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Die Hazienda des Gluecks

Die Hazienda des Gluecks

Titel: Die Hazienda des Gluecks
Autoren: Violet Winspear
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schien alles in bester Ordnung zu sein, als wir zu der Party fuhren. Er war so guter Laune - als ob er beim Spielen eine Glückssträhne erwischt hätte. Er hat nicht im mindesten darüber geklagt, dass er sich nicht wohl fühle oder so. Nicht wie damals in Florenz, als er wirklich krank war - oh, Crezia, hat es damit angefangen? Hatte er Herzbeschwerden und uns nichts davon gesagt? Das wäre ganz seine Art gewesen - lieber, guter Marcus!"
    "Er wollte dir niemals irgendwelchen Kummer bereiten", warf Lucrezia ein. "Er wollte dir immer den Regenbogen zeigen und hat die dunklen Gewitterwolken von dir ferngehalten, die Schatten über Miss Daisys Leben geworfen hatten. Ach, sie war so wunderhübsch, und es war schon zu spät, als sie von diesem Ehemann zum Signore kam. Du bist kein Kind mehr, Colette, du bist eine junge Frau von Neunzehn, und du musst dich mit der Wirklichkeit abfinden, wenn sie dir vielleicht auch manchmal grausam erscheint."
    "Aber, Crezia, er war doch erst fünfundvierzig." Bitteres Schluchzen erschütterte von neuem Colettes schlanken Körper. Eine Welle unendlicher Trostlosigkeit ergriff sie, und sie hatte das Gefühl, in einem Meer aus Einsamkeit zu ertrinken - der Einsamkeit, vor der sie sich immer so gefürchtet hatte. Marcus war immer für sie dagewesen - er hatte ihr den Vater ersetzt und war gleichzeitig der Lehrer und gute Kamerad gewesen, den sie brauchte. Er mochte seine Fehler haben, und der Verlust Daisys hatte ihn in vieler Hinsicht zynisch gemacht, aber Colette liebte und verehrte ihn grenzenlos.
    "Wie soll ich es ertragen?" flüsterte sie. "Was soll ich denn jetzt tun? Wohin soll ich gehen?" Stonehill Mansion war unveräußerliches Erbe und würde nach Marcus' Tod einem Neffen zufallen. Dieses große Haus, das neunzehn Jahre lang ihr Heim gewesen war, konnte nun nicht mehr länger ihr Zuhause sein. Für sie war jetzt kein Platz mehr hier, denn der Neffe war verheiratet und hatte eine Familie, die sie immer als Eindringling und unwillkommene Fremde betrachtet hatte.
    "Ich - ich komme mir ausgestoßen vor", sagte sie. "Ich habe das Gefühl, dicke und sichere Mauern, die mich vor der Welt schützen, wären zusammengestürzt, und ich wäre plötzlich ganz allein und schutzlos. Es ist das schlimmste Gefühl, das ich je im Leben kennengelernt habe, Crezia. Es geht über meine Kräfte."
    Aber irgendwie überstand sie die nächsten Tage, obwohl ihr in dieser kurzen Zeitspanne soviel Demütigendes zugefügt wurde. Die Verwandten ihres Vormundes kamen nach Stonehill und trafen alle Vorbereitungen für die Beisetzung. Marcus würde in der Familiengruft bestattet werden. Lucrezia sagte ihr, dass ihr Beisein bei der Beerdigung nicht erwünscht sei. Die neuen Besitzer von Stonehill wünschten, dass sie ihre Sachen packte und das Haus verließ. Sie würden ihr einen Seheck geben, damit sie die Zeit überbrücken konnte, bis sie eine Arbeit gefunden hatte.
    Colette konnte es kaum fassen, dass man sie wie irgendeine billige Geliebte behandelte, die mit Marcus zusammengelebt hatte und die man jetzt einfach mit Geld abfe rtigte.
    "Zum Teufel mit dem Scheck!" sagte sie aufgebracht und zerriss das Papier in winzige Fetzen. Dann warf sie die einfacheren Sachen, die ihr Marcus in diesem Jahr gekauft hatte, in einen Koffer. Die Abendgarderobe ließ sie zurück - sie würde ja wahrscheinlich doch nicht so bald Gelegenheit haben, sie zu tragen. Mit Tränen und Wut in den Augen lief sie die Treppe hinunter in die Bibliothek und kletterte auf einen Stuhl, um das Bild ihrer Mutter, das dort einen Ehrenplatz eingenommen hatte, von der Wand zu nehmen. Sie hielt gerade den verstaubten Rahmen in der Hand, als das schrille Läuten des Telefons in der Eingangshalle die Stille zerriss. Sie hatte keine Lust, mit irgend jemand zu sprechen, so erbittert war sie darüber, dass man sie jetzt so einfach an die Luft setzte. Nicht einmal zur letzten Ruhe geleiten durfte sie Marcus! Es war einfach zuviel. Das Telefon läutete jedoch beharrlich weiter, und schließlich ging sie doch zum Apparat und nahm mit einer abrupten Bewegung den Hörer ab.
    "Es ist niemand zu Hause", sagte sie mit tränenerstickter Stimme. "Die Familie ist bei einem Begräbnis."
    "Sind Sie es, Miss Paget?" Die Stimme war tief und hatte einen fremden Akzent. Vor Colettes geistigem Auge tauchte sofort das Bild eines dunklen Gesichts mit grausamen Zügen auf, das aus einer anderen Welt stammte, in der noch heidnische Riten herrschten.
    "Ja, am Apparat, Senor.
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