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Das nasse Grab

Das nasse Grab

Titel: Das nasse Grab
Autoren: Horst Hoffmann
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Enterseglern. Wir hätten es ahnen müssen, daß nur er sie hierherführen konnte.«
    »Wer ist er, dessen Namen du dich auszusprechen scheust?« fragte Gorma.
    Die Hexe drehte sich zu ihr um. Gorma schauderte, als sie den Blick ihrer Augen sah.
    »Yacub…« hauchte Sosona nur.
*
    Yacub! Die vierarmige, acht Fuß große Dämonenbestie mit dem Echsenschädel!
    Burras Begleiter, der das Böse der Hexe Gaidel in sich aufnahm und von Gavanque floh!
    »Das kann nicht sein!« stieß Gudun hervor. »Du mußt dich irren, Sosona! Sag, daß du dich irrst!«
    »Es ist Yacub. Er kam hierher ins Nasse Grab!«
    Er, der schrecklicher war als selbst die Entersegler, den im Kampf zu bezwingen Burra niemals wirklich gelungen war, der mit der mächtigsten der Amazonen nur gespielt hatte!
    Die Amazonen brauchten eine Weile, um diesen Schrecken zu verdauen. Yacub hier! Vielleicht noch auf der Insel!
    Gudun fing sich als erste. Sie beugte sich über die Spuren und deutete landeinwärts.
    »Er kam aus dem Meer, und er ging zu der Ebene zwischen den Hügeln. Er allein kann den Enterseglern gebieten. Er allein hat Macht über sie!«
    »Und das heißt«, sagte Sosona, »daß Artiki sich irrte. Wenn die Zaem und Burra mit dem Regenbogenballon hier zur Landung gezwungen wurden, so war es nicht die Göttin des Meervolkes, die den Enterseglern den Befehl dazu gab. Nur Yacub kann sie geschickt haben.«
    »Dann sind Zaem und Burra in seiner Gewalt!« rief Gorma. »Worauf warten wir? Wenn die Bestie noch auf Mnora-Pas ist, so werden wir sie aufspüren, wo immer sie sich verkrochen haben mag!«
    »In dieser Ebene?« fragte Sosona. Sie runzelte die Stirn. »Niemand von uns weiß, welche Gefahren sie birgt. Wir…«
    Gorma winkte zornig ab.
    »In Feuer, magischem Blendwerk und tiefster Finsternis! Auf, Amazonen der Zaem und der Burra! Nichts soll uns schrecken, wenn es gilt, unsere Zaubermutter und unsere Führerin aus den Klauen der Dämonenbestie zu befreien!«
    »Es gilt!« erschallt es im Chor. Gudun und Gorma reckten die Schwerter in den Himmel.
    Sosonas Warnungen verhallten ungehört.
    Von bösen Ahnungen geplagt, folgte die Hexe den Kriegerinnen, die im Laufschritt der Spur des Vierarmigen folgten.
    Noch kreuzten die Entersegler über ihnen in den Lüften.
    Doch Sosona schien es, als ob ihre Kreise enger würden, wie eine Schlinge, die sich über den Häuptern der Amazonen ganz langsam zusammenzog.

9.
    Mythor kam zu sich.
    Er schlug die Augen auf, um sie im nächsten Moment geblendet wieder zuzukneifen.
    Er lag auf dem Rücken. Seine ausgestreckten Hände ertasteten Gras. Er drehte den Kopf, um nicht wieder in die Sonne blicken zu müssen, und sah Gerrek.
    Was war geschehen? Wie kamen sie hierher – und wo waren sie überhaupt?
    Die Höhlen! Das Labyrinth unter dem Götzenbild! Yacubs Brut und…
    Die alles hinwegspülende Flut!
    Mit einem Aufschrei fuhr Mythor in die Höhe. Er hatte in der Höhle gegen das Dunkel gekämpft, das ihn umfing. Das letzte, das er gesehen hatte, bevor ihn das Dunkel verschlang, war der Kopf eines Geschöpfes gewesen, das weder Fisch noch Mensch war.
    Und nun saß er hier in kniehohem Gras, auf einer schmalen Landzunge einige Fuß hoch über dem in kleinen Wellen anrollenden Wasser. Gerrek kam neben ihm zu sich. Kalisse und Scida lagen noch ausgestreckt auf dem Rücken.
    Mythor drehte sich weiter um. Er sah die Tempelruine, die nur noch mit ihren höchsten Erhebungen aus dem Meer ragte. Das Schlammufer hinter ihr war überflutet.
    Aber sie lebten! Sie lebten alle vier!
    Gerrek richtete sich grunzend auf. Scida öffnete die Augen, und Kalisses Brustpanzer hob und senkte sich unter regelmäßigen Atemzügen.
    »Oh, oh«, jammerte Gerrek. Er saß so, daß er Mythor und die Amazonen nicht sehen konnte. »Oh, mein Schädel! Fahrt aus, ihr Dämonen der Pein!« Er stieß einen schrillen Schrei aus. »Aber wo bin ich? Ich sehe nur… Wasser, nichts als Wasser.« Er schwieg eine Weile, starrte nachdenklich vor sich hin und kam wohl zu dem Ergebnis, daß es magisches Blendwerk war, das ihm eine solche nasse, scheußliche Welt vorgaukelte.
    Er griff in die Bauchtasche, und zog die Zauberflöte hervor. Ehe er sie ansetzen und diese Welt auch für Mythor in eine der Pein verwandeln konnte, sagte dieser: »Hör auf! Dreh dich um, und du siehst, daß du nicht im gelobten Land der wasserliebenden Beuteldrachen bist!«
    Gerrek fuhr herum. Vor Schreck ließ er die Flöte fallen – direkt wieder in die Bauchtasche.
    »Honga! Und…
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