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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel
Autoren: Christian Ditfurth
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Pullacher Hinterlassenschaft stand der Name von Fath, natürlich auch die Namen von Andropow und Tschernenko. Ein paar andere noch, denen Theo keine Bedeutung zumaß. »Also, Scheffer kam zu Ihnen, nur um zu erfahren, ob Sie etwas von Tschernenkos Krankheit wussten?«
    »Ja, hat mich auch gewundert.« Da steckte ein wenig Trotz in der Stimme.
    »Und Sie haben ihm gesagt: Von der Krankheit weiß ich nur, was Henri mir gesteckt hat.«
    »Genau.« Er schnäuzte sich. »Aber damit hat er sich nicht zufriedengegeben. Der Scheffer war ein ganz ausgefuchster Hund. Er wurde überfahren, sagen Sie?« Und als Theo nickte, fuhr er fort: »Das glaube ich nicht.«
    Theo zuckte mit den Achseln. Der Magen begann zu schmerzen.
    Fath erhob sich und suchte etwas in den Stapeln auf dem Tisch, dann kniend auf dem Boden. Mit einem unverständlichen Fluch setzte er sich nach paar Minuten wieder und atmete schwer.
    »Und mehr wollte Scheffer nicht wissen?«
    »Doch, doch. Ich musste haarfein rekonstruieren, bei welchen Gelegenheiten Henri mir was gesagt hat über den Generalsekretär. Und wie er es gemacht hat.«
    »Wie hat er es gemacht?«
    »Na, Scheffer wollte wissen, ob ich Henri zu Treffen eingeladen habe oder er mich.«
    »Und wer hat eingeladen?«
    »Henri, ich kam ja gar nicht dazu. Und, offen gesagt, so ein geselliger Typ war er nicht, dass man davon träumte, sich mit ihm die Moskauer Nächte um die Ohren zu hauen. Nein, so einer war er nicht. Er hat immerwas über den armen Tschernenko erzählt, und dann ist er auch schon bald wieder abgezogen. Man könnte fast glauben, er sollte mich benutzen … Wie nennt ihr so was? Desinformation, genau. Aber dann ist der Tschernenko tatsächlich im Eiltempo gestorben, hatte Henri also recht gehabt. Und bei den Kollegen galt ich eine Zeit lang als der mit dem heißen Draht in den Kreml.«
    Theo strich sich durch die Haare. Die Sache war eigentlich klar. Scheffer hatte irgendwie erfahren oder es war ihm gesteckt worden, dass Tschernenko nicht so krank war, wie es verbreitet wurde. Er hat sich Zeitungen besorgt und bald festgestellt, dass die Berichte über Tschernenkos angebliche Krankheit auf Fath zurückgingen. Er hat also Fath aufgesucht, der ihm bestätigt hat, dass er Informationen bekommen hatte, und zwar von Henri. Und dann hat er Fath weisgemacht, Henri sei tot und er könne nun alles erzählen. Was Fath nun berichtete, war ziemlich dünn, aber es reichte, um Scheffer endgültig auf die Spur zu setzen. Denn er wusste ja noch, dass Henri kurz nach Tschernenkos Tod aus der Sowjetunion fliehen musste und dass ihm das sogar gelang, und zwar erstaunlicherweise ohne Hilfe des BND . Von der Sache mit den zehn Millionen Dollar hatte er womöglich auch erfahren. Selbst wenn nicht, so einer wie Scheffer konnte eins und eins zusammenzählen. Und es gab nichts, was Scheffer mehr verachtete als den Verrat, und genauso übel fand er, dass Henri seine Hilfsbereitschaft missbraucht hatte. Als in Moskau auffiel, was Scheffer herausfinden wollte, erfuhr dieser FSB – General davon und ließ Scheffer umbringen. Derselbe General, der Theo und Henri gerettet hatte.
    Im Flughafen Tegel checkte er gleich ein und wartete auf einer Bank im Gate. Draußen rollten Flugzeuge und Schleppwagen über den Platz. Eine weiße Wintersonne spiegelte auf dem Beton und schmerzte fast in den Augen. In einer Ecke saß ein Pärchen und flüsterte sichetwas in die Ohren, sie kicherte. Zwei Geschäftsmänner nebeneinander in gedeckten Flanellanzügen mit Notebooks auf dem Schoß. Ein Rentnerehepaar, sie döste, er las ein Revolverblatt. Durch die Lautsprecher tönte die Warnung, sein Gepäck nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Dann wurde ein Flug nach Mailand aufgerufen.
    Irgendetwas stimmte nicht, war wenigstens unvollständig. Ein Puzzlestein fehlte. Woher hatte dieser General erfahren, dass Scheffer die alte Sache ausgraben wollte? Dieser ehrpusslige Scheffer, für den Verrat auf ewig Verrat blieb. Es gab nur drei Personen, die wussten oder wenigstens ahnten, was Scheffer auch nach Moskau zurücktrieb, neben seiner Liebe für die Stadt und die Menschen, neben der Gewissheit, dass er nirgendwo mehr zu Hause war als dort: Fath, Theo und Scheffer selbst. Keine dieser Personen hatte diesem General einen Hinweis gegeben. Er nicht, Scheffer sowieso nicht, und Fath, der hatte damit nichts zu tun, war Marionette gewesen. Wer war der Vierte?
    Er wollte diesen Gedanken nicht zulassen. Und doch erinnerte er sich seines Besuchs beim
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