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Das nasse Grab

Das nasse Grab

Titel: Das nasse Grab
Autoren: Horst Hoffmann
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leuchtete ihm.
    Der Gang war nur kurz. Andere schlossen sich an. Ein wahres Labyrinth aus feuchten Stollen durchzog den Fels unter der Statue.
    »Und nun?« fragte Kalisse, als die Gefährten eine zweite Höhle erreichten, von der gleich vier Gänge abzweigten. »Wie geht es weiter?«
    Mythor brauchte nicht zu antworten. Plötzlich hörten sie wieder das unheimliche Heulen und Schreien, das von den Wänden widerhallte und die Ohren marterte.
    Das Klagen einer hungrigen Dämonenbrut…
    Es schien überall zu sein. Mythor kämpfte den Drang nieder, auf der Stelle ans Tageslicht zurück zu fliehen, und lauschte in einen Gang nach dem anderen hinein.
    Beim dritten blieb er stehen und deutete mit dem Schwert in die Dunkelheit.
    »Dort hinunter!« sagte er.
    Im gleichen Augenblick erstarben die grauenhaften Laute wieder.
    Es war, als hätten jene, die sie ausgestoßen hatten, nur darauf gewartet, daß Mythor und seine Begleiter den Weg fortsetzten.
    Sie gelangten in eine dritte Höhle, die jedoch ungleich größer war als die beiden bisher gesehenen. Und ihre Wände waren behauen worden, an einigen Stellen völlig glatt und mit eingemeißelten Zeichen versehen, die so verwittert waren, daß man nicht mehr erkennen konnte, was sie einst hatten darstellen sollen.
    Der Fels leuchtete hier noch stärker. Im grünlichen Dämmerlicht war in der Mitte der Höhle eine weitere kleine Statue der Anemona zu sehen.
    Alles war still. Das Tropfen von Wasser irgendwo in diesem Labyrinth war nun der einzige Laut außer dem schweren Atmen der Gefährten.
    »Ein kleiner Tempel«, flüsterte Scida. »Das muß eine Stätte gewesen sein, die den Meeresbewohnern gehörte. Honga, wir sollten…«
    Mythor winkte schnell ab.
    Da war es wieder, das Gefühl, einer unbekannten, furchtbaren Gefahr ganz nahe zu sein.
    Mythor wirbelte herum. Etwas sagte ihm, daß die Gefahr hinter ihm war, in seinem Rücken.
    Und er sah sie. Er sah das Geschöpf, das ihn aus zwei glühenden Augen anstarrte. Kaum größer als eine menschliche Hand war es, doch selbst im Halbdunkel war seine Gestalt ganz deutlich zu erkennen.
    Und es gab nur eine Kreatur auf der Welt, die ebenfalls diese Gestalt besaß.
    Scida sah Mythors Blick, drehte sich ebenfalls um und erstarrte.
    »Aber das ist…!«
    »Yacub«, flüsterte Mythor fassungslos.
*
    Es war nicht der Steinerne selbst, der auf der Schwimmenden Stadt Gondaha unter dem beschwörenden Gesang und im Kreis der Hexe Jewa, der ehemaligen Feuergöttin Ramoa und der Amazonen der Scida zu schrecklichem Leben erwacht war und eine Spur der Vernichtung hinter sich gezogen hatte, bevor er sich Burra anschloß, mit ihr Jagd auf Mythors Gruppe machte und schließlich selbst von Gavanque fliehen mußte. Es war nicht ein durch Zauberwerk zu dieser Größe geschrumpfter Yacubus.
    Doch es war auch keine Statue, kein winziges Ebenbild Yacubs, gefertigt von den Händen eines menschlichen Wesens, das dem Riesen aus dem Schattenreich verfallen war.
    Was dort auf einem hüfthohen Felsvorsprung stand und mit seinen winzigen vier Armchen durch die Luft ruderte, lebte. Es war wie Yacub – und es war wild und blutrünstig wie Yacub.
    Mythor merkte es, als es ihn ansprang. Noch hatte er seiner Überraschung nicht Herr werden können. Er sah die glühenden Augen aufleuchten, sah, wie die Muskeln der winzigen Beine sich spannten, und hörte wieder das unmenschliche Geheul.
    Es war stärker denn je. Es schien die vier hinwegfegen zu wollen, die es gewagt hatten, sich an diese Stätte zu begeben. Es bohrte sich in Mythors Geist, und als die kleine Bestie sprang, sah er für einen kurzen Augenblick den wirklichen Yacub vor sich.
    Mythor schrie auf und traf den Winzling mitten im Sprung mit der flachen Klinge. Er wollte ihn nicht töten, doch etwas sagte ihm, daß er ihn nicht an sich heranlassen durfte, unter gar keinen Umständen.
    Das Geschöpf wurde von Alton gegen den Felsen geschleudert und stürzte an der Wand herab zu Boden. Entsetzt wichen Gerrek und die Amazonen zurück, als es sich aufrappelte und angriff.
    Ein furchtbarer Verdacht kam dem Sohn des Kometen. Dieses kleine Yacub-Geschöpf war nicht nur ebenso wild und kampfeslüstern wie der richtige Yacub – es schien sogar schon etwas von dessen Zähigkeit zu haben.
    Gab es hier unten noch mehr davon? War dies ein ganzes Nest? Wuchs hier die Brut des Steinernen heran?
    Hatte Yacub sich hierher geflüchtet – ins Nasse Grab?
    All diese Fragen strömten auf Mythor ein, als das winzige Etwas
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