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Das nasse Grab

Das nasse Grab

Titel: Das nasse Grab
Autoren: Horst Hoffmann
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über den Felsboden auf ihn zustürmte. Bevor Mythor den rechten Fuß wegziehen konnte, war es heran. Im nächsten Augenblick fühlte er einen stechenden Schmerz in der Zehe. Er reagierte instinktiv. Alton zuckte herab und befreite ihn mit einem Streich von seinem Peiniger. Die Augen des Wesens waren erloschen. Schnell lehnte sich Mythor gegen den Fels und betrachtete seinen Fuß. Das Echsenmaul hatte die Haut kaum mehr als geritzt.
    Scida war bei ihm und fand keine Worte.
    »Yacub!« preßte Mythor hervor. »Er muß hier sein! Selbst die Finsternis gebiert eine solche Bestie kein zweitesmal! Wenn er hierherkam, um seine Brut…«
    Er vermochte nicht auszusprechen, was er vor seinem geistigen Auge sah. Es war eine Vision des Schreckens. Hunderte von Yacubs überschwemmten die Inseln, die Kontinente und die Städte der Lichtwelt, Wälzten alles nieder, das sich ihnen in den Weg stellte – eine furchtbare, unaufhaltsame Armee der Finsternis.
    »Dort!« schrie Gerrek. »Da sind noch andere!«
    Sie kamen aus einer Felsspalte hervor, vier, fünf kleine Bestien, keine davon größer als die tot am Boden liegende. Wieder hob das Geheul und Gekreische an, und diesmal wußten die Gefährten, woher es kam.
    »Sie stecken in der Spalte!« schrie Gerrek. »Ich werde sie mit meinem Feuer auslöschen!«
    »Dann tu es und rede nicht soviel!« rief Kalisse. »Achtung, sie greifen an!«
    Mythor zögerte wieder – und wieder fast zu lange. Die Winzlinge sprangen. Wie von Katapulten abgefeuert, schossen sie durch die Luft und landeten auf Gerrek und den Amazonen. Mythor konnte dem, der es auf ihn abgesehen hatte, um Haaresbreite ausweichen.
    Scida und Kalisse befreiten sich gegenseitig von den kleinen Bestien. Gerrek begann auf einem Bein zu tanzen und wild mit den Armen zu rudern, als sich sein Gegner ausgerechnet in seine Drachenschnauze verbissen hatte. Aus purer Verzweiflung spuckte er wirklich Feuer, in dem das Geschöpf verging.
    »Wartet!« schrie er. »Oh, wartet nur!«
    Als ob er sein Feuer viel zu lange hätte einhalten müssen, stürmte er auf die Mauerspalte zu, aus der sich gerade weitere kleine Yacubs schoben. Hinter diesen glühten rote Augenpaare. Mit einem einzigen Feuerstoß machte der Mandaler dem dämonischen Leben ein Ende. Gerrek spie Feuer, bis er sich völlig verausgabt hatte.
    »In dieser Nische lebt nichts mehr«, stellte Scida erleichtert fest. »Bei Fronja! Du hast es gewußt, Honga. Du wußtest von diesem schrecklichen Geheimnis.«
    Mythor wehrte ab.
    »Ich ahnte, daß von hier Gefahr drohte, nicht mehr, Scida. Aber daß wir dies finden würden!« Er schüttelte den Kopf und biß die Zähne zusammen, als sein Zeh beim Auftreten noch schmerzte. Gerrek jammerte und betastete vorsichtig sein Maul.
    Kalisse schrie auf und streckte die Eisenfaust weit von sich.
    Ein letzter kleiner Yacub hatte sich darin verbissen und starb.
    »Yacubs Brut«, flüsterte Scida. »Nur so kann es sein. Darum also floh er von Gavanque. Darum fielen die Entersegler über uns und die Götzendiener her. Sie kamen mit Yacub nach Vanga, und sie zogen mit ihm hierher, um…«
    »… seine Brut zu beschützen«, vollendete Mythor. »Yacub floh mit ihnen ins Nasse Grab, wo er sich vor seinen Feinden in Sicherheit wähnte. Die Zeit mußte für ihn gekommen sein, seine Nachkommenschaft in die Welt zu setzen. Hier wollte er warten, bis sie herangewachsen war und er mit ihr über die Bewohner Vangas herfallen konnte. Die Entersegler, so furchtbar sie auch unter den Menschen gewütet haben, waren nur dazu da, um diese Dämonenbrut zu beschützen.«
    »Dann ist dies also Yacubs wahre Bestimmung«, flüsterte Scida erschüttert. »Die Dämonen schickten ihn nach Vanga, wo er zur rechten Zeit Hunderte, vielleicht Tausende von Yacubs zur Welt bringen sollte.«
    »Die Große Plage«, sagte Mythor grimmig. »Vielleicht ist dies also die Große Plage, die Fronja in ihren Träumen ankündigte.«
    »Aber dann muß es weitere solcher Nester geben«, rief Kalisse. »Vielleicht sogar noch in diesem Labyrinth! Laßt uns keine Zeit verlieren und sie suchen. Niemand kann ermessen, wie schnell diese kleinen Bestien heranwachsen!«
    »Bestien!« jammerte Gerrek. »Ungeheuer! Was ist aus meinem Antlitz geworden!« Wieder betastete er die Stelle seines Drachenmauls, in die sich der Yacub-Sproß festgebissen hatte.
    »Deine Sorgen möchte ich haben«, sagte Scida wütend. »Kommt, Kalisse hat recht!«
    Mythor nickte grimmig. Einen Augenblick betrachtete er seine
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