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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen
Autoren: Burkhard Rüth
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felsenfest überzeugt – hatte er ausschließlich seinem Medikamentenmix sowie einer drastisch erhöhten Vitaminration zu verdanken.
    Entsprechend genesen, war er mit Valentin um halb sieben aufgebrochen. Inzwischen hatten sie die Kasseler Hütte erreicht. Vincenzo hatte den von imposanten Gletschern umsäumten Gipfel des Schneebiger Nock oft vom Arthur-Hartdegen-Weg aus bewundert, er freute sich, diesen markanten Berg endlich zu besteigen. Und er war gespannt, ob er nach der Schwarzenstein-Erfahrung besser mit dem Klettern zurechtkam. Er konnte nicht ahnen, dass sich auf der anderen Seite des Tales ein Drama abspielen sollte, das auch sein Leben einschneidend verändern würde.
    ***
     
    Es ging steil über eine kleine Wiese bergauf, ein kurzes Stück über eine Straße, schließlich in den Bergwald hinein. Nach zwei Stunden erreichten sie ein Hochtal, das einen grandiosen Blick auf eine lang gezogene, hufeisenförmige Kette von gletscherbedeckten Dreitausendern freigab. Die Landschaft war geprägt von sanften, blumenübersäten Almwiesen. Schon nach diesem kurzen Marsch befanden sie sich inmitten einer unberührten Bergwelt.
    Sie blieben stehen und schauten, keiner sagte ein Wort. Wasserplätschern war das vorherrschende Geräusch: kleine Bäche und Rinnsale, die aus den Gletschern über steile, vom Wasser ausgewaschene Felsflächen rieselten, und zahlreiche Katarakte, die nicht selten mehr als hundert Meter in die Tiefe stürzten.
    »Nun«, sagte Mantinger nach einer Weile in die andächtige Stille hinein, »jetzt wisst ihr, warum dieser Weg zu den schönsten der Alpen zählt.« Er deutete auf die vor ihnen liegende Gebirgskette und beschrieb dabei mit der rechten Hand langsam einen Halbkreis. »Wir gehen heute auf den Lenkstein zu, das ist der links mit dem flachen Gipfel. Dann wandern wir unterhalb der Gletscher in großem Bogen an der gesamten Bergkette entlang. Der in der Mitte, mit dem großen, steilen Gletscher, ist der Hochgall, der höchste Gipfel der Rieserferner, über dreitausendvierhundert Meter hoch! Ich war da bestimmt schon fünfmal oben. Ganz hinten könnt ihr die Kasseler Hütte erkennen. Wenn wir dort angekommen sind, habt ihr es fast geschafft. Danach geht es nur noch bergab. Aber täuscht euch nicht! So nah die Hütte auch zu sein scheint, der Weg dorthin ist verdammt lang. Wir machen hier eine Frühstückspause. Dann gehen wir bis zur Ursprungalm durch. Ich denke, dass wir gegen Mittag dort sind.«
    Sie öffneten ihre Rucksäcke, verteilten Speck, Kaminwurzen und das für Südtirol typische Schüttelbrot, ein hartes, knuspriges Fladenbrot aus Roggenmehl, Wasser, Hefe, Salz und Gewürzen. Dazu tranken sie Wasser, außer Achatz. Er trank grundsätzlich Cola. Franz Junghans reichte ihm lachend eine Halbliterflasche. »Wegen Unterzuckerung machst du auf dieser Wanderung jedenfalls nicht schlapp.«
    Nach einer Stunde brachen sie wieder auf. Jetzt war der Weg angenehmer, es ging nur noch sachte bergan durch herrliche Wiesen, immer mit Blick zur Rieserfernergruppe mit ihren Gletschern. Trotz dieser Naturschönheiten blieb Achatz angespannt, er spürte, dass irgendetwas geschehen würde. Sein Gefühl trog ihn nicht.
    Während er ein Stück hinter den anderen ging, ließ sich Salvatore Gemini zurückfallen und sprach ihn unvermittelt an. »Signor Achatz, ich hatte leider bis jetzt keine Gelegenheit, ungestört unter vier Augen mit Ihnen zu reden.«
    Das war der Moment, auf den er gewartet hatte. Gemini war bestimmt nur mitgekommen, um ihn zur Rede zu stellen. Er musste dieses Spiel mitspielen. »Sicherlich, Signor Gemini, worum geht es?«
    »Wie Sie von Signora Parlotti wissen, wurden einige unserer Kunden von einem Mitarbeiter der Aufsichtsbehörde für internationale Finanztransaktionen zu ihrer Krisenrücklage befragt. Nicht, dass es mich überrascht, wenn ein staatlich finanzierter Krisenfonds überprüft wird. Ich finde es allerdings auffällig, dass ausgerechnet wir dermaßen intensiv kontrolliert werden. Da drängt sich der Verdacht auf, dass die Behörde irgendwelche Hinweise bekommen hat. Signora Parlotti erzählte nun bei unserem letzten Jour fixe, Sie hätten sie in einem Telefonat … sagen wir mal, sehr intensiv nach den Prüfungen befragt. Deshalb würde ich gerne von Ihnen erfahren, ob Sie mehr wissen als ich, zumal durchweg Kunden betroffen sind, die über Sie gekommen sind.«
    Das hatte Achatz vorhergesehen. Gemini versuchte herauszufinden, wie viel er bereits wusste. »Ich weiß
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