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Verbotene Fruechte schmecken besser

Verbotene Fruechte schmecken besser

Titel: Verbotene Fruechte schmecken besser
Autoren: Nik S. Martin
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    Es hat alles angefangen, als ich noch ein Kind war. Schon früh wurde mir eingebläut, mit wem ich mich abzugeben hatte, und mit wem nicht. Ich bin schließlich nicht irgendwer, sondern ein Kraus. Christian Kraus, um genau zu sein. Seit vier Generationen ist meine Familie im Besitz eines Weinguts, dass sich zu einem gut gehenden Unternehmen entwickelt hat. Das Anwesen unserer Familie befindet sich außerhalb eines idyllisch gelegenen Weinortes. Wir sind jedoch nicht die einzige Familie im Ort, die hervorragenden und weltweit bekannten Wein abfüllt. Zu Zeiten, als mein Großvater noch ein junger Mann war, wurde ein kleines Gut im Ort von einem italienischen Gastarbeiter aufgekauft und aufgebaut. Inzwischen ist das Weingut Conti ein ebenso renommiertes Haus, wie das unsere. Damit aber auch ein erbitterter Konkurrent. Mein Großvater und Paolo Conti hatten sich wegen einer Rebsorte zerstritten und seitdem sind unsere Familien nicht nur Konkurrenten, sondern Feinde.
    Mit der Zeit stiegen Qualität und Anspruch immer höher, sodass ich von Anfang an in etwas hineinwuchs, dass mit meinen persönlichen Wünschen nichts gemein hatte. Als Erstgeborener war es keine Frage, dass die Leitung des Weinguts an mich übergehen würde. Etikette wurde bei uns zu Hause groß geschrieben.
     
    Während der Grundschule war es noch nicht sonderlich bedeutend, mit wem ich spielte. Mit dem Übergang auf das Gymnasium änderte sich alles. Sehr zum Entsetzen meiner Eltern kam Enrico Conti mit mir in eine Klasse. Enricos Vater, Giacomo, erhob ebenso schnell wie mein Vater Einspruch. Doch die Schulleitung war weder interessiert an dem Zerwürfnis unserer Familien noch war sie bereit, die Klasseneinteilung zu ändern. Den Satz, den der Oberstudienrat damals sagte, vergesse ich nie: Herr Kraus, das Leben ist kein Wunschkonzert!
    So kam es, dass Enrico und ich in einer Klasse saßen und von zu Hause aus die Anweisung hatten, nicht mal ein Wort miteinander zu wechseln. Unvorstellbar! Wir wussten, wir dürfen nicht befreundet sein, arbeiteten aber zusammen und hatten mehrfach gemeinsame Projekte. Für unsere Lehrer zählte nur die Leistung und nicht die Unstimmigkeiten unserer Elternhäuser. Uns selbst war dieser blöde Familienstreit schon im Alter von elf Jahren zu dumm und vor allem verstanden wir ihn nicht. So war es nicht weiter verwunderlich, dass wir entgegen aller Verbote Freunde wurden.
     
    Bis zur elften Klasse funktionierte unsere verbotene Freundschaft bestens. Mit allen Tricks schafften wir es, uns auch nach Schulschluss zu treffen, miteinander zu lernen und heimlich die ersten Zigaretten zu rauchen. Wein war bei vielen dieser Gelegenheiten mit von der Partie – unetikettierter Hauswein stand uns schließlich genügend zur Verfügung.
    Die Veränderung war schleichend gekommen, doch irgendwann musste ich mir eingestehen, dass ich für Enrico mehr empfand, als reine Freundschaft. Der dunkelhaarige Junge war zu einem ansehnlichen Kerl gereift, so wie ich auch. Wir waren beide sportlich, hochgewachsen und keine Kinder mehr. Als ich bemerkte, dass ich ihn zu oft ansah; mir sein Lachen gefiel, ich den Blick seiner haselnussbraunen Augen mochte und den sanft geschwungenen Mund anstarrte, wusste ich, dass ich ein Problem hatte. Nicht im wirklichen Sinne – doch ich würde niemals zugeben dürfen, dass ich so empfand. Als die verwirrenden Gefühle das erste Mal auftauchten, vergrub ich sie noch tief in mir. Doch irgendwann ließen sie sich nicht mehr verdrängen. Ich bekam Herzklopfen wenn ich Enrico sah, freute mich auf jede Begegnung mit ihm. Die Bemühungen, mich zu beherrschen, damit meine Körpersprache nicht verriet, wie ich fühlte, schienen zu funktionieren. Zumindest hat Enrico nie etwas gesagt.
    Meine Eltern, die mir und meiner Schwester Perfektion vorlebten, würden nie akzeptieren, dass ich anders war, als andere Jungs. Für mich stand jedoch fest, ein Mädchen wäre nichts für mich. Die Erkenntnis, dass ich mich in einen Jungen verliebt hatte, brachte mich Anfangs durcheinander. Dann aber kam der Punkt, an dem ich einsah, dass ich es vor mir selbst nicht leugnen könnte. Die Erklärung, warum mich nie eines der Mädchen interessiert hatte, die mich anhimmelten, war gefunden. Ohne Zweifel blieb die Erkenntnis, dass ich schwul bin.
     
    Die stetigen Fragen meiner Eltern, ob ich nicht mal mit Elena ausgehen wollte oder was Elena denn machte, ließen mich innerlich kochen. Elena ging wie Enrico ebenfalls in meine Klasse. Sie
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