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Das nasse Grab

Das nasse Grab

Titel: Das nasse Grab
Autoren: Horst Hoffmann
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Gewässer kreuzen. Es gibt zu viele Untiefen und andere lauernde Gefahren für ein großes Schiff.«
    »Aber wir können mit den Ballonen fliegen«, wandte Gorma ein.
    »Es ist besser, wenn wir sie zu Tertish zurückschicken. Eine von uns muß ihr berichten, wohin wir aufbrechen. Sollten wir nicht bis zum Ende dieses Tages zur Sturmbrecher zurückgekehrt sein, so kann Tertish uns mit den Ballonen Hilfe schicken.«
    Die Amazonen sahen dies ein. Gorma bestimmte eine aus ihrer Mitte, zu den bei den Ballonen Wartenden zu laufen und Tertish die Botschaft zu übermitteln.
    Die anderen setzten sich zum Strand in Bewegung, wo das Meer sich bereits anschickte, den Küstenstreifen zurückzuerobern. Die Flut würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Dann mußten die Boote weit draußen im Wasser sein.
    Bei der letzten Hütte blieb Artiki stehen.
    »Wartet!« rief sie den Kriegerinnen zu. »Ihr solltet euch mit Fischtran einreiben, bevor ihr in die Boote steigt.«
    »Damit wir alle so stinken wie du?«
    »Glaubt mir, es ist besser für uns alle. Wenn ihr den Geruch der Inselbewohner annehmt, werden die Tritonen euch schützen.«
    »Wovor?« fragte Gudun.
    »Vor dem, das seit kurzem die Inseln bedroht. Stellt keine Fragen!«
    Artiki verschwand in der Hütte und kehrte mit einem Bottich zurück. Sie trug schwer daran und stellte ihn vor Sosonas Füßen ab.
    »Reibt euch damit ein«, sagte sie und tauchte die Hände in die übelriechende, ölige Masse.
    »Tut, was sie sagt«, forderte Sosona. »Es kann nicht schaden.«
    Widerwillig befolgten die Amazonen ihren Rat. Sie schnitten Grimassen und schüttelten sich angewidert. Schließlich aber glänzten ihre Rüstungen und die freien Körperstellen vom Tran, und nach einer Weile gewöhnten sie sich fast schon an den Geruch.
    Sie erreichten die drei Boote und hoben sie von den Böcken, trugen sie bis zum Wasser und kippten sie um. Eilends holten sie die Ruder, legten sie in die dafür vorgesehenen Vertiefungen und schnallten sie mit ledernen Riemen fest.
    Sie stießen die Boote ins Wasser und sprangen hinein. Niemand folgte ihnen. Kein Ausgestoßener war zwischen den Häusern und Hütten zu sehen. Wieder wirkte die Stille wie die Ruhe vor dem alles vernichtenden Sturm.
    Die Amazonen legten sich hart in die Riemen. Das Wasser war klar, und sie hatten sich noch nicht weit von der Insel entfernt, als Gorma einen spitzen Schrei ausstieß.
    »Dort unten!« rief sie, sprang auf und deutete mit der Hand ins Wasser. »Seht ihr das?«
    Sosona beugte sich über den Rand des Bootes, der, wie das Gerüst, aus Fischknochen bestand, über die Fischhäute gespannt waren, und nickte.
    »Ptaath«, sagte sie fast andächtig. »Nicht wahr, Artiki?«
    »Ptaath«, bestätigte die Verfemte, »die Versunkene Stadt und das Reich der Tritonen…«

7.
    Der rauschende, peitschende und schlagende Tod kam über die vor Entsetzen erstarrten Götzendiener, ehe auch nur einer von ihnen in der Lage war, zu schreien.
    Dann aber kam Bewegung in die grünhäutigen Gestalten. Mythor, selbst vor Schreck wie gelähmt, sah, wie sich Männer und Frauen die Hände vor die Gesichter rissen und verzweifelt mit den Fackeln nach den herabstürzenden Schatten schlugen. Einige warfen sich zwischen die Steinbänke und versuchten, die Köpfe mit ihren Armen zu schützen. Andere rannten brüllend aus der Ruine heraus und suchten ihr Heil in der Flucht. Wieder andere sanken zu Boden, getroffen von den fürchterlichen Schwingen der Entersegler, die Breschen in die Steinmauern schlugen und alles zertrümmerten, was in ihrer Reichweite war.
    Für viele Inselbewohner war es bereits zu spät.
    Mythor gewann seine Fassung zurück. Für einige Herzschläge fühlte er sich hin und her gerissen. Er wollte den Menschen helfen, denen er eben noch im Kampf gegenübergestanden hatte. Aber es gab keine Rettung vor den riesigen Kreaturen, die den Himmel verdunkelten.
    Keine Zuflucht – außer einer einzigen…
    »In das Götzenbild!« schrie er. Alton klagte und stieß nach den herabzuckenden Peitschenschwingen eines Enterseglers. »Schnell!«
    »Bist du wahnsinnig?« rief Kalisse.
    Eine Peitschenschwinge, die nur wenige Handbreit neben ihr die Bodenplatten zersplitterte, belehrte sie schnell eines Besseren. Mythor stieß Gerrek, der mit ausgestreckten Händen vor der Statue zurückwich, direkt in deren weit offenes Maul hinein. Der Mandaler stolperte und fand den weiteren Weg allein. Kalisse war schon hinter ihm. Mythor führte einen letzten
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