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Das Mozart-Mysterium

Das Mozart-Mysterium

Titel: Das Mozart-Mysterium
Autoren: Christoph Öhm
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hatten uns die bisherigen Notizen nicht gestohlen, was das weitere Fortkommen erleichterte. Doch was waren ihre Beweggründe? War der Geheimrat vielleicht gar nicht entführt worden, sondern gehörte er zu den Bösewichten? Illuminaten konnten es nicht sein, denn diese hätten mit uns kurzen Prozess gemacht, anstatt einen solchen Aufwand zu treiben und Mozart dann doch freizulassen. Alles deutete auf Lucchesini als Drahtzieher hin, also wollte er durch die Gesetze allein zu Ruhm und Wohlstand gelangen und Mizler ausstechen. Ich hoffte innigst, dass Therese nur als Tauschpfand gedacht war und Lucchesini und seinen Handlangern nicht als Objekt ihrer dunklen Begierden dienen sollte.
    Mozart setzte sich hinter mich auf das Pferd und sagte: »Sie bluten wieder!«
    Ich presste meine linke Hand auf die Wunde und hielt mit der rechten die Zügel.
    Wir setzten den Ritt nach Leipzig fort. Über Zwickau mussten wir im Laufe des Tages ans Ziel gelangen.
    In Zwickau tauschten wir das völlig entkräftete Pferd gegen zwei frische ein und betraten die nächstbeste Wirtschaft, um meine Wunde ordentlich versorgen zu lassen. Die alte Verletzung war noch gut verbunden, doch die neue verursachte mir üble Schmerzen. Der Wirt beäugte uns misstrauisch, schickte mich dann aber doch nach hinten, wo eine Magd mir helfen sollte. Meine Kleidung war zerfetzt und blutig und mein Anblick erbärmlich, was ich am Gesichtsausdruck der Magd deutlich erkennen konnte. Die Schusswunde stellte sich als ein Streifschuss an der linken Seite des Rückens heraus. Die Verletzung war aber recht tief und blutete heftig. Die Magd wusch unter lautem Schimpfen und Verwünschungen des Übels in der Welt und der gewalttätigen Männer die Wunde aus und verband mich fest mit in Streifen gerissenen Tüchern, um die Blutung möglichst endgültig zu stillen.
    Ich dankte ihr und dem Wirt von Herzen und wir brachen rasch wieder auf. Die Frau hatte uns zuletzt noch darauf hingewiesen, dass die Straße nach Leipzig eigentlich durch die nahe Stadt Altenburg führte, dies aber zeitraubende Grenzkontrollen bedeute, weil wir dann das kleine Herzogtum Sachsen-Altenburg zu passieren hätten.
    Wir sollten daher eine Abkürzung nehmen und gleich nach den letzten Häusern von Zwickau nach links quer über die Felder geradeaus reiten. Nach einiger Zeit würde die Straße nach Leipzig, die einen Bogen mache und in unsere Richtung abbiege, wieder unsere Bahn kreuzen.
    Wir ritten zügig los. Das Land weitete sich bald und überall sahen wir abgeerntete Getreidefelder mit goldfarbenen Garben. Die Zeit verstrich schnell und wir konnten geradezu mitansehen, wie die Sonne allmählich zum Horizont hinabglitt und die Landschaft in warme Orangetöne tauchte. Wind kam auf, der zunehmend kühler wurde. Die spätherbstliche Sonne war bereits zu schwach, um die Luft noch wirklich zu erwärmen. Die Nacht brach herein, doch wir waren noch immer nicht am Ziel. Meine Kräfte ließen spürbar nach und ich musste mich zusammenreißen, um mich noch im Sattel zu halten. Ich spürte, dass mein Hemd feucht vom Blut an mir klebte.
    Als wir die Kuppe eines breiten Hügels erreicht hatten, sahen wir vor uns plötzlich wieder die Straße und an deren Ende eine Stadt. Dies musste Leipzig sein. Wie ein verstreuter Haufen schwarzer Kohlestücke, von hellen Glutpunkten durchwoben, zog sich die Stadt in der Dunkelheit auf weiter Fläche hin.
    Die Pferde gaben ihr Bestes und wir erreichten das Stadttor in wenigen Minuten. Es war unser großes Pech, dass wir nicht das Empfehlungsschreiben des Geheimrates bei uns hatten, denn das Tor war bereits geschlossen. Erst nach mehrfachem, lautem Rufen, das zunächst nur aufdringliche Bettler anlockte, zeigte sich eine Stadtwache. Wir versuchten, die Wache von der Dringlichkeit unseres Besuchs zu überzeugen und beriefen uns auf den Geheimrat. Händeringend bemühten wir uns, durch das lebhafte Schildern unserer Missgeschicke Mitleid zu erregen. Die Wache schwieg beharrlich und verschwand schließlich. Es schien uns, als sei eine Ewigkeit vergangen, als das Tor endlich langsam geöffnet wurde.
    Wir gingen nun zu Fuß und wählten die erstbeste Herberge für die Nacht. Dort ließen wir zuerst die erschöpften Pferde versorgen. Danach half mir drinnen eine Magd, meine Verbände zu wechseln und die Wunden zu inspizieren. Sie reinigte beide Wunden mit Branntwein und legte feste, neue Verbände an. Danach holte sie aus der Küche ein Kraut, das ich kauen sollte, um Wundbrand und
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