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Mirandas Monsterwelt

Mirandas Monsterwelt

Titel: Mirandas Monsterwelt
Autoren: Jason Dark
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Percy Morton hatte die Tür seines Hauses kaum aufgeschlossen und den Flur betreten, als er merkte, daß etwas nicht stimmte. Aber was?
    Das kleine Licht in der langen Diele brannte wie eine ewige Leuchte. Ihr matter Schein fiel auf die gelblich schimmernden Tapeten, den kleinen Schrank aus Weichholz, streifte die Bilder, die Motive aus der christlichen Seefahrt zeigten, und verlor sich dicht vor der ersten Stufe der nach oben führenden Treppe.
    Genau da bestand das Problem.
    Es war nicht die Treppe, die den Mann störte, sondern die obere Etage, wo sie endete.
    Was lauerte dort?
    Percy holte nur durch die Nase Luft. Schon dieses schnaufende Geräusch störte ihn, und deshalb bemühte er sich, daß auch seine Schritte nicht zu hören waren. Wenn sich jemand im Haus aufhielt - und dieses Gefühl hatte er -, sollte der andere ihn nicht unbedingt schon jetzt hören. Deshalb blieb er vor der Treppe stehen und atmete erst einmal aus.
    Er mochte es nicht, wenn sich das Haus tagsüber aufgeheizt hatte und am Abend nicht gelüftet wurde. Deshalb hatten die Mauern die Wärme des Tages noch gespeichert und gaben sie nun nach innen hin ab. Darunter litt auch der Mann, und er merkte schnell, daß sich auf seiner Stirn ein Schweißfilm gebildet hatte.
    Vorsichtig wischte er ihn ab. Einige Tropfen fielen zu Boden und blieben auf dem Teppich liegen.
    Morton hob den linken Arm und legte die feuchte Handfläche auf den Handlauf des Geländers. Der bestand aus dunklem Kunststoff. Zwischen der menschlichen Haut und ihm bildete sich sofort ein feuchter Film. Als Schmier blieb er liegen.
    Obwohl sich Morton in seinem eigenen Haus befand, traute er sich nicht, von dieser Stelle aus nach oben zu rufen und zu fragen, ob sich dort jemand aufhielt.
    Statt dessen blieb er stehen, wartete, lauerte und konzentrierte sich auf das, was ihn umgab.
    Es war die normale, spätabendliche Dunkelheit. Nichts Ungewöhnliches, und doch kam ihm diese Finsternis so vor, als hätte sie allein auf ihn gewartet, um das freizulassen, was sie bisher noch versteckt gehalten hatte.
    Aber was hielt sich dort versteckt?
    Der Mann spürte das innerliche Zittern. Er konnte nicht dagegen ankämpfen, es war einfach vorhanden, und er dachte daran, ob es wieder einmal soweit war.
    Ja, der Vollmond stand am Himmel.
    Erst jetzt fiel es ihm ein, und als er sein »Mein Gott« hervorpreßte, drückte er seine Hand gegen den Mund, aus Angst, sich schon zu früh verraten zu können.
    Sie mußte einfach oben sein. Er hatte sie zwar nicht gesehen, aber gefühlt. Ihre Ausstrahlung war vorhanden, sie lag da wie eine unsichtbare Watteschicht, und sie strahlte auch gegen ihn.
    Furchtbar…
    Weshalb mußte gerade ihm das passieren? Aus welchem Grund war er der Verfluchte?
    Der Mann wußte es nicht, er nahm es hin, auch zum dritten- oder viertenmal. Dabei wäre es besser gewesen, eine Waffe zu nehmen und einfach zu töten.
    Ja, zu töten, dann hätte er unter Umständen diesen furchtbaren Fluch löschen können.
    Da er aber zu feige war, mußte er mit ihm leben. Und verdammt noch mal, der Fluch existierte ja nicht immer. Nur bei diesem so matt scheinenden Vollmond.
    Er konnte nicht töten, nicht seine…
    Die Gedanken des Mannes wurden unterbrochen, da er aus der oberen Etage ein Geräusch vernommen hatte. Keine Stimme, auch kein Ruf, ein Schaben oder Poltern.
    Sie war also doch da!
    Es ging ihm besser, da er Gewißheit bekommen hatte. Sogar die Andeutung eines Lächelns zuckte über seine Lippen, als er den rechten Fuß hob und ihn auf die erste Stufe setzte.
    So und nicht anders wollte er es machen. Einfach hochgehen und mit ihr sprechen. Vielleicht noch alles ins Lot bringen, bevor die mitternächtliche Stunde begann.
    Als er daran dachte, fühlte er sich gleich wohler. Es hatte einfach keinen Sinn, die Augen vor dem Schrecklichen zu schließen. Da es dies nun einmal gab, mußte er auch damit fertig werden.
    Und so ging er weiter.
    Zunächst zügig, dann etwas verhaltener - und, als er den ersten Absatz erreicht hatte -, sehr langsam. Es sah so aus, als hätte er Angst, den nächsten Schritt über sich zu bringen.
    Zum Glück brannte im oberen Flur Licht. Zwar nur die kleine, elektrische Wachskerze an der Wand, doch besser als nichts. Der helle Fleck erreichte auch die Tür des Zimmers, in dem sie wohnte. Vor der Tür lag eine Puppe. Ein kleines Gebilde aus Stoff, das man mit ins Bett nehmen und an sich drücken konnte.
    Sie spielte noch mit Puppen, dann konnte sie doch nicht so
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