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Der schottische Verfuehrer

Titel: Der schottische Verfuehrer
Autoren: Diana Cosby
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1. Kapitel
    Südschottland, 1297
    Für ihn war sie eine Hure.
    Als wäre noch wichtig, was er von ihr dachte. Aber das war es. Auch nach drei Jahren hatte Lady Isabel Adairs Liebe zu Duncan MacGruder nichts von ihrer Kraft eingebüßt.
    Versonnen schaute Isabel auf das gurgelnde Wasser des Flusses, der sich durch den dichten Wald schlängelte und an dessen Ufern sie und Duncan unzählige Male Zuflucht gefunden hatten. Hier hatte er sie einst in die Arme geschlossen und ihr, zitternd vor jugendlicher Unerfahrenheit, den ersten Kuss geraubt.
    Tränen verschleierten ihren Blick. Nein, Duncan hatte ihr nicht vergeben oder auch nur das Geringste vergessen. So gnädig hatte sich das Schicksal nicht gezeigt. Doch seine Verachtung war nichts gegen die Vorwürfe, mit denen sie sich selbst quälte.
    Hinter ihr knackte ein Zweig.
    Isabels Herz pochte schnell, als sie herumfuhr. War Frasyer ihr etwa gefolgt? Oder einer seiner Ritter? Mit der Hand beschirmte sie ihre Augen und schaute in das Gewirr von Ulmen, Eschen und Tannen. Angestrengt versuchte sie, im Schatten des dichten Unterholzes jemanden zu entdecken.
    Nichts.
    Ein Windstoß erfasste sie; schon erfüllt von den Düften des beginnenden Frühlings trug er doch noch die Erinnerung an den Winter mit sich. Sie ermahnte sich, ruhig zu bleiben. Da der Earl of Frasyer nur mit sich beschäftigt war, würde ihm nicht auffallen, dass sie Moncreiffe Castle verlassen hatte. Gemeinsam mit einem Trupp von Rittern war er kurz vor ihr aufgebrochen, um dem Gerücht nachzugehen, William Wallace, der schottische Rebellenführer, sei im Süden gesichtet worden.
    Eine Lüge. Eine, von der Isabel dafür gesorgt hatte, dass sie ihm zu Ohren kam.
    Sie brauchte diesen Nachmittag, um sich davonzustehlen und ihren Bruder Symon zu treffen. Bei Anbruch der Nacht dann würde sie behaglich in ihrem Bett liegen, während Frasyer ohne Ergebnis heimkehren würde.
    Nachdem sie sich bekreuzigt hatte, warf sie noch einen letzten Blick auf den Fluss, den Schauplatz so vieler ihrer Träume, danach drehte sie sich um und eilte auf einem dicht bewachsenen Pfad durch den Wald. Beim Anblick der heruntergekommenen Pachthütte, die von den morschen Ästen einer umgestürzten Birke umgeben war, erzitterte sie.
    Vor der Tür lagen Keramikscherben, Stofffetzen verdeckten die schiefen Fensterhöhlen, der nahe Stall glich einem Trümmerhaufen. Kein noch so dünner Rauchfaden kräuselte aus dem Schornstein der armseligen Hütte empor. Jeder, der vorbeikam, musste sie für verlassen halten.
    Noch einmal blickte Isabel sich wachsam um, ehe sie an den Trümmern vorbei in den schummrigen, von Kerzen erleuchteten Raum trat. Ihr wurde warm vor Erleichterung, als sie ihren Bruder sah, der mit dem Rücken zu ihr ihrem Vater gegenüberstand.
    „Symon.“
    Stahl schabte über Leder, und im nächsten Moment war die kalte Spitze eines Claymore-Schwerts an Isabels Kehle.
    Blitzschnell war der große vollbärtige Mann, der die Waffe führte, herumgewirbelt. Sein Ausdruck wirkte umso grimmiger, da sich tiefe Schatten in sein Gesicht gruben.
    Doch im nächsten Moment umspielte ein Lächeln seinen Mund, so kurz wie zärtlich. Seine Haltung entspannte sich. „Isabel.“ Symon Adairs rote Haare fielen ihm über die Schultern, als er die Waffe zurück in die lederne Scheide auf dem Rücken gleiten ließ. Er eilte zu Isabel und umschloss sie in stürmischer Umarmung.
    „Du darfst nicht hier sein. Es ist zu gefährlich.“
    „Ich musste dich sehen.“ Isabel schaute zu ihrem Vater, der verlegen ein paar Schritte zurückgewichen war. „Als Vater erwähnte, dass du kommst...“
    Symon bedachte den Älteren mit einem scharfen Blick. „Du hättest nichts von meinem Kommen sagen dürfen. Es ist schon gefährlich genug, wenn wir uns treffen, während ich Geld für die Rebellen eintreibe. Du weißt genau, dass jedem der Tod sicher ist, den man zusammen mit mir antrifft.“
    Lord Angus Adair versteifte sich. „Verdammt, Junge, ich ...“ „Ich habe ihn gedrängt“, unterbrach Isabel, der die gemeinsame Zeit zu schade war, um sie mit Streit zu verschwenden -und der drohte unvermeidlich, wenn Symon herausfand, dass ihr Vater wieder einmal betrunken gewesen war, als er es ihr erzählt hatte.
    „Das ist keine Entschuldigung.“ Ihr Bruder umfasste ihr Kinn, um ihr Gesicht zu betrachten. „Du hast Ringe unter den Augen. Behandelt dich dieser elende Frasyer schlecht?“
    Sie zuckte zusammen. „Symon ...“
    „Also?“
    „Nein“, log sie,
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