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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel
Autoren: Christian Ditfurth
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die dazu diente, die Welt zu retten.«
    Theo glotzte ihn an, dann Henri.
    »Sie werden das für übertrieben halten, für pathetisch. Wir Russen neigen dazu, natürlich. Ich kann Ihnen leider nicht viel verraten.«
    Theos Hoffnung wuchs weiter. Wenn sie mich umbringen wollten, könnten sie mir alles verraten.
    »Da ich aber nicht ausschließen kann, dass Sie doch einen längeren Blick in die Akte geworfen haben, will ich Ihnen die Ausgangslage unserer Operation beschreiben.« Er sog Rauch ein und stieß eine großeWolke aus. »Ende 1983 hat das besonnene Verhalten eines Offiziers in einer Überwachungsanlage bei Moskau verhindert, dass die Welt in einem Atomkrieg unterging. Es gab nachts einen Alarm, der anzeigte, dass die Amerikaner Raketen gestartet hatten, aber dieser Offizier glaubte an die Vernunft der Menschen, sogar des Präsidenten in Washington, auch wenn wir damals nicht viel Veranlassung hatten, an dessen Vernunft zu glauben. Obwohl seine Kontrollbildschirme intakt waren, meldete unser Offizier nichts nach Moskau. Unsere damaligen Befehlshaber und der Generalsekretär der Partei hätten aus dem Bett geholt werden müssen, um binnen weniger Minuten zu entscheiden, wie sie den Alarm bewerten und wie sie darauf reagieren sollten. Sie hätten, wenn es nach den Vorschriften gegangen wäre, die sowjetischen Interkontinentalraketen starten müssen, bevor diese am Boden vernichtet würden. Sie hätten sich bei ihrer Entscheidung wahrscheinlich allein auf die Meldung aus dem besagten Kontrollzentrum stützen können. Es war, wie sich bald herausstellte, ein Fehlalarm. Aber für mich und meine Freunde war es kein Fehlalarm. Wir stellten uns die Aufgabe, eine Wiederholung dieses Szenarios zu verhindern. Und wir gingen es radikal an. Nur wenn wir das Wettrüsten beendeten, konnten wir einigermaßen sichergehen, dass es einen weiteren Fehlalarm nicht geben würde oder dass er wenigstens nicht gleich den Untergang bedeutete.« Er blies eine neue Rauchwolke in den kubanischen Nebel.
    »Und du hast da mitgemacht?«
    Henri nickte.
    »Wie sah die Operation aus?«, fragte Theo Henri.
    Henri warf einen Blick auf den General.
    Der zwirbelte Luft unter seiner Nase, zog an der Zigarre und ließ den Rauch beim Sprechen austreten. »Um Sie zu schützen, natürlich denke ich da auch an mich und an Ihren Vater, werde ich nichts weiter dazusagen. Wenn Sie vernünftig sind, werden Sie auch nicht mehr fragen. Weder hier noch zu Hause.«
    › ‹
    Als Henri nach seiner Flucht aus der Sowjetunion nach Pullach zurückgekehrt war, kündigte er den Dienst. Er verkroch sich für einige Wochen in seiner Wohnung, bis er eines Morgens einen Umschlag ohne Briefmarke und Absender in seinem Briefkasten fand. Darin befanden sich Unterlagen für ein Nummernkonto in der Schweiz. Der Bankauszug dokumentierte eine Million US – Dollar. Der Sendung war ein Zettel beigefügt, auf dem nur ein kurzer Satz stand: »Wladimir lässt grüßen.« Von einem Teil des Geldes kaufte er im Jahr 1987 das Haus in Staufen.
    Ein gutes halbes Jahr später kam er nachts zurück von seinem elsässischen Lieblingsrestaurant, dessen Speisen und dessen Wirtin es ihm angetan hatten, und wollte gerade die Haustür aufschließen, als er hinter sich ein Geräusch hörte. Instinktiv ließ er sich fallen und rollte auf dem Boden zur Seite, um sofort aufzuspringen. Mavick stand vor ihm, die Straßenlaterne ließ die Scheide seines Messers glänzen. Der Amerikaner schien keineswegs entmutigt zu sein vom Scheitern seines Überraschungsangriffs, sondern näherte sich fast gelassen seinem Opfer. Das Messer wechselte unentwegt von der linken in die rechte Hand und wieder zurück. Sie umkreisten sich auf der Garageneinfahrt, Mavick täuschte Angriffe an, und Henri sprang einen Schritt zurück, zog sein Jackett aus und wickelte es um den linken Arm. Er war jetzt angespannt, aber ruhig. Seit Monaten hatte er sich mit geradezu fatalistischer Gelassenheit auf diesen Augenblick vorbereitet.
    »Sie haben mich fertiggemacht«, zischte Mavick. Er fixierte Henri, täuschte wieder an und setzte offenbar alles auf den entscheidenden Stoß. Der Amerikaner waretwas kleiner und mochte wissen, dass Henri durchtrainiert war wie ein Sportler. »Sie haben mich rausgeworfen. Sie haben mich einen Versager genannt. Sie haben mich sogar verdächtigt, das Geld unterschlagen zu haben. Und das alles, weil du Schwein dir hier ein schönes Leben machen wolltest.«
    Dann ging es ganz schnell. Henri hatte sich in
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