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Das nasse Grab

Das nasse Grab

Titel: Das nasse Grab
Autoren: Horst Hoffmann
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brachte ihn fast um den Verstand. Und Fronja brauchte ihn! Fronja!
    Ihr Bild verblaßte, versank in einem Meer aus Dunkelheit.
    Das letzte, das Mythor noch wahrzunehmen glaubte, war ein grünlich schimmerndes, fremdartiges Gesicht, das weder Gerrek, noch Kalisse oder Scida gehörte.
    Er fühlte nicht mehr, wie sich eine Hand um sein Armgelenk klammerte. Seine Bewegungen erschlafften gänzlich, und sein Geist tauchte hinab in die endlosen Tiefen der Ohnmacht.

8.
    Zum Greifen nahe schienen die Ruinen der Versunkenen Stadt, die, durch das Spiel der Wellen seltsam verzerrt, zu den Amazonen heraufblinkten, wo das Licht der Sonne auf schimmernde Algen traf, die die uralten, verfallenen Gebäude wie ein grüner und brauner Teppich überzogen hatten.
    »Ptaath«, sagte Sosona wieder, »einst eine blühende, gewaltige Stadt, und nun für immer versunken und tot.«
    »Sie ist nicht tot«, sagte Artiki. »Jetzt mag es den Anschein haben. Doch fordert die Meermutter nicht heraus. Beeilt euch, daß wir weiter aufs Meer hinauskommen. Wir müssen an Mnora-Pas vorbei, der kleinen Insel südwestlich von Mnora-Lör. Erst wenn wir sie passiert haben, können wir hoffen, unangefochten nach Ngore zu gelangen.«
    Die Amazonen ruderten kräftig. Unter den Booten zogen weitere Ruinen dahin, doch war zwischen ihnen kein Leben zu erkennen, zumal mit dem weiteren Ansteigen der Flut die verfallenen Bauten immer tiefer zu sinken schienen.
    Nicht einmal Fische zeigten sich. Alles schien ruhig und friedlich.
    Doch das täuschte.
    Die Amazonen bekamen es zu spüren, als die Boote die Höhe von Mnora-Pas erreicht hatten. Zeitweise war das Meer so tief gewesen, daß nichts mehr von seinem Grund zu erkennen gewesen war. Nun waren wieder Ruinen zu sehen, sehr vereinzelt, die ehemaligen äußeren Bezirke von Ptaath. Sie waren zum größten Teil von Schlamm bedeckt, und dieser Schlamm erwachte zum Leben.
    Urplötzlich wurde er aufgewühlt, und als die Kriegerinnen sahen, was sich da aus den Ruinen erhob, vergaßen sie vor Entsetzen das Rudern. Einige von ihnen sprangen von den Bänken auf und starrten gebannt in die Tiefe. Andere schrien durcheinander.
    »Entersegler!« rief Gudun. »Ein ganzer Schwarm! Und sie sind noch größer als jene, die die Sturmbrecher angriffen!«
    »Fort!« schrie Gorma. »Fort von hier!«
    Doch dazu schien es bereits zu spät. Die Entersegler schälten sich aus dem Schlamm, als hätten sie dort nichts anderes getan als eingegraben auf jene zu warten, die vermessen genug waren, sich auf dieses Gewässer hinauszuwagen. Fünf, sechs stiegen auf, und es konnte nicht der geringste Zweifel daran bestehen, daß die Boote ihr Ziel waren.
    »Wir müssen kämpfen!« schrie Gudun. »Wir…!«
    Eine Peitschenschwinge tauchte aus dem Wasser, verhielt ganz kurz zitternd in der Luft und schmetterte dann mit furchtbarer Gewalt auf ihr Boot. Dort, wo sie Fischgräten und Häute zerfetzte, waren die Amazonen zurückgesprungen und hatten zu ihren Schwertern gegriffen. Sie kamen nicht dazu, auch nur einen Streich zu führen. Das Boot brach auseinander. Wasser strömte hinein. Verzweifelt klammerten sich die Kriegerinnen an allem fest, das ihnen noch einen Halt versprach. Doch vor den wütend angreifenden Enterseglern schien es diesmal keine Rettung mehr zu geben.
    Da geschah das Unglaubliche.
    Der Entersegler, zur Hälfte schon aus dem Wasser getaucht, ließ von den Trümmern des Bootes ab und verschwand in der Tiefe. Das Wasser spritzte und schäumte, so daß die Verzweifelten noch nicht erkennen konnten, was sich nun unter ihnen abspielte. Das Boot kenterte. Die Amazonen stürzten sich ins Wasser und versuchten, die beiden anderen Boote zu erreichen.
    Dann aber sahen sie die grüngeschuppten, fischähnlichen Wesen, die plötzlich überall unter Wasser waren und sich in großer Zahl auf die Entersegler stürzten, die sich augenblicklich den so unverhofft aufgetauchten neuen Gegnern zuwandten.
    »Die Tritonen!« rief Artiki. Sie stand neben Gorma und streckte die Hände nach den heranschwimmenden Kriegerinnen aus. Eine nach der anderen wurde in die beiden noch unversehrten Boote gezogen. »Sagte ich nicht, daß sie uns beschützen würden? Der Fischgeruch hat sie herbeigelockt!«
    Gorma antwortete nicht.
    »Rudert!« trieb sie die Amazonen an. »Rudert um euer Leben!« Sie deutete auf die nahe Insel. »Dorthin! Wir müssen es schaffen!«
    »Sie werden den Kampf verlieren!« rief Sosona. »Artiki, wenn sie uns wirklich beizustehen versuchen –
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