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Die Hazienda des Gluecks

Die Hazienda des Gluecks

Titel: Die Hazienda des Gluecks
Autoren: Violet Winspear
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1. KAPITEL
    Das Kleid passte nicht nur wie angegossen, es stand ihr auch ausgezeichnet. Die Farbe war wie das orangegoldene Glühen eines Sonnenuntergangs und ließ Colettes zarten Teint beinahe durchsichtig erscheinen. Ihr Haar schimmerte hellblond, und in den haselnussbraunen Augen tanzten kleine Lichtfünkchen. Colette war schön und wurde von ihrem Vormund geradezu angebetet. Er schützte und bewahrte sie - vor allem vor Männern.
    Heute abend jedoch war es einem jungen Mann gelungen, sie in einem unbewachten Augenblick mit sich in den Garten zu ziehen.
    "Sie sind das letzte altmodische Mädchen, das noch auf dieser Welt übrig ist", zog sie Larry Condamin auf. "Tanzen und küssen gehören einfach zusammen. Sie haben mit mir getanzt, und zwar leicht wie eine Feder, wie ich hinzufügen muss, und jetzt müssen Sie unter Beweis stellen, dass Sie ebenso gut küssen können. Wirklich, Colette! Einem Mädchen mit Ihrem Aussehen ist die Kunst der Liebe sicherlich bereits als Geschenk in die Wiege gelegt worden, sonst hätten die Feen Ihnen nicht so ein bezauberndes Gesicht gegeben. Sie sind makellos - oh, kommen Sie endlich!"
    Larry riss der Geduldsfaden, denn bereits die ganze Zeit über war sie seinen Lippen ausgewichen. Jetzt packte er sie ohne viel Umschweife und hielt sie fest. Seine Augen schienen im Mondlicht fiebrig zu glänzen, als er auf ihr Gesicht herabschaute.
    "Gott, sind Sie schön!" stöhnte er. "Ich wünschte, ich könnte mir so ein engelhaftes Geschöpf wie Sie leisten, aber Ihr verdammter Vormund wird es ja niemals zulassen, dass sich jemand um Sie bemüht, der nicht alljährlich Tausende für Sie ausgeben kann. Einfach ekelhaft, wie Marcus Stonehill alle jungen Männer von Ihnen fernhält, während er Sie vor diesen reichen, kartenspielenden Angebern, die er nach Stonehill Mansion einlädt, zur Schau stellt. Alle Leute tuscheln sich hinter der vorgehaltenen Hand zu, dass er vorhat, Sie an den Meistbietenden zu verschachern. Das haben Sie doch sicherlich auch gehört, oder?"
    Colette hörte ihm gar nicht richtig zu. Ja, ja, sie wusste, was man von Marcus erzählte.
    Einiges davon stimmte wirklich. Doch das meiste war reine Erfindung. Er wollte, dass sie reich heiratete. Ihr zukünftiger Mann sollte Geld besitzen, und sein Reichtum sollte auf solider Basis begründet sein, nicht so unsicher, wie das Vermögen, dass sich Marcus im Spiel mit verrückten Millionären erworben hatte.
    Marcus Stonehill hatte schon immer für sie gesorgt, seit jenem Tag, an dem ihre Mutter gestorben war. Colette wusste, wie sehr er ihre Mutter, die Schauspielerin Daisy Paget, geliebt hatte, und deshalb nahm sie es ohne Murren hin, dass er ihr ein bestimmtes Verhalten vorschrieb. Er hatte so sehr an Daisy gehangen, die einen armen Schauspieler geheiratet und ihre Gesundheit in schäbigen Theatern ruiniert hatte, dass er Colette jetzt ein ähnliches Schicksal um jeden Preis ersparen wollte. Daher regierte er sie mit einer eisernen Faust, wenn diese Faust auch in einem Samthandschuh verborgen war, und sie hätte sich nie träumen lassen, ihm den Gehorsam zu verweigern.
    "Glauben Sie, dass Sie meine Liebe erwidern könnten? Mit dem richtigen Mädchen würde ich nach Australien auswandern. Ich habe gehört, dass man dort Land mit nur ein paar tausend Pfund kaufen kann. Soviel könnte ich meiner Großmutter abluchsen. Sie wäre außer sich vor Freude, wenn ich mich häuslich niederlassen würde. Dafür würde sie auch etwas springen lassen. Was sagen Sie dazu, Colette?"
    "Sie zerknittern mein Kleid", lautete Colettes gelangweilter Kommentar. Vor Verblüffung lockerte er den Griff, und sie wand sich aus seinen Armen. Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging ins Haus zurück, wo eine große Party im Gange war. Marcus hatte sie hierher begleitet; denn der Besitzer des prachtvollen, hellerleuchteten Hauses war einer der zahlreichen Geschäftsleute, die er kannte - vorwiegend vom Kartentisch her. Er selber hätte sich niemals am Geschäftsleben beteiligen können, es hätte ihn zu Tode gelangweilt. Marcus zog das Glücksspiel vor.
    Colette lächelte verstohlen, als sie hörte, wie Larry ihr folgte. Er war recht nett, aber nicht nur, weil er kein Geld hatte, war ihm bei Colette kein Erfolg beschieden. Wenn sie ihn geliebt hätte, dann wäre sie mit ihm auf und davon nach Australien gegangen und hätte selbst Marcus die Stirn geboten. Sie machte sich jedoch nicht allzuviel aus dieser großartigen Gefühlsregung, die man Liebe nannte - zu
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