doch alle auf einmal geschluckt hat, muss sie jetzt völlig zugedröhnt sein.« Auch wenn es Paul nicht wahrhaben wollte: Hannah sorgte sich um ihre neue Freundin. »Vielleicht hat sie das Lampenfieber nicht verkraftet und verkriecht sich irgendwo. Jedenfalls glaube ich, sie braucht Hilfe.«
    »Auch das noch!«, stieß Paul verärgert aus. »Sind die denn hier alle bekloppt?« Er schaute sich noch einmal im Publikum um. Evelyn Glossner stand inmitten der Menschen und starrte auf die Bühne. Paul erkannte den Hass in ihren Augen. Doch der Ring ihrer Aufpasser schloss sich eng um sie. Von ihr ging momentan keine Gefahr aus, denn in ihrer Lage konnte sie nichts mehr anrichten.
    »Was machen wir also?«, wollte Hannah wissen.
    »Sie suchen!«, bestimmte Paul und legte seinen Fotoapparat beiseite.
     
    Keine Minute später hetzten sie durch die Flure hinter der Bühne, klapperten jede einzelne Garderobe ab und befragten jeden, der ihnen über den Weg lief. Ohne Ergebnis: Niemand hatte Britta gesehen.
    »Das kann doch alles nicht wahr sein!«, schimpfte Paul. »Erst verschwindet Paula Dorfner und taucht unversehens wieder auf. Dann bist du nicht mehr aufzufinden, und jetzt ist Britta wie vom Erdboden verschluckt. Zu allem Überfluss treibt sich eine Mehrfachmörderin mitten im Publikum herum. Wenn es nach mir ginge, würde ich die komplette Oper von der Polizei evakuieren lassen und diese ganze verrückte Truppe mit ins Präsidium nehmen!«
    »Da bin ich aber froh, dass nicht du solche Entscheidungen triffst, sondern Mama. Ich glaube, du würdest dir einen ganz schönen Ärger einhandeln mit so einer Massenverhaftung«, dämpfte Hannah seinen Brass. »Ich denke, dir fehlt der Überblick.«
    Paul wollte widersprechen, hielt dann aber inne: »Überblick? Sagtest du Überblick?«
    »Ja.«
    Paul fackelte nicht lang, schnappte Hannah an einem Zipfel ihres Kleides und eilte zurück zur Bühne. Sie rannten geradewegs auf die vom Publikum abgewandte Leiter neben den Prospektzügen zu.
    »Was hast du vor?«, fragte Hannah mit bangem Blick nach oben. Im Hintergrund strebte Irena dem Höhepunkt der Arie entgegen und gab dabei ihr Bestes.
    »Ich werde zu Hans raufklettern. Der ist jetzt bestimmt in der Stellwarte. Von dort lassen sich die Bühne, der Zuschauerraum und die Ränge überblicken. Wenn sie nicht mehr in der Garderobe ist, kann sie sich ja nur dort zwischen den Leuten aufhalten. Irgendwo werde ich Britta sicher entdecken!«
    Hannah in ihrem langen Kleid folgte Paul zaghaft die dünnen Sprossen hinauf bis zur Arbeitsgalerie. Über den schmalen, fast vollständig im Dunkeln liegenden Steg erreichten sie die Stellwarte, die wie die Kommandozentrale eines Raumschiffs über dem Geschehen schwebte. Paul und Hannah betraten den mit Steuerpulten ausgefüllten Glaskasten, wo sie den Chefbeleuchter hochkonzentriert über die Lichtstellanlage gebeugt vorfanden.
    »Lass dich nicht stören«, sagte Paul leise und trat nach vorn an die abgeschrägte Glasfront. Die Aussicht war grandios und der Überblick noch besser als erwartet. Sofort begann Paul, die Menschenmenge zu seinen Füßen nach Britta abzusuchen. Zunächst aber sah er Evelyn Glossner, die noch immer unbewegt vor der Bühne stand und deren Blick auf Irena fixiert war. Zwei kräftige Männer im Smoking standen unmittelbar hinter ihr. Paul ahnte, dass sie Pistolenhalfter unter ihren Smokingjacken trugen.
    Er suchte
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