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054 - Gucumatz der Allmächtige

054 - Gucumatz der Allmächtige

Titel: 054 - Gucumatz der Allmächtige
Autoren: Edgar Wallace
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    Am meisten störte Peter Dewin das, was er das Kriminalromanhafte am Fall Lane nannte, und das wäre jedem richtigen Reporter so gegangen. Eine Kriminalgeschichte gewinnt vielleicht durch einen Zug ins Bizarre, aber jedem einigermaßen versierten Zeitungsmann kommt das kalte Grausen, wenn er von Mördersyndikaten und Geheimgesellschaften hört; solche Mätzchen haben mit reeller Berichterstattung nichts zu tun, sondern sind Erfindungen von Schriftstellern mehr oder weniger guter Romane. Ließ nicht McCarthy vom Star den Entführungsfall Reid wie eine heiße Kartoffel fallen, als er von dem blauen Kreis hörte, den man auf Lawrence Reids Tür gemalt hatte? Und recht hatte er: Der kleine Reid war vom Dienstmädchen der Reids »entführt« worden, die eine Schwäche für Sensationen hatte.
    Als Peter Dewin das erstemal von der gefiederten Schlange hörte, lachte er. Beim zweitenmal spottete er. Solche Sachen, erklärte er, gehörten ins Theater, und genaugenommen fängt die merkwürdige Geschichte von der gefiederten Schlange auch tatsächlich im Theater an...
    Tosender Applaus stieg zum maurischen Dach des Orpheum auf und wurde donnernd in den bis auf den letzten Platz besetzten Zuschauerraum zurückgeworfen. Ella Creed, eine zierliche Gestalt in silbern glitzerndem Weiß, kam noch einmal auf die Bühne, verteilte mit strahlender Miene Kußhände und ging mit einer kleinen Verbeugung hinaus, nur um sogleich wieder zurückgerufen zu werden.
    Sie warf dem aufmerksamen Kapellmeister einen Blick zu. Der hob seinen Stab, und das Orchester stimmte neuerlich die ersten Takte von »What I like, I like«, an, diesem banalsten aller Schlager. Ella stellte sich in der Bühnenmitte auf, die Tanztruppe hopste herein, und noch einmal warf Ella mit Temperament und Präzision die hübschen Beine, ehe sie unter stürmischem Applaus und begeistertem Grölen von den billigen Plätzen wieder in den Kulissen verschwand.
    Eine Weile blieb sie schwer atmend neben dem kleinen Tisch des Spielleiters stehen.
    »Die dritte von hinten fliegt - sie ist viel zu aufdringlich und versucht, mich an die Wand zu spielen. Und was hat die Blonde in der ersten Reihe zu suchen, Sager? Ich hab's Ihnen hundertmal gesagt: Ich möchte Dunkelhaarige hinter mir haben -«
    »Entschuldigen Sie vielmals, Miss Creed.« Der Spielleiter hatte Frau und Kinder und war unterwürfig. »Das Mädchen bekommt heute noch die Kündigung -«
    »Ach was, Kündigung!« fuhr Ella ihn an. »Geben Sie ihr ein Monatsgehalt, und raus mit ihr. «
    Sie war eine bildhübsche Person, wenn auch ihre Schönheit etwas Kleinliches, Verkniffenes hatte und sie nicht ganz so ätherisch war, wie sie auf der Bühne wirkte. Die Lippen unter dem roten mit Lippenstift gezogenen Amorbogen waren schnurgerade.
    Jede gewöhnliche Schauspielerin hätte bis zum Finale gewartet, aber Ella war zum Souper verabredet und hätte keine Lust, sich noch einmal mit dem Ensemble zusammen zu präsentieren, ehe der Vorhang fiel. Sie war ja auch keine gewöhnliche Schauspielerin, vielmehr war sie die Eigentümerin des Theaters, in dem sie auftrat, tyrannische Herrscherin über ein kleines Königreich, das ihr Abend für Abend zu Füßen lag. Sie ging zwischen den Tänzerinnen hindurch, die ihr bereitwillig Platz machten. Einige, die sich in ihrer Gunst glaubten, grüßten sie mit schmeichlerischem Lächeln, ernteten jedoch kaum ein Nicken.
    In der luxuriös eingerichteten Garderobe mit den seidenbespannten Wänden halfen ihr zwei Garderobieren aus dem hauchzarten Kostüm. Sie schlüpfte in einen Kimono und sank in einen Sessel, um sich abschminken zu lassen. Ihr Gesicht glänzte von Fettcreme, als es klopfte.
    »Sehen Sie nach«, befahl Ella ungeduldig. »Ich kann niemanden empfangen.«
    Die Frau kam aus dem kleinen Vestibül vor der Garderobe zurück. »Es ist Mr. Crewe«, sagte sie gedämpft.
    Ella krauste die Stirn. »Na schön, führen Sie ihn rein. Und wenn mein Gesicht fertig ist, können Sie gehen - beide.«
    Crewe, ein großer, dünner Mann mit einem harten, von Falten durchzogenen Gesicht, trat mit einem Lächeln ein. Das dünne Haar wäre, hätte man der Natur ihr Recht gelassen, grau gewesen. Crewe war im Abendanzug. Auf der blütenweißen Hemdbrust funkelten drei Brillanten.
    »Warte, bis ich fertig bin«, sagte Ella. »du kannst ruhig rauchen, Billy. - Geben Sie Mr. Crewe eine Zigarette. Und beeilen Sie sich.«
    Crewe hockte sich auf eine Sessellehne und sah ohne sichtbares Interesse dem Wechsel vom
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