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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen
Autoren: Burkhard Rüth
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wollen. Folglich sind sie für die Konsequenzen ihres Handelns alleine verantwortlich.«
    Für Mantinger war dieses Geständnis nicht weniger als die Memoiren eines Genies. »Als ich Panzini erledigte, kam ich mir vor wie in einem Drehbuch, geschrieben von mir persönlich. In einem einzigen Augenblick hatte sich der gesamte Plan, wie ich es anstelle und den Verdacht auf Franco lenke, in meinem Kopf geformt.« Er sah Vincenzo triumphierend in die Augen. »In der Dämmerung im Laufschritt über den Südgrat. Und das mit sicherlich einem Promille, denn das gehörte zu meinem Plan. Die Leute sollten sehen, was ich in mich reinschütte, und Ihnen davon erzählen, denn Sie wären niemals auf den Gedanken gekommen, dass jemand nachts in diesem Zustand einen ausgesetzten Pfad entlangrennt! Selbst für Sie als Bergsteiger, Bellini, ist das unvorstellbar! Aber für mich war das nichts. Ich hätte mir auch noch die Augen verbinden können.« Mantinger grinste Vincenzo hämisch an. »Die Trinkflasche habe ich natürlich absichtlich verloren, nicht als Bestätigung meines Alibis, sondern weil ich den Gedanken amüsant fand, dass Sie wie ein Hündchen um das Gipfelkreuz herumkriechen und das Stöckchen suchen. Such, Hasso, such, braver Hund . Es fiel mir schwer, nicht sofort loszulachen, als ich Ihnen davon erzählte.«
    Obwohl weder Vincenzo noch sonst jemand im Raum eine angemessene Reaktion zeigte, fuhr er unbeirrt fort: »Ich hatte noch ein Highlight im Rucksack, einen 95er Brunello von Biondi Santi. Wenn Sie es fachgemäß anstellen, können Sie den bis zu hundert Jahre lagern. Achthundert Euro, für eine Flasche, wohlgemerkt! Das können Sie sich von Ihrem lächerlichen Gehalt wohl kaum leisten, Bellini, aber das war exakt der passende Begleiter für meine Erfolgsfeier auf der Jakobsspitze. Ich habe jeden einzelnen Schluck zelebriert.«
    Als sich Vincenzo am Ende des Verhörs erhob, hielt Mantinger ihn am Arm fest. »Gute Arbeit, Commissario. Obwohl Sie mehrfach Glück hatten. Schade, dass ich nicht sofort abgedrückt habe. Ich wollte diesen Moment auskosten, die Panik in Ihrem Gesicht genießen. Wissen Sie was? Ich werde wiederkommen. Wir beide sind nämlich noch nicht fertig miteinander.« Vincenzo maß diesen Worten keinerlei Bedeutung bei.
     
    In gewisser Weise schrieb Klaus Mantinger sogar Geschichte. Seine perfiden Taten waren zwar nur noch für kurze Zeit das Lieblingsthema der Medien. Schon bald schmückten wieder Unfälle auf Klettersteigen, die ungewöhnliche Unwetterserie oder die Frage, wie der diesjährige Weinjahrgang werden würde, die Titelseiten. Aber die Idee eines bankenunabhängigen Fonds für Krisenfälle erwies sich tatsächlich als genial. Nachdem die Behörden in einem beispiellosen Akt der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit die Gelder von Mantingers Konten in Frankreich gerettet und seine Besitztümer in liquide Mittel umgewandelt hatten, beschlossen die Südtiroler Wirtschaftsförderung und die Bozener Stadtväter, Mantingers Idee mit Unterstützung der EU zu einem Pilotprojekt weiterzuentwickeln. Sie richteten einen Fonds in Bozen ein, in den ein Teil bewilligter Fördermittel als Krisenrücklage eingezahlt wurde. Für die Firma ObjekTeam kam allerdings jede Hilfe zu spät.
    Hans-Georg Schimmel zog sich, gegen Geminis erbitterten Widerstand, aus dem Geschäft zurück und verkaufte seinen Anteil an Franz Junghans. Der hatte Sabrina Parlottis Affront nicht vergessen und auch nicht seine Racheschwüre. Er machte die Übernahme von Schimmels Anteilen davon abhängig, dass Sabrina Parlotti entlassen wurde, was er mit dem zerstörten Vertrauensverhältnis begründete. Schimmels Leidensdruck war so groß, dass er, als letzte unternehmerische Entscheidung, Junghans’ Ansinnen unterstützte.

Epilog
     
    Köln, ein warmer Oktobertag
     
    Sie stand lange am Grab ihres Mannes. Es war kein typischer Herbsttag. Viel zu warm, fast fünfundzwanzig Grad. Die Meteorologen sprachen von Rekorden. Hätte der Weg zu dem kleinen Waldfriedhof nicht durch den bunt gefärbten Buchenwald geführt, hätte sie an einen Sommertag geglaubt.
    Es war noch kein Vierteljahr her, dass Kommissar Bellini angerufen und ihr mitgeteilt hatte, der Mörder sei gefasst. Klaus Mantinger habe gestanden, Helmut damals erpresst zu haben. Endlich bekam diese Kreatur, was sie verdiente! Der Mann würde niemals aus der Psychiatrie kommen, er würde dort verrecken. Das erfüllte sie mit tiefer Genugtuung.
    Ihre Trauer würde sie niemals
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