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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel
Autoren: Christian Ditfurth
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als sowjetischen Agenten. Auf unseren Kanälen. Ich fürchte, du wirst dann desertieren.«
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    Neben Henri saß ein Mann im Rang eines Generals. Der zwirbelte einen Schnurrbart, den er gar nicht trug. Beide betrachteten Theo, aber der starrte nur auf Henri. Doch Theo sagte nichts, wenn er jetzt redete, würde er etwas verraten. Er wusste zwar nicht, was, aber es wäre bestimmt verheerend. Nein, du darfst Henri nicht kennen. Das ist ein Riesentäuschungsmanöver. Dein Vater ist ein Verräter. Er hat schon immer für die Russen gearbeitet. Wie sonst käme er hierher? Er sitzt mit einem FSB – General in einem FSB – Transporter mit weiteren FSB – Leuten in Uniform, und das mitten in Moskau. Und sie haben dich festgenommen.
    Dann schickte der General seine Untergebenen aus dem Auto, auch den Fahrer, obwohl dessen Kabine durch eine Glasscheibe getrennt war. Als er sich vergewissert hatte, dass alle außer Henri, Theo und ihm ausgestiegen waren, sagte er freundlich: »Guten Tag, Herr Martenthaler. Sie haben da eine Akte, die ich gerne zurückhätte.«
    Theo ließ seine Augen zwischen Henri und dem General hin- und herwandern. Henri nickte. »Gib sie ihm.«
    »Sie haben sie gelesen?«, fragte der General fast väterlich.
    Theo überlegte, dann erwiderte er: »Dazu hatte ich keine Zeit. Ich habe nur das Bild gesehen, den Rest lediglich überflogen.« Und er dachte, dass das FSB früher oder später die schraffierte fünfte Seite finden würde.
    »Das bedaure ich natürlich«, sagte der Generallächelnd. »Und was wollten Sie mit dieser Akte? Neugier, nehme ich an.«
    »Ja. Was sonst?«
    »In Wahrheit haben Sie etwas über Scheffer gesucht. Sie glauben, wir hätten ihn ermordet.«
    »Ja, das haben Sie.«
    Der General schaute ihn ruhig an. »Sie haben recht.«
    Theo glaubte, nicht richtig zu hören. »Sie haben ihn wirklich ermordet?«
    »Es musste sein.«
    Und Theo schoss in den Kopf, dass sie ihn jetzt auch ermorden müssten.
    »Sie wollen sich nicht noch einmal blamieren«, sagte der General ganz gemütlich. »Die Geschichte glaubt Ihnen doch keiner mehr. Aber hören Sie auf herumzuschnüffeln. Was immer Sie herausfänden, Sie könnten es nur dazu benutzen, sich lächerlich zu machen. Der Mann, der auf den billigsten Trick der Spionagegeschichte hereingefallen ist …«
    Theo dachte an Sonja.
    »Geben Sie mir bitte die Akte. Ich müsste sie Ihnen sonst abnehmen.« Der General streckte seine Hand aus.
    Theo zögerte, überlegte, wie er sich retten könnte, dann öffnete er den Mantel und zog die Akte unter dem Hemd hervor. Er schob sie langsam über den Tisch, als hätte er Angst, sie loszulassen.
    Der General griff nicht nach ihr, sondern steckte sich eine Zigarre an, nachdem er den anderen eine angeboten hatte, aber die hatten nicht reagiert. Dann nahm er die Mappe und strich sie glatt, um sie schließlich fast achtlos hinter sich auf dem Boden abzulegen.
    »Ihr Vater und ich sind gute Freunde«, sagte er.
    Theo schaute Henri an, und der nickte.
    »Unsere Arbeitgeber würden uns bis ans Ende der Welt jagen, wenn sie eine Ahnung bekommen würden von unserer gemeinsamen Operation. Daran hat das Ende der Sowjetunion und des KGB nichts geändert.
    Geändert haben sich beim Geheimdienst vor allem die Namen. Als ich Ihren Vater kennenlernte, war ich Major des KGB und Ihr Vater war Resident des Bundesnachrichtendienstes in Moskau.«
    Dein eigener Vater wird dich nicht umbringen, dachte Theo. »Was steht in der Akte?«, fragte er. Das musste er jetzt fragen.
    Der General lächelte und zog an seiner Zigarre. Er kaute den Rauch fast, bevor er ihn stoßweise ausblies. »Es geht darin um den Tod eines Generalsekretärs. Auch wenn die Sowjetunion untergegangen ist, möchten wir nicht, dass … Intimes über einen russischen Führer in der Schmutzpresse ausgebreitet wird. Wissen Sie, das ist eine Frage der nationalen Ehre.« Er lächelte.
    Theo lagen Fragen auf der Zunge: Wie konnte ein alter, aber kerngesunder Mann in einem Regierungskrankenhaus sterben? Warum wurde auf eine Obduktion verzichtet? Und was hatte dieser Professor Smirnow dazu gesagt, dessen Name auf zahlreichen Dokumenten in der Akte stand? Aber er unterdrückte sie gerade noch. Nicht zu mutig werden. Du hast die Akte nicht gelesen, redete er sich ein. Und die Schraffur stammt von diesem Suchanow.
    »Ich weiß, Sie wollen jetzt vieles wissen. Aber ich kann Ihnen nur sagen, dass Ihr Vater und ich zusammen mit einigen Genossen eine Operation durchgeführt haben,
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