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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel
Autoren: Christian Ditfurth
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die Nähe der Gartentür an der Hausecke manövriert und setzte in einem Sprung über den Zaun. Er rannte die Treppe hinunter zur Veranda und blieb hinter der Ecke stehen. Er hörte den Verfolger, sah ihn um die Ecke kommen und zustechen, während Henri ihn mit der Faust auf die Nasenwurzel traf. Es knackte, und dann spürte Henri einen brennenden Schmerz am Oberschenkel. Mavicks Messer steckte tief im Muskel, während der Amerikaner mit einem Ächzen zusammengesackt war. Henri riss das Messer aus der Wunde und musste schreien vor Schmerz.
    Er beugte sich zu Mavick hinunter, der auf der Seite lag, packte das Kinn und den Hinterkopf und riss den Kopf zur Seite, bis es knackte. Dann stand er auf und humpelte stöhnend nach oben. Im Badezimmer verband er die teuflisch schmerzende und heftig blutende Wunde und schluckte eine Überdosis Antibiotika. Dann zog er eine frische Hose an und ging wieder hinaus. Er fuhr seinen Geländewagen aus der Garage und spürte schon die Angst angesichts der Aussicht, nun eine lange Strecke fahren zu müssen. Und dies mit einer Leiche im Kofferraum. Er quälte sich ab, bis es ihm endlich gelun gen war, Mavick in den Kofferraum zu packen. Dann ging er noch einmal zurück ins Haus, nahm eine starke Schmerztablette, steckte die Packung ein und fuhr los. Die Fahrt war ein Kampf gegen sich selbst. Ihn plagte weniger seine rätselhafte und nur mühsam gebändigte Angst vor dem Autofahren als die Schmerzen und die Müdigkeit, die von den Tabletten noch gefördert wurde. Doch er fuhr bis Bonn, in die Nähe der US – Botschaft in Godesberg, und legte Mavicks Leiche am Rheinufer ab, versteckt unter einem Busch. Er würde dennoch bald gefunden werden. Zurück auf der Rheinbrücke warf er das Messer in den Strom.
    Er fuhr sofort weiter, hielt nur einmal an, um zu tanken und einen Kaffee zu trinken. Am Morgen kam er nach Hause und legte sich zwei Stunden ins Bett, ohne wirklich schlafen zu können. Das Bein schmerzte höllisch. Dann stand er auf und zwang sich, etwas zu essen. Im Bad erneuerte er den Verband, nahm wieder das Antibiotikum und rief den Hausarzt an.

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Epilo g

    »Was machst du heute?«, fragte Paula, nachdem sie aufgewacht war.
    »Ich fliege nach Berlin. Kannst du nach Olga und Radenkovi
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sehen?«
    »Wie lange bleibst du weg?«
    »Einen Tag.«
    »Das werden die beiden knapp überleben. Aber ich werde mit ihnen ein wenig Welsisch reden. Warum fährst du weg?«
    »Ich muss jemanden besuchen.«
    »Soso.«
    »Nein. Einen alten Mann.« Er nahm sie in die Arme. Und dachte an Scheffers schriftliche Hinterlassenschaft im Dienst. Und an den Namen Fath, der dort mehrfach auftauchte. Immer im Zusammenhang mit Zeitungsartikeln, die Tschernenkos Gesundheitszustand erwähnten oder erörterten. Bei dem es sich um den Berliner Journalisten Robert Fath handelte, einen Mann mit brüchiger Stimme, mit dem Theo gestern telefoniert hatte. »Ja, ich kannte Scheffer, aus Moskau.« Die Sache ließ Theo keine Ruhe, und vor allem ließ ihm keine Ruhe, dass der Vater ihm nichts erklärt hatte. »Halt den Mund, mein Junge«, hatte er nur gesagt. Aber so etwas ließ sich Theo vielleicht von allen möglichen Leuten sagen, nur nicht von seinem Vater. Es hatte wochenlang in ihm gebohrt, nachdem dieser General Henri und Theo über die finnische Grenze geschmuggelt hatte.
    Und dann war der Brief aus Moskau eingetroffen,adressiert an Paula und offenbar ungeöffnet. Die Kopie der Akte, die er in Moskau auf die Post gegeben hatte. Er mietete ein Bankschließfach und packte die Kopie hinein.
    Natürlich hatte Klein Theo zur Minna gemacht, als der heimgekommen war und gestanden hatte. Von einem unverantwortlichen Alleingang hatte Klein mehr gezischt als gesprochen. Theo kam er in dieser Phase des Gesprächs vor wie eine tödlich gereizte Klapperschlange. Doch plötzlich hatte der Abteilungsleiter umgeschaltet und war geradezu freundlich geworden, was Theo mehr erstaunt hatte als die Zischeinlage. Dann begriff er allmählich, dass Klein von der Geschichte wusste und seit mehr als zwei Jahrzehnten schwieg wie ein Grab. Wahrscheinlich kannte er nicht alle Einzelheiten und wollte sie auch nicht wissen. Aber er ahnte genug. Er musste seinen Dienst und seinen Kopf retten, denn wenn herauskam, was Henri in Moskau angestellt hatte, würde ein Tsunami die deutschen Geheimdienste hinwegfegen wie ein Ruderboot am Inselstrand. Niemand würde Klein oder der Bundesregierung glauben, dass Henri einen Alleingang gemacht hatte. Der
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