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Das nasse Grab

Das nasse Grab

Titel: Das nasse Grab
Autoren: Horst Hoffmann
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Streich gegen ein sich herabsenkendes Ungeheuer, packte Scida und kletterte mit ihr in den Schlund.
    »Weiter!« schrie er, als er Gerrek wieder zeternd und bebend vor sich stehen sah. »Wir sind noch nicht in Sicherheit! Wir müssen tiefer hinein!«
    Tatsächlich führte vor ihnen ein Gang in die Tiefe, breit und hoch genug, um auch Gerrek aufzunehmen.
    »Sicherheit!« rief dieser. »Oh, Honga! Hättest du gesehen, was ich…«
    »Jammere nicht!« Scida stieß den Beuteldrachen vor sich her. Peitschenschwingen schlugen in den Mund der Statue, aber sie zerrissen den Stein nicht, aus dem sie gehauen war. Fast schien es, als hielte sie etwas davon ab.
    Unsinn! dachte Mythor. Er sah, wie noch einige Ausgestoßene zwischen den Ruinen herumirrten, und rief ihnen zu, daß sie zu ihm und den Gefährten kommen sollten.
    Sie hörten ihn nicht, schrien in Todesangst und stoben auseinander. Sie mit Gewalt zu holen, hieß, den sicheren Tod wählen.
    »Komm!« rief Scida. »Komm doch!«
    Mythor wirbelte herum und kletterte in den Gang, der steil nach unten führte. Gerrek klagte und beschwerte sich bitterlich, doch er lief weiter bis kein Licht von oben mehr in den Stollen fiel und dieser sich zu einer Höhle erweiterte, in der alle vier Platz fanden.
    Es war nicht völlig dunkel. Alton leuchtete, doch auch das Gläserne Schwert war es nicht allein, das die fahle Helligkeit spendete. Die Steinwände der Höhle waren von feinen Erzardern durchzogen, die grünlich schimmerten. Es war feucht hier unten, gut zwanzig Schritte unterhalb des Statuenkopfes. Ebenfalls matt leuchtendes, klebriges Moos bedeckte den Boden. Die Höhle besaß außer dem Ausgang, der wieder zurück nach oben führte, noch zwei weitere. Die hinter ihnen liegenden Gänge und mögliche weitere Höhlen mußten in Felsgestein enden. Gäbe es eine Öffnung zum Meer hin, so würde diese Zuflucht jetzt unter Wasser stehen.
    Mythor irrte sich, doch das sollte er früh genug erkennen.
    Die Gefährten lauschten. Selbst hier waren die Erschütterungen vom Zerstörungswerk der Entersegler noch zu spüren. Kleine Steine rieselten von der Decke herab.
    »Sie sind riesig.«, flüsterte Scida. »Noch nie sah ich so große Entersegler!«
    »Ich würde mir an deiner Stelle Gedanken darüber machen, was wir tun, wenn über uns alles einstürzt«, sagte Kalisse.
    Aber es kam nicht dazu. Die Schreie der Inselbewohner verstummten. Kurz darauf hörten die Erschütterungen auf.
    »Sie ziehen ab«, sagte Mythor. »So schnell, wie sie gekommen sind.«
    »Dann sollte uns nichts mehr hier unten halten«, rief Gerrek aus. »Kommt schnell! Laßt uns aus der Statue herausklettern!«
    »Warte.«
    Mythor ging zu einem der tiefer hinabführenden Stollen und lauschte hinein.
    »Das Geschrei«, sagte er gedehnt. »Das Geheul wie von Dämonen. Es kam aus dem Götzenbild.«
    »Ja«, sagte Gerrek schnell. »Und ich habe etwas gesehen, daß sich darin bewegte. Das war kein Mensch und kein Meeresbewohner!«
    »Dann konntest du es erkennen?«
    »Nein, eben nicht! Aber es war furchtbar!«
    »Auf jeden Fall ist das Geheul verstummt. Ich will wissen, von wem es kam.«
    Gerrek schnappte nach Luft. Scida schüttelte heftig den Kopf.
    »Das meinst du doch nicht im Ernst?« fragte der Beuteldrache. Er stöhnte und gab sich selbst die Antwort: »Oh, doch, du meinst es im Ernst. Einer wie du meint immer, was er sagt, und wenn es noch so verrückt ist!«
    »Honga«, sagte Scida. »Was hoffst du zu finden? Willst du uns jetzt nicht sagen, warum du zuließt, daß die Verbannten uns in den Tempel brachten?«
    »Später, Scida. Erst muß ich selbst Gewißheit haben. Ich steige weiter hinab. Gerrek, du gehst besser zurück, bevor du uns…«
    »Ich soll euch im Stich lassen?« entfuhr es dem Mandaler. »Oh, grausames Schicksal, das einem armen Jüngling wie mir beschert wurde! Wäre ich dir nie begegnet und hätte ich nicht ein so weiches Herz! Was denkt ihr von mir? Ohne mich seid ihr verloren! Geht hinein in die Finsternis, wenn ihr glaubt, das Schicksal herausfordern zu müssen. Ich werde euch beschützen, mit meinem feurigen Atem alles Dämonenwerk verbrennen, das sich euch in den Weg stellt! Und später einmal wird jemand die Taten des schönsten und tapfersten Beuteldrachen der Welt besingen!«
    »Ein Glück für die Welt, daß ein gewisser Lamir dir nie begegnet ist«, seufzte Mythor. Er grinste schwach, um dann schlagartig ernst zu werden.
    Ohne sich noch einmal umzusehen, schritt er in den Gang hinein. Alton
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