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Stardoc 02 - Der Klon

Stardoc 02 - Der Klon

Titel: Stardoc 02 - Der Klon
Autoren: S.L. Viehl
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1 Die Sunlace
     
     
    Ich werde keine tödliche Arznei verabreichen,
    wenn jemand es verlangt, noch solches anraten.
    Hippokrates (ca. 460 – ca. 377 v. Chr.)
     
     
    Hippokrates war sicher niemals von einem Patienten auf den Kopf geschlagen worden, dachte ich, als ich mich duckte, um einem wild pendelnden Gegengewicht auszuweichen. Oder er hat sie alle stets festgeschnallt.
    Mein erster Patient, der Ingenieur Roelm Torin, war gestern in die Station des Schiffes aufgenommen worden und darüber nicht sonderlich erfreut. Den Krankenschwestern zufolge hatte er bis zum augenblicklichen Zeitpunkt bereits eine Infusionseinheit zerstört, den Monitor an seinem Bett zweimal umgeworfen und die andern Patienten die halbe Nacht mit seinem Gemotze wach gehalten.
    Ich packte den Haltegriff, bevor der blauhäutige Patient ihn davonschleudern konnte. »Guten Morgen, Roelm.«
    Ich schaute ihn mir an und justierte die Befestigung des Griffes. Sein linkes Bein war, obwohl er es offensichtlich bewegen konnte, bösartig angeschwollen. »Bist du ein bisschen unruhig?«
    »Ich bitte um Entschuldigung, Heilerin.« Roelm machte eine schnelle, entschuldigende Bewegung mit der sechsfingrigen Hand, dann wandte er sich an den Omorr, der gerade eine Eintragung in der Krankenakte machte. »Entlasse mich.«
    Ich schaute ebenfalls zum leitenden chirurgischen Assistenzarzt des Schiffes hinüber. Squilyp hatte die Visite ohne mich begonnen. Schon wieder.
    Der Omorr schaute nicht mal von seinen Notizen auf. »Das ist nicht möglich, Ingenieur Torin.«
    »Wir werden sehen«, sagte ich und widersprach ihm damit absichtlich.
    Das machte meinen Rivalen auf mich aufmerksam, und Squilyp funkelte mich aus runden, dunklen Augen an. Ich war einige Minuten zu spät dran für meine Schicht. Mein Zopf, der vom Duschen immer noch feucht war, hing über meine Schulter. Er würde vermutlich von beiden Vergehen Notiz nehmen.
    Im Gegensatz zu mir erschien Herr Überpünktlich so tadellos und herrisch wie immer. Trotz seiner rosigen Haut sah Squilyps grüner Arztkittel sogar gut an seinem großen, schlanken Körper aus. Nicht, dass ich vorhatte, ihm das irgendwann zu sagen. Ich konnte diesen kleinen, aufgeblasenen Arsch nicht leiden. Da ich die nächste Oberste Heilerin werden sollte – der Job, auf den er scharf war –, mochte mich Squilyp ebenfalls nicht.
    Das war nun seit fast zwei Monaten der Status quo, seit ich Teil der Crew des jorenianischen Raumschiffes Sunlace, Sonnenlitze, geworden war. Ich hatte zugestimmt, die Nachfolgerin der Obersten Heilerin Tonetka Torin zu werden, die in Kürze in den Ruhestand gehen würde, aber es gab Probleme. Ich war Terranerin, keine Jorenianerin, und hatte nur ein Jahr Erfahrung bei der Behandlung von Nicht-Menschen sammeln können. Zudem war ich eine Flüchtige, auf die ein Kopfgeld ausgesetzt war.
    Das war wohl kaum ein tadelloser Lebenslauf.
    Ich streckte meine Hand aus. »Akte, bitte.« Der Omorr knallte sie mir hinein. Ich schenkte ihm ein breites, freundliches Lächeln. Das hasste er sogar noch mehr als mein unordentliches Haar.
    »Dr. Grey Veil.« Squilyp nannte mich nicht Heilerin. Ich bin mir sicher, dass er mir viele Namen gab, aber Heilerin sagte er nie. »Meine letzten Scans sind kommentiert.«
    Natürlich würden sie wie immer perfekt sein. Squilyp war nicht ohne Grund der beste der fünf Chirurgen an Bord der Sunlace. Ich hatte ihn bei der Arbeit noch keinen einzigen Fehler machen sehen. Das Wissen des Omorrs über Behandlungsmethoden konnte sich mit dem einer Diagnoseeinheit messen.
    Eher würde das bekannte Universum kollabieren, als dass dieser Kerl irgendwas versaute.
    »Haben Sie eine hämatologische Untersuchung durchgeführt?«
    »Natürlich.« Der beleidigte Tonfall wurde durch die vielen hundert Tentakel gedämpft, die seine Mundöffnung umgaben. Die weißen, beweglichen Fäden waren etwa einen halben Meter lang und entsprangen einer dicken Basis, um dann dünn und fingerartig zu enden. Ich hatte Squilyp noch nie essen oder trinken gesehen, aber ich war auch gar nicht scharf drauf.
    »Gut.« Ich sah mir den Rest seiner Anmerkungen an. »Gute Arbeit.«
    Seine Tentakel versteiften sich, als hätte ich daran gezogen. »Entschuldigen Sie mich.«
    Der Omorr stelzte davon. Er besaß vier Gliedmaßen, aber er benutzte drei als Arme, was die vierte zum Stehen und Herumhüpfen übrig ließ. Es hätte lächerlich aussehen sollen, aber Squilyp bewegte sich in einer Art, die ich nur als imposantes Hüpfen
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