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Verbotene Fruechte schmecken besser

Verbotene Fruechte schmecken besser

Titel: Verbotene Fruechte schmecken besser
Autoren: Nik S. Martin
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wegschleichen musste. Dass niemand etwas bemerkte, war nur unserer Selbstbeherrschung zuzuschreiben. Die brachte ich nur noch auf, weil ich wusste, das Versteckspiel würde bald ein Ende haben. Eines, das vermutlich knüppeldick kam. Nicht für uns, aber für alle anderen. Unsere Pläne waren so weitreichend, dass wir mit Sack und Pack verschwinden würden, sollten sich unsere Eltern nicht mit der Realität abfinden wollen. Ich hatte eine Tasche mit allem gepackt, was ich für nötig hielt, und sie im Schrank versteckt. Rico hatte ebenfalls vorgesorgt.
     
    Die Kälte des Winters ging, der Frühling kam. An der kalten Atmosphäre zu Hause änderte sich nichts. Mein Vater war nachtragend und verzieh mir nicht, dass ich seine Bemühungen mit Füßen trat. Ich hatte ihn nicht darum gebeten, mir einen Platz an dieser Uni zu besorgen, weshalb mir seine Laune ziemlich egal war. Ich zählte die Tage bis zum Abschluss. Der Moment, an dem sich zeigen würde, wie die Zukunft für Rico und mich aussah. Kathi bibberte, sie hatte Angst davor, dass ich gehen würde. Denn dann würde die Bürde, das Gut einmal übernehmen zu müssen, auf sie fallen. Das allein war nicht weiter schlimm, doch sie würde ohne mich auskommen müssen. Schon die Vorstellung verursachte bei ihr Bauchschmerzen.
    Meine Stimmung schwankte. Es gab Tage, das war ich durchaus optimistisch. An anderen war ich mir hingegen sicher, dass unsere zerstrittenen Elternhäuser nicht akzeptieren würden, dass ihre Söhne einander liebten.
    Als der große Tag unausweichlich näher rückte, machte sich noch mehr Aufregung in mir breit. Ich konnte nichts mehr essen und rauchte zu viel. Ein Punkt, der meiner Mutter nicht gefiel, jedoch konnte sie mir die Zigaretten nicht verbieten. Ich wusste, sie hasste es, dass ich das Rauchen angefangen hatte. Ebenso hasst sie es, dass ich erwachsen war und sie keine Möglichkeit besaß, es mir zu untersagen. Ihre einzige Handhabe war, dass ich nicht im Haus rauchen durfte. Sie hoffte wohl, ich würde es aufgeben, wenn ich für jede Zigarette vor die Tür musste. Sie hatte sich getäuscht …
     
    *
     
    Dann kam der, der Tag, an dem sich alles entscheiden würde. Schon als ich aufstand, war ich nervös und mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Die Zeit, bis die Feier begann, erlebte ich wie in Trance.
    Schließlich standen wir - der komplette Abiturjahrgang - auf der kleinen Bühne, die im Festsaal aufgebaut worden war. Reden wurden gehalten. Rückblicke zeigten auf, wie wir uns entwickelt hatten. Die Diashow, die im Schnelldurchlauf die vergangenen Jahre in unserer Klasse zeigte, ließ mein Herz schon einen Takt schneller schlagen. Viele der Bilder zeigten mich und Rico in einer Gruppe arbeiten. Eines davon machte unsere Freundschaft nur allzu offensichtlich, da ich ihm lachend und kumpelhaft auf die Schulter boxte. Mein Vater trug daraufhin eine deutliche Falte auf der Stirn, Ricos Vater hingegen hatte die Lippen zornig aufeinandergepresst. Wenn die geahnt hätten, was auf die harmlosen Bilder folgen würde!
    Die Minuten verstrichen und ich nahm alles teilnahmslos in mich auf. Wieder und wieder suchte ich Ricos Blick, der mir fest und entschlossen begegnete. Kaum war der Direktor nach seinen abschließenden Worten vom Mikrofon getreten, bahnte sich Rico einen Weg durch unsere Mitschüler. Noch bevor der erste die Bühne verlassen hatte, stand er an meiner Seite. Die allgemeine Aufbruchstimmung stoppte schlagartig, als ich meine Hände auf seine Wangen legte und ihn innig küsste.
    Absolute Stille.
    Stillstand.
    Die Welt hatte den Atem angehalten – und alle mit ihr.
    Dann begannen einige der Mädchen zu jubeln – ich hörte Beifall und auch würgende Geräusche um uns herum. Ich trennte mich von Ricos Lippen und sah ihm in die Augen.
    „Ich liebe dich!“, raunte ich ihm zu.
    „Ich dich auch“, erwiderte er und griff meine Hand.
    Schließlich drehte ich den Kopf und blickte auf die vor uns sitzende Elternschaft. Alle Facetten menschlicher Reaktionen begegneten meinem Blick. Erstaunte Gesichter ebenso wie vor Ekel verzerrte. Unglaube und Wohlwollen, lächelnde und angewiderte Menschen blickten zu uns hinauf.
    Ich sah meine Familie an – meine Mutter, die schnappatmend wie ein Fisch auf ihrem Stuhl saß. Meine Schwester, die grinste bis zu den Ohren. Meinen Vater – hochrot, mit wutverzerrter Miene, der aufsprang und in die Richtung stolperte, wo die Contis saßen.
    Rico reagierte geistesgegenwärtig. Er zerrte mich mit sich zum
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