Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mozart-Mysterium

Das Mozart-Mysterium

Titel: Das Mozart-Mysterium
Autoren: Christoph Öhm
Vom Netzwerk:
Hitze vorzubeugen.
    Unser Geld war knapp, sodass Mozart und ich zusammen ein Zimmer bezogen; dies schien uns zudem sicherer.
    Bis spät in die Nacht hinein diskutierten wir und versuchten, die mysteriösen Zusammenhänge zu ergründen. Es war in jedem Falle gewiss, dass das Treffen bei Mizler gefährlich werden würde – für alle Beteiligten, denn auch die beiden unbekannten Entführer würden dort sein. Vielleicht waren sie bereits bei ihm und hatten nun neben Therese und dem Geheimrat auch Mizler selbst in ihrer Gewalt. Ich sorgte mich sehr und machte mir schwerste Vorwürfe, Therese nicht von der Reise abgehalten zu haben.
     
     
    2. November
     
    Ein lauter Knall riss mich aus dem Schlaf! Ich war verwirrt: Wo war ich? Was war geschehen? Ich richtete mich auf und sah mich um: Ich musste letzte Nacht auf meinem Stuhl eingeschlafen sein, denn ich befand mich noch immer dort – sitzend.
    Langsam wurde mir bewusst, wie sehr mein ganzer Körper schmerzte. Ich stand mühsam auf. Es war noch nicht ganz Tag geworden, die Stadt war in leichtes Dämmerlicht getaucht. Ich öffnete das Fenster und blickte hinaus, der Himmel über Leipzig schimmerte bläulich-leuchtend, dies war die sogenannte blaue Stunde, eine Tageszeit zwischen Nacht und Tag, in der die Vögel langsam erwachten und Nacht- in das Tagleben überging. Es herrschten nun zwar nicht mehr die Mächte der Dunkelheit, aber auch noch nicht die nüchterne Klarheit des Tages.
    Ich schaute hinunter: Unten auf der Gasse stand Mozart. Er rauchte seine Pfeife und lehnte an der Wand des Wirtshauses, in dem wir gestern untergekommen waren. Ich konnte mir nicht erklären, welches Geräusch mich geweckt hatte, aber vermutlich war ich vom Schlagen der Türe aufgewacht.
    Ich rief mit verhaltener Stimme ein »Hallo!« zu Mozart hinunter.
    Er wandte sich überrascht um, als ob er ebenfalls in einen Traum versunken gewesen wäre. Schweigend und mit ernster Miene grüßte er mich mit einem leichten Nicken.
    Ich machte mich in der Waschecke frisch. Meine Verbände waren blutdurchtränkt, ich zog sie ächzend fester und machte neue Knoten. Als ich fertig angekleidet war, begab ich mich ebenfalls hinab. Mozart kam im selben Moment zur Eingangstür herein, also setzten wir uns an einen Tisch und bestellten Brot und Kaffee.
    Beide wussten wir, dass der heutige Tag Ungewissheiten riesenhafter Dimension in sich barg: die Lösung des letzten Rätsels, die Entscheidung über Mozarts Aufnahme in die Gesellschaft, darüber hinaus – und dies allein war mir noch von Bedeutung –, ob wir Therese wohlbehalten wiedersehen würden.
    Jede Bewegung verursacht mir Schmerzen, die Schusswunden stachen in mein Fleisch wie Speere. Ich hoffte inständig, dass mein Körper mich nicht im Stich lassen würde, bevor ich Therese gerettet hatte.
    Dass es dem Geheimrat gut ging, dessen war ich mir sicher, vermutlich hatte er bereits etwas mit den Bösewichten ausgehandelt.
    Mozart hatte das Pergament bei sich, auf dem das letzte Rätsel stand. Außerdem hatte er in sein Notizbuch die deutsche Übersetzung des Gedichtes notiert. Er las mir das Gedicht nochmals vor:
     
    »› Gesang 14
     
    Der Cerberus, wild, seltsam von Geberde,/
    Bellt aus drei Hundeskehlen hier mit Wuth/
    Auf die in Flut begrabne Sünderherde./
    Feucht, schwarz der Bart, die Augen rothe Glut,/
    Den Bauch gestreckt und Krallen an den Händen,
    Zerkratzt, zerzaust, viertheilt er jene Brut./
    Sie heulen wie die Hund’ im Regen, wenden/
    Sich auch, zum Schutz der Seiten, hin und wieder/
    Ohn’ Unterlass, die gierigen Elenden./
    Als Cerberus uns sah, die grosse Hyder,/
    Wies er die Zähn’ im aufgereckten Munde,/
    Und zorn’ges Beben fasste seine Glieder ‹.«
     
    Ich hatte einen Einfall: »Kann es sein, dass an einer der Wirkungsstätten Bachs die Darstellung eines Cerberus, also des dreiköpfigen Höllenhundes, steht? Vielleichte eine Bronzefigur? Es ist zwar eine Gestalt der antiken Sagen und nicht der Kirche, aber man kann nie wissen.«
    Mozart war damit nicht zufrieden: »Dies wäre sehr ungewöhnlich. Wahrscheinlicher ist, dass das Kapitel aus Dantes ›Göttlicher Komödie‹, in der dieses Gedicht steht, also das ›Inferno‹, einen Hinweis auf das Versteck gibt. In Kirchen finden wir oft Höllendarstellungen.«
    Der Gedanke überzeugte mich nicht, dass wir erneut eine Kirche als Versteck vor uns haben sollten, sondern es schien mir wahrscheinlicher, dass das Wohnhaus Bachs oder die Thomasschule der richtige Ort waren.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher