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Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)

Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)

Titel: Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)
Autoren: Hanna Alber
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Prolog
     
    Silke starrte ihr Gegenüber eine Sekunde lang
fassungslos an. Sie wusste, sie sollte weglaufen, doch ihre Beine fühlten sich
an, als wären sie mit Bleigewichten beschwert. Ihre Turnschuhe klebten förmlich
auf dem Kies fest. Sie war entsetzt und enttäuscht zugleich. Seine Idee war der
pure Wahnsinn und sie hatte Mühe, den Sinn dahinter zu erkennen.
    „Was soll das?“, presste sie schließlich mühsam
hervor. Ihr Puls raste und pochte laut in ihren Gehörgängen, ihr Herz pumpte
das Blut mit doppelter Geschwindigkeit durch ihren Körper, ihr Bewusstsein ließ
nur noch zwei Worte zu: „Lauf weg!“ Doch sie bewegte sich noch immer keinen
Millimeter von der Stelle.
    Wortlos trat er einen Schritt auf sie zu und
streckte seine riesige Hand, die eher einer Pranke glich, nach ihr aus. Sanft
strich er ihr eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht. „So schön“, flüsterte er.
    Das riss Silke schließlich aus ihrer Lethargie und
setzte ihren Überlebensinstinkt in Gang. Die Bleigewichte fielen von ihren
Beinen ab und der Kleber löste sich endlich von den Turnschuhsohlen. „Nein!“,
schrie sie und rannte los.
    Er folgte ihr mühelos. Seine große, athletische Gestalt
glitt mit der lautlosen Leichtigkeit eines Gepards auf der Jagd durch die
Nacht. Silke warf einen kurzen Blick über die Schulter. Er hatte sie schon
beinahe eingeholt. Sie war keine besonders sportliche Jugendliche. Bereits nach
ein paar Metern japste sie und schnappte nach Luft. Ihr Körper zahlte ihr nun
die Misshandlungen heim, die sie ihm über die letzten zwei Jahre zugefügt
hatte. Sie rauchte und trank zuviel und experimentierte auch ganz gerne einmal
mit illegalen Substanzen herum. Außerdem bewegte sie sich niemals mehr als
unbedingt nötig. Keinesfalls hätte sie sich träumen lassen, dass ihr dies
einmal zum Verhängnis werden könnte.
     
    „Es hat keinen Sinn, Silke. Du wirst mir nicht
entkommen. So bleib doch endlich stehen. Ich werde dich zu deiner Erlösung
führen. Ich bin dein Retter. Er ist nicht gut für dich. Das musst du doch
einsehen. Wir können das gemeinsam schaffen.“ Er sprach die Worte klar und
deutlich aus. Sie hallten unheimlich und laut in dieser sternenklaren Nacht und
dennoch blieben sie für das Mädchen unverständlich.
    Erlösung! Retter! Das war doch alles nur ein Spiel
gewesen! Seine Idee, gemeinsamen Selbstmord zu begehen, um für immer
zusammenzusein und diesem Leben zu entkommen, war Wahnsinn.
    Sie rannte weiter, setzte einen Fuß vor den
anderen, obwohl ihre Lungen brannten. Am liebsten wäre sie stehen geblieben, um
tief durchzuatmen, während er noch nicht einmal ansatzweise außer Atem schien.
    Der ist vollkommen übergeschnappt, dachte sie bei sich, als sie plötzlich unerwartet
stolperte und der Länge nach hinfiel. Dumpf schlug sie auf dem Kiesweg auf. Für
einen Moment blieb sie verdutzt liegen, unfähig, einen klaren Gedanken zu
fassen. Ihr Blick fiel auf den kleinen rosaroten Sandeimer mit blauen Herzen,
der ihr zum Verhängnis geworden war. Sie hatte ihn in der Dunkelheit und in
ihrer Panik einfach übersehen.
    Nach einem Augenblick der Benommenheit hob sie den
Kopf, blickte auf und starrte direkt in sein gutmütiges Mondgesicht. Seine
Augen strahlten vor Erregung und einen kurzen Moment vermochte sie den Wahnsinn
in ihnen zu erkennen, der vermutlich schon immer in einer verborgenen Ecke
seines Gehirns gelauert hatte. Wahrscheinlich hatte sie die Anzeichen einfach
übersehen.
    Sie konnte es nicht fassen. Sie hatte geglaubt, ihn
zu kennen, sie hatte ihm ihre Gefühle offenbart, ihr Innerstes nach Außen
gekehrt. Sie hatte sozusagen ihr komplettes Seelenleben vor ihm ausgebreitet.
Vor nicht einmal zwei Stunden waren sie zusammen gewesen, hatten sich innig
geliebt. Sie hatte ihm vertraut. Zu Unrecht, wie es schien.
    „Isis. Meine Isis. Gleich wirst du erlöst sein von
deinen Qualen.“ Er zog ein dickes Seil aus der Tasche seines Parkas und ließ
die vorgefertigte Schlaufe vorsichtig über Silkes Kopf gleiten. Fast so, als
wolle er ihr nicht wehtun. Sofort schmiegte sich das Seil eng an ihren Hals.
    Silke hatte panische Angst. Sie wollte sich wehren,
aber es war ihr unmöglich, sich aus seinem eisernen Griff zu befreien. Er war
einfach zu stark. Das Gewicht seines Körpers erschwerte ihr das Atmen. Er saß
direkt auf ihrem Brustkorb und hatte ein seltsam verklärtes Lächeln auf den
Lippen. Seine Knie drückten ihr die Durchblutung der Arme ab, es dauerte nicht
lange, bis das mit der
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