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Das Mozart-Mysterium

Das Mozart-Mysterium

Titel: Das Mozart-Mysterium
Autoren: Christoph Öhm
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Prolog
     
    Die hier geschilderte Verschwörung – wahrscheinlich die tragischste Intrige der Musikgeschichte – beendete die Leben vieler Menschen gewalttätig und jäh. Dennoch erklärt sie eines der größten Mysterien der Musik.
    Es begann alles während meiner Jugendjahre, als ich für kurze Zeit in Salzburg weilte, zum Geigenunterricht bei Leopold Mozart, dessen Sohn später zu Weltruhm gelangen sollte …
     
    Salzburg, den 19. Oktober 1755
     
    Kurz vor Mitternacht. Dichter Nebel erfüllte die kühle Nachtluft um unsere offene Laube, am Waldrand nahe Salzburg. Ein dunkler, menschengroßer Schatten huschte durch die Bäume uns gegenüber. Meine Freundin Therese und ich hatten uns eben noch zärtlich umarmt, jetzt starrten wir wie aufgeschreckte Rehe in die Dunkelheit.
    Im Nebel zwischen den Bäumen zeichnete sich der deutliche Umriss einer Person ab. Therese ordnete rasch und ängstlich ihre Kleidung, die von unserer Umarmung zerwühlt war. Noch hatte ich die Hoffnung, der Fremde hätte es nicht auf uns abgesehen. Doch der Schatten löste sich aus den Bäumen und näherte sich uns.
    Die Gestalt rief: »David!«
    Es war weder Forderung noch Angriff, es war ein Hilferuf. Ich erkannte in der Gestalt den Diener von Maestro Leopold Mozart, meinem großen Lehrer, in dessen Wohnung ich wohnte. So peinlich die Situation auch für Therese und mich war, so groß war die Erleichterung darüber, dass uns ein Bekannter entgegentrat.
    »Bitte, kommen Sie, gnädiger Herr. Es ist ein Notfall, Sie werden dringend im Hause des Maestros gebraucht!«
     
    Zusammen liefen wir durch den Nebel bis zum Anfang des breiten Weges, der zurück nach Salzburg führte, und wo unsere Kutschen warteten.
    Therese hatte ihrem Vater gegenüber vorgegeben, sie sei heute Abend bei einer Freundin zu Gast. Dennoch, Leopold Mozarts Diener, den wir aufgrund seiner wichtigen Funktionen im Hause den ›Adlatus‹ nannten, hatte unerklärlicherweise von unserem Aufenthaltsort erfahren.
    Hinter Thereses Kutsche stand Mozarts unscheinbarer, dunkler Einspänner mit zwei Sitzplätzen. Der Adlatus führte mich hin und half mir einzusteigen. Therese erklomm gebeugten Hauptes ihre eigene, elegante Kutsche und hieß ihren wartenden Kutscher abzufahren.
     
    Während der Fahrt durch die Felder, die zu dieser nächtlichen Stunde düster und grau vor uns lagen und ungewisse Gefahren zu bergen schienen, hatte ich fortwährend Thereses schönes, trauriges Gesicht vor mir, ihre elfenbeinfarbenen Wangen und großen schwarzen Augen, umrahmt von der eleganten, hoch aufgetürmten Rocaille-Frisur und hunderter kleiner Löckchen, die ich so gerne um meine Finger wickelte.
    Wie auch ich, so war Therese zur privaten musikalischen Bildung in Salzburg. Unsere Standesherkunft widersprach einer Verbindung, da Therese dem Wiener Adelsgeschlecht der Malfatti entstammte und ich, David Stark, der bürgerliche Kaufmannssohn einer Stuttgarter Tuchhändlerfamilie war. Obwohl ich nach dem Willen meiner Eltern Tuchhändler werden sollte, hatten sie mir gestattet, für einen begrenzten Zeitraum meine Leidenschaft, das Violinspiel, zu pflegen und mich darin zu verbessern.
    Maestro Leopold Mozart, Violinist der bischöflichen Hofkapelle zu Salzburg, hatte sich auf Empfehlung eines uns bekannten Salzburger Kaufmanns zu meiner Anleitung bereit erklärt. Die vornehm ausgestattete Wohnung der Mozarts bot damals reichlich Raum, denn Leopolds Frau weilte mit der Tochter zur Kur in Baden bei Wien und Wolfgang Amadeus Mozart, der geniale Sohn Leopolds, war noch nicht geboren.
    Meine Eltern verpflichteten mich, während der Zeit in Salzburg enge Kontakte zu den örtlichen Schneidern zu pflegen, die regen Bedarf an feinem Tuch zur Ausstattung des Hofes und der durch Salzabbau und Handel wohlhabenden Salzburger Bürger hatten. Auch seltene und feine Stoffe aus südlichen Ländern konnten hier gefunden werden, da die Handelswege vieler Kaufleute durch Salzburg führten.
    Therese ließ sich trotz der Einwände ihres Vaters nicht in ihrer Liebe beirren. Ich wiederum nutzte zum Zeichen meiner Zuneigung meine Beziehungen, um ihr zu jeder Zeit Kleidung à la façon aus den edelsten Stoffen zum Geschenk machen zu können.
    Wie glücklich konnte ich mich schätzen, dass sie mich liebte. Denn wie schlicht war doch mein Äußeres durch die wie bei Feldarbeitern gebräunte Haut, die nicht von der Sonne gegerbt, sondern ein Erbe meiner magyarischen Mutter war. Mein blonder Haarschopf, den ich entgegen der
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