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Jenny heftig in Noeten

Titel: Jenny heftig in Noeten
Autoren: Meg Cabot Katarina Ganslandt
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Eins
    Ich war dabei, als Betty Ann Mulvaney entführt wurde.
    Na ja, okay, ich und noch 23 andere Schüler der Clayton Highschool (Gesamtschülerzahl: 1200), die in der ersten Stunde Latein hatten.
    Aber im Gegensatz zu den anderen hab ich versucht, es zu verhindern. Irgendwie. Ich fragte: »Kurt. Was soll das?«
    Kurt verdrehte bloß die Augen. »Reg dich ab, Jen. Das Ganze ist ein Witz, okay?«
    Leider war es nicht sonderlich witzig, wie sich Kurt Schraeder Betty Ann von Mrs Mulvaneys Pult schnappte und in seinem Eastpak-Rucksack verstaute. Ein paar Strähnen ihrer gelben Wollhaare verfingen sich in den Zähnen des Reißverschlusses.
    Kurt war das egal. Er zerrte einfach so lange daran herum, bis er zuging.
    Ich hätte noch etwas sagen sollen. Ich hätte sagen sollen: Setz sie sofort wieder hin, Kurt .
    Aber ich hab nichts gesagt, weil… na ja, darauf komme ich später noch zurück. Außerdem war es da sowieso schon zu spät. Kurt war nämlich schon dabei, seine ganzen Sportsfreunde abzuklatschen, die alle in der letzten Reihe abhängen und bloß deshalb Latein genommen haben (sogar zum zweiten Mal, nachdem sie in der Elften wohl komplett versagt haben), weil sie sich dadurch bessere Chancen im Vokabelteil des College-Einstufungstests erhoffen, und nicht etwa, weil die römische Kultur sie so fasziniert oder weil sie gehört haben, dass Mrs Mulvaney eine Superlehrerin ist.
    Kurt und seine Kumpels versteckten ihr dreckiges Grinsen hinter ihren Paulus-et-Lucia -Lateinbüchern, als Mrs Mulvaney kurz nach dem Klingeln mit einem dampfenden Kaffeebecher in der Hand ins Zimmer kam.
    Wie jeden Morgen begrüßte sie uns mit einem fröhlichen » Aurora interea miseris mortalibus almam extulerat lucem referens opera atque labores « (zusammengefasst etwa: »Ein neuer elender Morgen, also machen wir uns an die Arbeit«), griff nach der Kreide und forderte uns auf, das Präsens von gaudere durchzukonjugieren und aufzuschreiben.
    Dass Betty Ann verschwunden war, merkte sie gar nicht.
    Zumindest nicht bis zur dritten Stunde. Meine beste Freundin Trina – die Kurzform für Catrina: Cat klingt ihr zu sehr nach Katze, und sie findet, sie hätte nichts Katzenhaftes an sich (was ich übrigens anders sehe) –, die in der dritten Stunde Latein hat, erzählte mir später, Mrs Mulvaney hätte ihnen gerade das Partizip Perfekt erklärt, als sie den verwaisten Platz auf ihrem Pult bemerkte.
    Laut Trina hat Mrs Mulvaney daraufhin mit merkwürdig hoher, gepresster Stimme gesagt: »Betty Ann?«
    Zu diesem Zeitpunkt wusste natürlich schon die gesamte Schule, dass Kurt Schraeder Betty Ann in sein Schließfach gestopft hatte. Aber keiner sagte etwas. Weil Kurt bei allen so beliebt ist.
    Okay, das stimmt so nicht ganz. Aber die Leute, die Kurt nicht so toll finden, haben zu viel Angst, etwas gegen ihn zu sagen, weil Kurt Sprecher des Abschlussjahrgangs und Captain der Footballmannschaft ist und einen Schüler mit einem einzigen Blick vernichten kann wie Magneto von den X-Men.
    Natürlich nicht wirklich, aber es ist schon klar, was ich meine, oder? Mit einem wie Kurt Schraeder legt man sich einfach nicht an. Wenn er die Cabbage-Patch-Puppe einer Lehrerin kidnappen will, lässt man ihn machen, andernfalls kann man nämlich in Zukunft allein draußen auf dem Pausenhof zu Mittag essen wie Cara Fettkuh, weil man sonst riskiert, mit Kroketten beworfen zu werden.
    Das Schlimme ist nur, dass Mrs Mulvaney diese alberne Puppe total liebt. Zum ersten Schultag zieht sie ihr immer so eine blöde Clayton-High-Cheerleaderkluft an, die sie selbst genäht hat.
    Und an Halloween steckt sie Betty Ann in ein kleines Hexenkostüm mit spitzem Hut, Miniaturbesen und allem Drum und Dran. An Weihnachten staffiert sie Betty Ann als Weihnachtsfrau aus. Ein Osterkostüm gibt es auch, nur dass Mrs Mulvaney es nicht so nennt, weil bei uns die Trennung von Staat (also auch der Schule) und Kirche ernst genommen wird. Sie spricht immer politisch korrekt von Betty Anns »Frühlingskleid«.
    Zu diesem Kleid gehören ein geblümtes Häubchen und ein Körbchen, das mit echten Rotkehlcheneiern gefüllt ist, die ihr vor ewigen Urzeiten mal jemand mitgebracht hat. Wahrscheinlich war das auch in den Achtzigern, also in grauer Vorzeit – damals, als Mrs Mulvaney Betty Ann von den Schülern irgendeiner Abschlussklasse geschenkt bekam. Sie tat ihnen Leid, weil sie eine voll gute Lehrerin ist, aber selbst keine Kinder kriegen konnte.
    Wird jedenfalls behauptet. Ob es stimmt, weiß ich
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