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Das Millionen-Bewußtsein

Das Millionen-Bewußtsein

Titel: Das Millionen-Bewußtsein
Autoren: Gordon R. Dickson
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den Augenwinkeln sah Chaz auch das Mädchen auf die Tür zuschreiten.
    »Warten Sie!« bat er verzweifelt und streckte den Arm aus, um sie zurückzuhalten. »Bitte, gehen Sie noch nicht.«
    Mit einem Mal schienen die Wände auf ihn zuzukommen. Alles drehte sich um ihn und er verlor das Bewußtsein.

 
3.
     
    Chaz hatte einen eigenartigen Traum, der schon einem Fieberwahn glich. Er träumte, daß die Pritchermasse sich nicht jenseits des Plutos befand, sondern direkt hier auf der Erde bestand. Er arbeitete bereits mit Hilfe seines Katalysators an der Masse und überraschte alle seine Kollegen mit seiner Fähigkeit. Es war ihm nämlich gelungen, mit einer möglicherweise besiedelbaren Welt in einem System der GO-Sternenklasse, hundertdreißig Lichtjahre entfernt, Verbindung aufzunehmen. Indem er sein Bewußtsein von der Masse zu jener Welt projiziert hatte, war sein Geist in einer fremdartigen Stadt angekommen, deren Türme und Straßen grotesk verzerrt wirkten. Riesige Schnecken bewegten sich die Straßen entlang auf einer dünnen Schicht fliegenden Wassers, das jegliche Oberfläche, sowohl vertikal als auch horizontal, bedeckte. Ein eigenartiges Insektenwesen, das einer gut zwei Meter großen Gottesanbeterin glich, hatte ihn erwartet, und sie unterhielten sich.
    »Du hast die moralische Verpflichtung, mir zu antworten«, argumentierte Chaz.
    »Möglich«, erwiderte die Gottesanbeterin. »Es läßt sich jedoch nicht an der Tatsache rütteln, daß du gewalttätig bist. Aggressiv!«
    »Wenn du in deiner Kindheit alle drei, vier Monate die Schule hättest wechseln müssen«, brummte Chaz verärgert, »wärst du auch gewalttätig. Weißt du denn, wie es ist, wenn man sich ständig in einer neuen Klasse voll fremder Kinder durchsetzen muß? Mein Vater war Architekt, und wir mußten alle paar Monate in eine andere Stadt ziehen, wo er eben gerade Aufträge hatte.«
    »Das spielt keine Rolle. Wichtig ist, wohin du dich von hier aus begibst. Überlege es dir gut, ehe du antwortest.«
    »Nicht nötig«, erwiderte Chaz. »Es gibt keine Grenzen.«
    »O doch, sogar sehr bestimmte«, widersprach die Gottesanbeterin.
    Das Bewußtsein kehrte zurück. Als Chaz die Augen öffnete, stellte er fest, daß er sich in seinem Apartment befand. Sein Kopf war wieder völlig klar, aber er fühlte sich schwach und unlustig. Er lag auf dem Fußboden, mit dem Kopf auf den Knien des braunhaarigen Mädchens. Sie streichelte sein Haar und sang leise etwas vor sich hin, das er kaum hören konnte, aber auch keinen Sinn ergab, als seine Ohren die Worte aufnahmen.
     
    Ziehst nach Chicago du,
    trinkst dort Wasser und Wein.
    Denkst du da auch nur ein einzig Mal an mich,
    wirst meine wahre Liebe du sein ...
     
    Irgendwie klangen Text und Melodie trotzdem vertraut, obgleich die Worte zu der Weise, wie er sie kannte, fremd waren.
    »Ja, natürlich«, sagte er unwillkürlich laut. »Das Beschwörungslied.«
    Sofort hörte sie zu singen auf und starrte zu ihm hinab. Er hatte das Gefühl, etwas Verkehrtes gesagt und dadurch irgend etwas Bedeutendes zerstört zu haben.
    »Oh, ist es das?« murmelte sie mit seltsam belegter Stimme. »Es ist ein altes Lied, das meine Mutter oft sang. Sie klappten plötzlich zusammen. Ich – ich wußte nicht, was ich sonst hätte tun können. Sind Sie verletzt?« Tiefe Besorgnis klang bei diesen letzten Worten aus ihrer Stimme.
    Er hatte nur den Wunsch liegenzubleiben und das sterile Gebiet, das infizierte Draußen, ja selbst die Pritchermasse zu vergessen. Aber er durfte sich nicht gehenlassen. Mühsam richtete er sich auf.
    »Verletzt?« murmelte er. »Nein.« Er stand auf. Sie ebenfalls.
    »Verzeihen Sie«, sagte er verlegen. »Aber ich kann mich offenbar nicht einmal an Ihren Namen erinnern.«
    »Ich heiße Eileen. Eileen Mortvain. Sie sind in Schwierigkeiten, nicht wahr?«
    Zwecklos, es abzustreiten. Sie hatte alles mitangehört, was die Frau gesagt hatte.
    »Sieht ganz so aus«, gab er zu.
    »Sie waren also tatsächlich – im Draußen? Während des Zugunglücks?«
    Er nickte. »Vielleicht hat sie sogar recht, und ich habe Sie bereits angesteckt.«
    »O nein«, sagte sie schnell. »Das ist gar nicht möglich. Aber diese Frau kann Sie in Teufels Küche bringen.«
    »Allerdings«, brummte er.
    Eileen schwieg und blickte ihn nur an, als warte sie auf etwas. Plötzlich vergaß er sie, als er sich an den Katalysator erinnerte. Er ging zur Meditationsecke und nahm ihn wieder an sich. Mit der Hand um ihn fühlte er sich gleich
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